Ein sueßer Kuss als Antwort
„Es sind ganz entzückende kleine neugierige Ohren. Wie wäre es, wenn du deine Schwestern herbeirufst? Es gibt etwas zu essen.“ Er gab seiner Tochter einen zärtlichen Klaps auf die Kehrseite, und Abigail lief zu Estelle und Sophie, um sie zu holen.
Sarah hatte inzwischen alles ausgepackt, und die Kinder stürzten sich auf das Essen, als wenn sie halb verhungert wären. Es war eine völlig neue Erfahrung für Sophie und Abigail, ihren strengen Vater so entspannt zu sehen.
Lucas saß im Schneidersitz neben Eve und beobachtete seine jüngste Tochter, die Brotkrumen in einer Serviette sammelte, um später die Enten damit zu füttern.
„Wo sind deine Tischmanieren, Abigail?“, fragte er gespielt streng.
„Lass den Kinder doch ihren Spaß!“, warf Eve ein.
Lucas seufzte. „Du verwöhnst sie gnadenlos.“
Eve warf ihm einen raschen Blick zu. „Kinder muss man hin und wieder verwöhnen. Die Kindheit geht so schnell vorüber. Hattest du denn keinen Spaß, als du klein warst, Lucas?“
„Doch, jede Menge“, gab er zu. „Hier habe ich besonders gerne gespielt. Und kein Baum war mir zu hoch.“
Eve schmunzelte. „Du wirst es nicht glauben, aber ich bin auch immer auf Bäume geklettert.“
„Und runtergefallen, stimmt’s?“, flachste er.
„Stimmt“, bestätigte Eve. „Ich hatte ständig blaue Flecken.“
„Das überrascht mich nicht. Von der ersten Minute an wusste ich, dass du keines dieser zimperlichen Mädchen warst, die nur mit Puppen spielen. Du hast bestimmt immer Abenteuer gesucht.“
„So siehst du mich also?“
„Ganz genau so. Du bist waghalsig und mutig. Du lehnst dich gegen jede Art von Bevormundung auf. Dein armer Vater! Dich großzuziehen muss ein Albtraum für ihn gewesen sein.“
Eve lachte. „Allerdings. Aber es schien ihm nichts auszumachen. Er hatte viel Geduld mit mir.“
Estelle und Sophie, die ihre hungrigen Mägen gefüllt hatten, liefen zurück zum Bach und fingen an, sich gegenseitig mit Wasser vollzuspritzen. Lucas ging hinüber, um ihnen Einhalt zu gebieten, aber ihre Fröhlichkeit war so ansteckend, dass er sich seine ermahnenden Worte verbiss. Und als auch ihn ein nasser Schwall traf, schloss er sich der Wasserschlacht an.
Versonnen beobachtete Eve die drei. Noch nie hatte sie ihren Mann so unbeschwert und gelöst gesehen. Ein sonderbar schmerzendes Gefühl durchzuckte sie. Mit dem harten und unnahbaren Lucas wusste sie umzugehen, aber mit dieser Seite seines Wesens …
Wenn er nur nicht so unglaublich anziehend wäre, dachte sie. Wie soll das nur weitergehen mit uns? Ein Sehnen erfasste sie. Ein Sehnen, das in ihr den Wunsch weckte, in seinen Armen zu liegen, seinen Mund auf ihrem zu spüren. Ihr wurde bang, wenn sie an die Nacht dachte, die vor ihr lag. Nicht, dass Lucas etwas gesagt hätte, aber das war auch gar nicht nötig.
Zu vorgerückter Stunde traf Henry auf Laurel Court ein.
„Es tut mir leid, dass es so spät geworden ist, aber ich wurde aufgehalten“, entschuldigte er sich. Er begrüßte Lucas mit einem Handschlag und verbeugte sich galant vor Eve. „Ich freue mich, Sie wiederzutreffen. Sie sehen ausgesprochen reizend aus, wenn ich das sagen darf.“
Eve lächelte. „Das dürfen Sie gerne, Henry. Welcher Frau würde ein solches Kompliment nicht gefallen?“
„Anscheinend bekommt Ihnen die Ehe mit Lucas.“
„Bis jetzt. Aber lassen Sie uns nicht den Tag vor dem Abend loben“, wechselte Eve das Thema. „Wie schade, dass Ihr Besuch nur so kurz ist, Henry. Es wäre schön, wenn Sie ein paar Tage länger bleiben könnten.“
„Das nächste Mal“, versprach er. „Ganz bestimmt.“
Henry folgte seinen Gastgebern in den Salon. Was für eine bezaubernde Frau Eve doch war. Er bewunderte sie. Gleichzeitig jedoch bedauerte er sie auch. Ihre Lage war schwierig. Lucas hatte ihm vor der Abreise aus London von Mr. Barstow und dessen schlechter Nachricht erzählt. Doch anscheinend kamen sein Freund und dessen neue Gattin trotzdem prächtig miteinander zurecht.
„Lucas kann es kaum erwarten, nach Newcastle zu kommen und seine Minen zu inspizieren, nicht wahr, mein Lieber?“, fragte er, als sie Platz genommen hatten.
„Ganz richtig“, antwortete Lucas und reichte ihm ein Glas Brandy.
„Wir werden einen Kohlebaron aus Lord Stainton machen, warten Sie nur ab“, scherzte Henry. „Bald wird er wieder ganz obenauf sein, Eve.“
„Darauf kannst du wetten, Henry“, bekräftigte Lucas. „Durch die Dampfmaschine ist die Nachfrage nach Kohle
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