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Ein Sturer Hund

Titel: Ein Sturer Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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seine rechte Hand auf die Oberfläche und wartete.
    »Das ist mein Assistent, Dr. Thiel«, erklärte Rosenblüt, der sich nicht die Mühe machte, sich selbst vorzustellen. Er setzte eine Kenntnis seiner Person voraus. Und auch Cheng kam nicht umhin, die Ähnlichkeit mit Paul Newman festzustellen. Allerdings war er überzeugt, daß Newman mit einem solchen Lächeln nie ein Star geworden wäre. Im Falle eines Polizisten mochte das anders sein.
    »Also«, sagte Cheng. »Was kann ich für Sie beide tun?«
    »Uns erklären, warum wir hier sind«, antwortete Rosenblüt sichtlich amüsiert.
    »Wie bitte?«
    Mit einer Stimme, die von der Amüsiertheit zur Strenge überwechselte, legte der Kommissar dar, einen Anruf hierher verfolgt zu haben. In dieses Büro. Einen Anruf, der sich auf dem Anrufbeantworter befinden müsse. Dabei zeigte er auf das Gerät, das am Rande von Chengs Schreibtisch stand. Ein kleines grünes Licht blinkte.
    »Spielen Sie es ab«, befahl Rosenblüt.
    Cheng verzichtete auf den Hinweis, daß die Bandaufzeichnung nur ihn selbst etwas anginge. So wie er darauf verzichtete, nachzufragen, warum die Polizei sich auf eine unbürokratische Weise Zugang zu seinem Büro verschafft habe. Er war zu lange im Geschäft, um auf sein Recht zu pochen wie auf eine von diesen vollen oder so gut wie leeren Ketchupflaschen. Also beugte er sich nach vor und drückte die Taste.
    Geradeso, als wollte das Schicksal den Detektiv Cheng als einen Vielbeschäftigten darstellen, waren hintereinander die Nachrichten dreier Personen zu vernehmen, für die Cheng zuletzt gearbeitet hatte. Dann meldete sich die Stimme seiner Ex-Frau, die aus Wien anrief, um ihrem einstigen Gatten von ihrer geplanten Neuverheiratung zu berichten. Und ihn auch gleich bat, sich den Hochzeitstermin vorzumerken. Es schien für sie keine Diskussion darüber zu geben, daß Cheng zu der freundschaftlichen Geste verpflichtet sei, sich von der Außerordentlichkeit seines Nachfolgers zu überzeugen. »Du wirst ihn herrlich finden«, schloß sie mit einer Entzückung, die nur der für ironisch halten mochte, der diese Frau nicht kannte.
    Rosenblüt lächelte. Dr. Thiel hingegen wirkte beschämt. Er schien ganz der vornehme Typus zu sein, so ziemlich in der Art des ermordeten Thomas Marlock. Ordentlich, aber nicht auffällig gekleidet. Ein junger, schlanker Mensch. Ein wenig instabil. Ein wenig wie ein dünnes Glas.
    Zwar schätzte Dr. Thiel die Intelligenzleistung, die mit seiner kriminalistischen Tätigkeit einherging, doch empfand er einen gewissen Ekel, in die Intimitäten fremder Personen einbrechen zu müssen. Dr. Thiel war, wenngleich kein Pathologe, sondern gelernter Jurist, lieber mit den Toten als mit den Lebenden konfrontiert, also lieber mit den Opfern als mit den Tätern. Sein Verhältnis zu ersteren war ein berufsmäßig entspanntes, das zu zweiteren ein berufsmäßig verkrampftes. Zumindest entsprach dies Chengs Vermutung, der in Hinsicht auf Polizeibeamte durchaus in Schubladen und Vorurteilen dachte. Allerdings verkrampfte er sich nun selbst, als er auf dem Aufnahmeband die Stimme von Peter Crivelli vernahm. Der Erfinder des Engels in der Landschaft sprach auf seine gewohnt reservierte Art, wobei die Bandaufnahme der Stimme einen passenden mechanischen Klang verlieh:
    Folgendes , Herr Cheng . Da wäre noch ein Punkt , auf den ich nicht hingewiesen habe und der wahrscheinlich auch kaum von Bedeutung sein dürfte . Aber nachdem wir nun mal über die Sache gesprochen haben , will ich nicht , daß meine Information unvollständig bleibt . Also : Auch wenn sicher ist , daß Marlocks Porträt an besagtem Abend entstanden ist , so ist ebenso sicher , daß der Bierdeckel nicht aus Tilanders Bar stammt . Diese Frau muß ihn mitgebracht haben . Darüber kann es keinen Irrtum geben . Schließlich weiß ich , auf welchen Untersetzern ich meinen Gästen ihr Bier serviere . Ausnahmen gibt es nicht . Hat es nie gegeben .
    Wir führen zwei Biermarken und die dazugehörigen Bierdeckel . Darunter befindet sich jedoch kein Erzeugnis , das aus dem Ort Zweiffelsknot stammt . Aber genau um ein solches handelt es sich bei dem Aufdruck auf diesem Stück Pappe . Was das bedeutet , ob es überhaupt etwas bedeutet , das herauszufinden ist Ihr Geschäft . Ich wollte bloß , daß Sie nicht etwa die entscheidende Abzweigung übersehen . Das war ich Ihnen schuldig , auch wenn ich Ihnen wahrlich nichts schuldig bin . Adieu !
    Rosenblüt hatte sich erhoben, war an den Tisch

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