Ein süßes Abenteuer
wir Belinda gerettet”, hielt Neville ihm entgegen.
“Schon, aber wir wissen doch beide, dass die Nachricht von Ihrem angeblichen Fehltritt sich in Windeseile herumsprechen wird.”
“Ich weiß vor allen Dingen, dass Sie mir noch einiges verschweigen. Höchste Zeit, dass Sie mir endlich verraten, was genau hier vor sich geht, finden Sie nicht auch?”
Jackson verstand es meisterhaft, sich dumm zu stellen. “Wovon reden Sie da, Sir Neville?”
Früher hätte Neville nicht weiter in ihn gedrungen, aber inzwischen kannte er keine Zaghaftigkeit mehr. “Nehmen Sie mich nicht auf den Arm, Jackson. Ich merke es, wenn Sie mich anlügen. Außerdem werde ich Sie großzügig entlohnen, wenn Sie mir die Wahrheit sagen.”
“Wenn Sie meinen Rat hören wollen, was Sie offensichtlich nicht tun, dann lassen Sie die Finger von den Ermittlungen. Sie verstehen nichts von meinem Metier.”
“Eben deswegen brauche ich Sie ja. Freiwillige Unzucht ist eine Sache, die Entführung und Schändung unberührter junger Mädchen eine völlig andere. Wir wettern zwar lautstark gegen den verwerflichen Sklavenhandel, aber wir unternehmen nichts, um die unschuldigen Frauen zu beschützen, die in unserem eigenen Land verschleppt und versklavt werden.”
“Sie haben ja recht”, räumte Jackson seufzend ein. “Nun gut, ausnahmsweise werde ich mein Wort brechen und meine Informationen mit Ihnen teilen. Ich will Ihnen sogar helfen, diesen Fall diskret zu lösen. Allerdings dürfte das schwierig werden, da die Täter im Verborgenen handeln und nur Mädchen von niedrigem Stand ausbeuten.”
Neville atmete erleichtert auf. “Ich danke Ihnen!”
“Wenn Sie es nur nicht am Ende bereuen. In den letzten Tagen habe ich mich bemüht herauszufinden, welche hohen Persönlichkeiten hinter den Entführungen stecken. Angeblich benutzen sie einen Mittelsmann, ebenfalls ein Mitglied der vornehmen Gesellschaft, dessen Namen wir noch nicht kennen. Seit Ihren Erlebnissen von heute Morgen dürfen wir vermuten, dass Sir Stanford möglicherweise zu der Bande gehört. Wie ich Ihnen bereits sagte, dienen einige Bordelle auch als Treffpunkt für Radikale, die umstürzlerische Pläne schmieden. Sicher werden Sie verstehen, weshalb ich zögerte, Ihnen alle Einzelheiten anzuvertrauen.”
“Ja. Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie im Auftrag des Innenministeriums den Revolutionären nachspüren?”
“Nehmen Sie ruhig an, was Sie wünschen”, antwortete Jackson gut gelaunt.
“Aber die Anführer des Mädchenhändlerrings wollen Sie mir nicht nennen?”
“Nein, weil ich bis jetzt noch keine Beweise gegen sie habe, die vor Gericht standhalten würden.”
Neville konnte es Jackson nicht verdenken, dass er kein unnötiges Risiko einging. Am Ende ihres Treffens bemerkte der Ermittler ohne jede dramatische Übertreibung: “Ich muss Sie warnen. Wenn Sie diesen Fall weiterverfolgen, begeben Sie sich in große Gefahr, ja Sie setzen sogar Ihr Leben aufs Spiel. Beim nächsten Überfall könnte man Sie töten.”
“Zu spät. Von nun an gibt es kein Zurück mehr. Sobald Sie irgendetwas Neues entdecken, werden Sie mich hoffentlich informieren. Umgekehrt werde ich Sie sofort ins Bild setzen.”
“Ja, selbstverständlich”, willigte Jackson ein. “Aber nehmen Sie sich unbedingt in Acht.”
7. KAPITEL
D as Gerücht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Ausgerechnet Sir Neville Fortescue, dieser Ausbund an Tugend, war in einem der übelsten Stadtviertel volltrunken aus der Gosse aufgelesen und vor Sir Stanford Markham gebracht worden! Und nachdem der Richter ihn streng ermahnt und zu einem besseren Lebenswandel angehalten hatte, musste er in Schande nach Hause gehen. Was für ein Heuchler!
Natürlich wurde die Geschichte immer weiter ausgeschmückt. In den Clubs und in gewissen weniger anständigen Etablissements unterhielten sich die Herren ganz ungezwungen über seinen tiefen Fall. Die verheirateten Damen flüsterten sich hinter vorgehaltener Hand die pikantesten Einzelheiten zu, während ihre Töchter gespannt lauschten, worüber man sich da so köstlich amüsierte.
Sonderbarerweise endete das Gerede häufig mit Bemerkungen wie etwa: “So viel Temperament hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Tja, der äußere Schein kann trügen, haha!”
Neville zeigte sich erst wieder in der Öffentlichkeit, als die Prellungen in seinem Gesicht verheilt waren. Im Stillen hoffte er, dass man seinen Fehltritt mittlerweile über irgendeinen anderen Skandal vergessen hatte,
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