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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Lauf des Tages kaum etwas ändern würde. Es hatte zu schneien aufgehört. Die Luft sprudelte in eine kalte Feuchte, aber es war ein leichtes, leises Sprudeln. Die Übergänge zwischen Stadt und Himmel, zwischen den Objekten und ihrem Umfeld waren kaum auszumachen. Die Gegend steckte im Grau fest. Dazu kamen vier Grad minus.
    Cheng sah auf seine Uhr und erschrak. Nicht der Uhrzeit wegen, sondern weil das Zifferblatt hinter einer Schicht von Kondenswasser verschwunden war. Ein Umstand, der Cheng das Gefühl von Leere gab. Nicht die großartige Leere des Kosmos, sondern etwa die, welche in einem Kino besteht, in dem kein einziger Besucher sitzt. Cheng wollte das beschlagene Glas nicht als ein böses Omen oder ähnliches verstehen. Schließlich war die Beeinträchtigung seiner Uhr bar jeden metaphysischen Ursprungs. Dennoch war der Augenblick ein unglücklicher, voll von Assoziationen, die sich auch durch Vernunft nicht bremsen ließen. Um die Situation aber doch noch in den Griff zu bekommen, fragte Cheng nach der Zeit. Nicht, weil sie jetzt wirklich von Bedeutung für ihn war, sondern um sich ihrer zu vergewissern. Sie festzuhalten.
    »Neun Uhr drei«, sagte Dr. Thiel.
    »Ausgezeichnet«, erklärte Cheng, ohne zu begründen, was an neun Uhr drei so ausgezeichnet sei.
    Dann begann man damit, den Porsche aus seiner beinahe vollständigen, jedoch lockeren Schneebedeckung zu befreien. Als dies geschehen war und der weiße Wagen strahlend wie nach einer Politur vor den drei Männern stand, zog Dr. Thiel sein Handy aus der Tasche und trommelte gewandt auf die Tastatur. Nachdem sich niemand gemeldet hatte, wählte er eine zweite Nummer.
    »Was heißt, er ist nicht hier?« beschwerte sich Dr. Thiel, lauschte dann in den Hörer hinein, den er sich wie einen warmen Umschlag ans Ohr hielt. Das mochte einige Minuten dauern. Thiel sagte nicht viel mehr als »Ach so!« und entließ den einen oder anderen abfälligen Ton. Nachdem er das Telefonat beendet hatte, erklärte er Mortensen und Cheng, er könne Rosenblüt weder unter seiner Handynummer noch im Büro erreichen. Immerhin aber habe der Hauptkommissar eine Sekretärin darüber informiert, am heutigen Nachmittag live im Fernsehen aufzutreten. Womit er dann praktisch für jedermann erleb- und sichtbar sein würde. Was auch immer damit gemeint war.
    Zudem hatte Dr. Thiel erfahren, daß Rosenblüts medialer Auftritt hoch oben im Panoramacafé des Fernsehturms stattfinden werde. Also in jener herrlich schlanken Säule, die aus einer Erhöhung des Stuttgarter Südens herauswuchs und viel eher als jeder Frankfurter Wolkenkratzer die Erde mit dem Himmel verband. Das eine mit dem anderen verankernd.
    »Eine Pressekonferenz?« fragte Mortensen.
    »Nicht wirklich. Rosenblüt gibt einem Sender ein Exklusivinterview, als Mensch und Polizist. Nela Flemming soll ihn befragen. Sie wissen schon, sie macht diese alberne Sendung, Flemmings Nase , in der die Leute ausschließlich in Türmen interviewt werden und in der jeder Prominente dazu verpflichtet wird, eines seiner Geheimnisse in verschlüsselter Form preiszugeben. Und Frau Flemming beginnt dann zu raten, was gemeint sein könnte. Wobei selten mehr herauskommt, als daß die gute Dame Vermutungen über läßliche Sünden wie das nächtliche Leeren von Kühlschränken oder das Tragen eines Toupets anstellt.«
    »Soll das heißen«, fragte Cheng voller Zweifel, »Rosenblüt hat Ihnen gegenüber mit keinem Wort erwähnt, daß er bei Flemmings Nase auftreten wird? Oder heißt es in Flemmings Nase ? Egal. Sie sind doch immerhin sein Assistent. Er schleppt Sie mit zu Gebler und Neukomm, aber seinen Fernsehauftritt verheimlicht er Ihnen. Soll ich das glauben?«
    »Es kommt schon vor, daß er sich über solche Termine ausschweigt. Es gehört zu meinem Job, flexibel zu sein. Rosenblüt hat seine Allüren. Er ist eine Diva. Die einzige wirkliche, über die unsere Polizei verfügt.«
    »Könnte es nicht sein«, überlegte Cheng, »daß Rosenblüt die Sendung benutzt, um auszupacken. Daß er also versucht, den BND an die wunderbar bunte Welt der Medien zu verkaufen. Daß er ihnen diesen Zweiffelsknoter Wahnsinn unter Flemmings Nase reibt. Und zwar ohne daraus ein Rätsel zu machen.«
    »Ich bitte Sie, Frau Flemming macht nicht in Politik. Sie steht für Gesellschaftsreportagen. Promikacke, wenn Sie so wollen.«
    »Eine vielleicht gar nicht so schlechte Tarnung«, warf Mortensen ein.
    »Ich halte es für unwahrscheinlich«, sagte Dr. Thiel, »daß

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