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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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eben erst klargemacht.
    »Aber du fährst doch jeden Tag da hin«, sagte er. »Was für einen Grund gibt’s denn dann, ihm nicht zu trauen?«
    »Wenn ich  nicht  da wäre, würde er’s mit irgend so ’ner Barfotze treiben. Das macht er jetzt nämlich auch gerade.«
    »Aber du  bist  doch immer da«, sagte er.
    »Und es gibt ’ne Menge Bumslokale zwischen Ragland und Variadero, kapiert?« sagte sie.
    Er vergrub sein Kinn im Kissen und versuchte, das Ganze zu verstehen. »Sieht so aus, als ob du ihn ausgetrickst hast.«
    »Du bist süß«, sagte sie und gab ihm einen Kuß auf die Schulter. »Ich liebe ihn. Aber ich kann mich nicht darauf verlassen, daß er mich nicht doch reinlegt.«
    »Und was heißt das?« fragte er.
    »Ich muß ihn betrügen, damit er keine Chance hat, mich zu verlassen, als wäre ich noch in Salt Lake.«
    »Das ist doch Unsinn«, sagte er.
    Sie lächelte. »Wenn ich ihn  ein bißchen  betrüge, und er weiß, daß er jederzeit damit rechnen muß, dann hab ich gleichgezogen – verstehst du? Er kann nicht mehr denken, daß er mir sowieso nichts antut, weil er genau weiß, daß ich ihm wahrscheinlich auch schon was angetan habe. Es wird gefährlich, wenn man das Gefühl hat, daß man den andern jederzeit reinlegen kann, ohne dafür zu bezahlen. Dann geht alles in die Brüche. Man muß dafür sorgen, daß keiner die Oberhand gewinnt.«
    Sie strich mit den Fingern durch die Haare auf seinem Bauch. »Ich will dich«, sagte sie mit einer seltsam hohen Stimme.
    »Warte mal«, sagte er und stellte sich Larry vor, wie er in Variadero Ziegel legte und sich, während die Sonne unterging, fragte, wo seine Frau blieb und ob er wohl noch mit ihr rechnen konnte oder nicht, oder ob sie in irgendeinem Bumslokal hängengeblieben war und nicht vor morgen aufkreuzen würde. »Weiß er denn, daß du das so machst?«
    »Laß uns doch jetzt nicht reden«, sagte sie und packte ihn mit ihrer festen kleinen Faust und verdrehte die Augen. »Ich brauche es jetzt, verstehst du?«
    »Aber nun warte doch mal«, sagte er.
    »Nicht warten«, sagte sie. »Nicht warten.«
    Als sie eingeschlafen war, lag er da und starrte an die Decke, die mit dem Flittergold von Wasserflecken gesprenkelt war. Wenn es regnete, dachte er, dann regnete es so lange, bis das Holz durchnäßt war und das Wasser die Wände zerfressen hatte und das Haus wie eine Arche davontrieb. Er döste und fühlte sich selbst von einer mächtigen Woge erfaßt, als ob der Himmel in die Käfige stürzte, die Tiere ertränkte, den Pickup unter Wasser setzte und ihn drinnen überspülte, bis er sich an den Bettsprossen festhalten mußte, um sich zu retten. Im Hof waren Lichter, die durch die Scheiben fielen und auf der Wand in seinem Zimmer aufblitzten, rotierende Rechtecke auf seiner Wand. Er hatte sich erschrocken aufgesetzt und sie betrachtet, das Ächzen irgendeines Pickups gehört, das Schlagen zweier Türen und das sanfte Plätschern von Stimmen im Hof. Er ging hinaus auf die niedrige Holzveranda und blieb bei seiner Mutter stehen, die die zwei Männer wütend musterte, während sie abwechselnd schnell und mit leiser Stimme sprachen und versuchten, ihren Blick zu vermeiden, zu berichten, was sie zu berichten hatten, und wieder zu verschwinden. Sie standen da, Silhouetten im Scheinwerferlicht des Pickups, das die Spinnweben im Gras aufleuchten ließ, und seine Mutter starrte sie, während sie redeten, eine Zeitlang bloß an, musterte sie unverwandt und ließ die Augen vom einen zum andern schnellen, so daß sie sich nicht zu rühren wagten, bis sie schließlich so schnell redeten, daß ihre Worte nur noch Kauderwelsch waren. Und nach einer Weile starrte sie nur noch an ihnen vorbei in die Scheinwerfer, und sie hörten auf zu reden und gingen. Der Darstellung der Frau nach war sein Vater am frühen Abend in die Berge hochgefahren, um zur Messe zu gehen, und hatte sie im Wagen mitgenommen. Nach Dreiviertel des Weges auf einer langen Steigung voller Wurzeln und Schlaglöcher, die sich durch die Bostons zum Mount Skylight hochwand, wo das Zelt auf einem Hügel errichtet werden sollte, war der alte Wagen stehengeblieben, gerade, als sie einen kleinen Fluß überquerten, ein Rinnsal aus Quellwasser, das den Berg zum Illinois River hinunterplätscherte. Die Frau sagte, sie wäre ausgestiegen und in die Büsche gegangen, während sein Vater sitzengeblieben wäre und an den Drähten unterm Armaturenbrett herumgefummelt und versucht hätte, den Wagen wieder in Gang zu

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