Ein sueßer Kuss als Antwort
verließ, um zu Bett zu gehen, wusste sie zwar, dass das Problem nicht ausgestanden war, aber für den heutigen Abend hatte sie diese Klippe sicher umschifft.
Die folgenden Tage fand Eve nicht die Zeit, sich Sorgen zu machen. Sie war von morgens bis abends mit ihren vielfältigen Pflichten beschäftigt. Lucas sah sie kaum, da er den ganzen Tag unterwegs war. Er ließ es sich nicht nehmen, seine Pächter persönlich aufzusuchen und überall nach dem Rechten zu sehen.
Ein prunkvolleres Anwesen als Laurel Court konnte Eve sich nicht vorstellen. Die Zimmer waren mit kostbaren Möbeln ausgestattet. In der behaglichen Bibliothek standen schwere, mit burgunderrotem Leder bezogene Sessel, die zum Verweilen einluden. An den Wänden hingen Gemälde – die gesamte Ahnenreihe der Staintons und zahlreiche alte Meister. Entschlösse Lucas sich, auch nur einen dieser Wertgegenstände zu verkaufen, würde sich seine finanzielle Situation schon um einiges verbessern, dachte Eve manchmal bei sich. Andererseits konnte sie verstehen, dass es ihm schwerfiel, sich von den Besitztümern, die sich teilweise seit Generationen in der Familie befanden, zu trennen.
Eine Woche nach ihrer Ankunft, als die Neuigkeit die Runde gemacht hatte, dass Lord Stainton mit seiner neuen Frau nach Laurel Court zurückgekehrt war, fingen die Nachbarn an, ihnen die Aufwartung zu machen und ihrerseits das junge Paar einzuladen.
Die Kinder fühlten sich rundum wohl. Selbst Alice, die sich in einem so beklagenswerten Zustand befunden hatte, als sie zu ihnen gekommen war, hatte sich inzwischen zu einem gesunden, munteren Baby entwickelt. Sie war ein sehr hübsches Kind, mit den blauen Augen und den dunklen Locken der Staintons. Zudem hatte sie ein fröhliches Naturell. Die Dienstboten waren entzückt von ihr, und wenn Sarah mit ihr spazieren ging, beugte sich sogar der brummige Gärtner über den Kinderwagen und kitzelte das kleine Mädchen am Kinn.
Eve war froh, dass Estelle sich so gut mit ihren Stiefschwestern verstand. Allmählich stellte sich jedoch die Frage nach einer Gouvernante für sie und Sophie. Eve beschloss, die Angelegenheit mit Lucas zu erörtern.
„Die Kinder haben sich wunderbar eingelebt“, begann sie eines Sonntags, als sie nach dem Dinner in die Bibliothek traten. „Die frische Landluft tut ihnen gut. Aber Estelle und Sophie sind jetzt fünf Jahre alt, und ich glaube, wir müssen uns langsam überlegen, wie es mit ihrer Erziehung weitergehen soll, Lucas.“
„Daran habe ich auch schon gedacht.“ Lucas ließ sich im Sessel nieder. „Wir müssen nur jemand Passendes finden.“
„Können wir uns denn eine weitere Angestellte leisten?“ Eve nahm ihm gegenüber Platz.
Er zuckte die Schultern. „Notfalls verkaufe ich eines der Gemälde. Es ist wirklich an der Zeit, dass die beiden eine ordentliche Schulbildung erhalten. Außerdem wird es ihnen nicht schaden, sich an etwas Disziplin zu gewöhnen.“
„Ich finde, man müsste deinen Töchtern auch nach und nach erklären, was mit ihrer Mutter ist“, fuhr Eve vorsichtig fort. „Die Kinder sollten Bescheid wissen, bevor ihnen irgendwelche Gerüchte zu Ohren kommen.“
„Ich stimme dir zu“, erwiderte Lucas ruhig. „Aber wann ist ein Kind alt genug, um zu verstehen, dass seine Mutter es im Stich gelassen hat?“
Eve lehnte sich zurück. „Man muss es ihnen eben behutsam beibringen. Eins nach dem andern. Ich werde mich erst einmal um die Gouvernante kümmern. Es sollte eine Frau sein, die zuverlässig und sympathisch ist – und natürlich gut mit Kindern umgehen kann.“
„Aber auch nicht zu nachsichtig mit ihnen ist …“, setzte Lucas hinzu.
Eve lächelte. „Du meinst, wie Sarah? Ja, sie verwöhnt die Mädchen nach Strich und Faden, aber das kann ich ihr nicht verdenken … und die vier hängen sehr an ihr.“
„Das Wohl der Kinder ist sehr wichtig für dich, Eve, nicht wahr?“
„Selbstverständlich. Ebenso wichtig ist es mir jedoch, dass sie Disziplin lernen … und dafür wird ja die Gouvernante zuständig sein.“
„Aber sie muss auch intelligent sein“, warf Lucas ein, der nur zu glücklich war, diesen Teil der Erziehung in Eves Hände legen zu können.
„Gut.“ Eve nickte zufrieden. „Ich sehe, wir sind uns einig. Dann werde ich Beth schreiben, vielleicht kann sie uns weiterhelfen.“
Es war früher Nachmittag, als Lucas von den Feldern, auf denen gerade das Heu eingebracht wurde, zurückkehrte. Schon von Weitem hörte er Kinderlachen, und als er näher
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