Ein süßes Abenteuer
Begleiterin ins Frühstückszimmer führte.
“Bitte nehmt doch Platz”, forderte sie die beiden auf, indem sie auf ein Sofa wies.
Lem schüttelte den Kopf. “Mit Ihrer Erlaubnis, Euer Gnaden, würde ich lieber stehen bleiben, wie es sich für einen einfachen Diener schickt. Ich habe Neuigkeiten für Sie, teils gute, teils schlechte.”
“Von Sir Neville?”
“Nicht direkt”, räumte Lem ein. “Gestern Abend haben wir – das heißt, Sir Neville und ich – Ihr Dienstmädchen Belinda Jesson aus dem Freudenhaus, in dem sie gefangen gehalten wurde, befreit.”
Sofort schweifte Dianas Blick zu der verschleierten jungen Frau neben ihm. “Belinda!”
“Jawohl, Euer Gnaden. Nimm deinen Schleier ab, Belinda, damit die Duchess dich erkennen kann.”
Schüchtern kam Belinda seiner Aufforderung nach und machte einen Knicks. Von ihrer angeborenen Lebhaftigkeit war nichts mehr zu spüren, so sehr litt sie noch unter ihren schrecklichen Erlebnissen.
“Oh, ich freue mich ja so sehr, dich wiederzusehen, Belinda! Hoffentlich wurdest du nicht misshandelt?”
“Nein, Euer Gnaden. Ich hatte Glück.” Bei dem Gedanken an all die anderen Mädchen, auf die das nicht zutraf, verdüsterte sich Belindas Miene.
“Und Sir Neville?”
“Nun komme ich zu der schlechten Nachricht, Euer Gnaden”, sagte Lem. “Auf der Flucht wurden wir von den Wächtern des Bordells überrascht. Sir Neville rief mir zu, ich solle Belinda in Sicherheit bringen, da wir einen kleinen Vorsprung hatten. Zuerst hoffte ich, dass er ebenfalls entkommen würde, aber inzwischen befürchte ich das Schlimmste, weil wir seit gestern Abend vergebens in seinem Haus in Chelsea auf ihn gewartet haben.”
Neville in den Händen der Ganoven! Das konnte, das durfte einfach nicht geschehen sein! “Du glaubst doch nicht …” Vor lauter Entsetzen konnte Diana den Satz nicht beenden.
“Ich glaube, dass mein Herr verletzt ist, vielleicht schwer verletzt. Laut seinem Plan sollte ich Belinda gleich heute Morgen zu Ihnen zu bringen, wenn irgendetwas schiefgeht. Das habe ich hiermit getan.”
Diana sprang auf und begann unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. “Kannst du mir sagen, wo du ihn zuletzt gesehen hast?”
“Nein. Ich musste ihm versprechen, Ihnen nichts Näheres zu erzählen, da er um Ihre Sicherheit fürchtet.”
Was sollte sie darauf erwidern? Sollte sie etwa von Lem verlangen, dass er sein Wort brach? Wäre sie ein Mann, könnte sie verschiedene einflussreiche Personen um Hilfe bitten, vielleicht sogar auf eigene Faust nach dem Vermissten suchen. So aber konnte sie rein gar nichts unternehmen.
Beinahe hätte sie wie eine Schauspielerin in einem schlechten Melodrama die Hände gerungen. Um in Ruhe nachdenken zu können, setzte sie sich wieder hin und lud Lem und Belinda erneut ein, Platz zu nehmen. Dann läutete sie nach dem Butler, um Tee zu bestellen. Glücklicherweise besuchte Isabella an diesem Morgen eine Freundin. Wie sie wohl reagieren würde, wenn sie je herausfand, in welcher Klemme sie alle steckten?
Nachdem Lubbock den Tee serviert hatte, sagte Diana zu Lem: “Ich glaube, ich sollte dich anschließend nach Chelsea begleiten und dort mit dir auf Sir Neville warten.”
Insgeheim hielt Lem dies für einen ungewöhnlichen, um nicht zu sagen unschicklichen Vorschlag, aber das wagte er nicht zu sagen.
“Was versprechen Sie sich davon?”, fragte er lediglich.
“Vielleicht tut es ihm gut, einen Menschen um sich zu haben, dem er vertraut und dem er ohne Bedenken erzählen kann, was gestern Abend geschah. Außer mir weiß ja niemand über den Mädchenhandel Bescheid.”
“Nur Jackson, der Ermittler. Aber dem hat mein Herr verschwiegen, dass er Belinda aus Madame Josettes Etablissement retten will.”
Ohne es zu wollen, hatte er den Namen des Bordells preisgegeben, und Diana hakte sofort nach. “Madame Josette! Ein sehr berüchtigtes Haus, sogar ich habe schon davon gehört. In diesem Fall bestehe ich erst recht darauf, mit dir zu kommen. Belinda, du bleibst hier. Ich werde die Haushälterin bitten, ein Zimmer für dich herrichten zu lassen, und morgen wirst du in aller Stille nach Medbourne Castle fahren. Genießt noch euren Tee”, fügte sie hinzu, indem sie sich erhob. “In der Zwischenzeit werde ich alles Nötige veranlassen.” Mit diesen Worten rauschte sie aus dem Zimmer.
Sie wusste, dass ihr Entschluss Lem zutiefst verwirrt haben musste, denn für gewöhnlich pflegten feine Damen sich nicht in derartige Angelegenheiten
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