Ein süßes Abenteuer
das auch gefälligst tun”, entgegnete Neville heftig. “Sonst sehe ich mich gezwungen, dem Urteil vorzugreifen, indem ich ihn zum Duell fordere.”
“Dabei könnte er
Sie
töten.”
“Höchst unwahrscheinlich. Er ist ein schlechter Schütze und ein noch schlechterer Fechter. Boxen kann er überhaupt nicht, ich allerdings ebenso wenig. Zur Not könnten wir Schweinsblasen an Stöcke binden und uns damit schlagen, aber das würde sich natürlich nicht schicken. So wie ich ihn kenne, beachtet er stets die Etikette, trotz seiner frivolen Art. Genug davon. Was unternehmen wir als Nächstes? Wollen wir zu mir nach Hause fahren, um uns zu vergewissern, ob Diana inzwischen dort auf uns wartet?”
“Einverstanden. Ehe wir irgendwelche Maßnahmen ergreifen, sollten wir das auf jeden Fall tun. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass sie wegen der Unruhen im Verkehr feststeckte. Wenn wir überstürzt falsche Beschuldigungen gegen Lord Alford oder Latimer erheben, machen wir uns nur lächerlich.”
Wie vereinbart kehrten sie nach Chelsea zurück, fanden jedoch keine Spur von Diana.
Diana spähte aus dem Fenster ihrer Kutsche, um herauszufinden, wohin sie gebracht wurde. Als George, Lord Alford, es bemerkte, zog er kurzerhand die Vorhänge zu. Prompt öffnete sie sie wieder, woraufhin er sie endgültig schloss.
“Tun Sie das noch ein einziges Mal, und ich werde Ihnen die Hände fesseln”, warnte er sie. “Das wollen Sie doch nicht, oder?”
Sinnlos, ihm zu trotzen. Stattdessen fragte sie betont ruhig: “Wohin fahren wir?” Zumindest wusste sie, dass sie sich der Innenstadt näherten.
“Ich werde Ihnen doch nicht die Überraschung verderben.” Plötzlich schenkte er ihr ein charmantes Lächeln, als würden sie mitten in einem Ballsaal Konversation treiben.
“Warum entführen Sie mich, George? Wenn Sie gefasst werden, erwartet Sie entweder der Galgen oder die Deportation.”
“Können Sie sich nicht denken, weshalb ich Sie beseitigen muss? Als Nächster steht Ihr Geliebter, Sir Neville Fortescue, auf meiner Liste und dann dieser verfluchte Ermittler, Jackson. Im Übrigen wird man mich nicht fassen, das versichere ich Ihnen. Schließlich habe ich mächtige Freunde.”
“Das glaube ich Ihnen gerne. Und nur damit Sie es wissen, Sir Neville ist nicht mein Geliebter.”
“Dann ist er sogar noch dümmer und biederer, als ich dachte. Schweigen Sie jetzt, sonst muss ich Sie knebeln.”
Darauf wollte Diana es lieber nicht ankommen lassen, also gehorchte sie, ohne George auf die Probe zu stellen. Gleichzeitig bemühte sie sich, nicht daran zu denken, was bald mit ihr und Neville geschehen sollte. Vielleicht würde sie ihn niemals wiedersehen.
Erst in diesem Moment ging ihr auf, wie sehr sie ihn liebte. Ihre leidenschaftlichen Gefühle für ihn ließen sich nicht mit der ruhigen und – zugegebenermaßen – töchterlichen Zuneigung, die sie für ihren verstorbenen Gatten empfunden hatte, vergleichen. Tatsächlich wurde die Erinnerung an Charles immer verschwommener. Nach seinem Tod hatte sie sich jedes Mal, wenn sie vor einem Problem stand, gefragt: Was würde Charles mir in dieser Situation raten?
In letzter Zeit aber drehten sich ihre Gedanken nicht mehr um ihren früheren Mentor, sondern um Neville, auf dessen Urteil sie sich zunehmend verließ. Hoffentlich befand er sich in Sicherheit. Ob er sich Sorgen machen würde, wenn sie nicht zur verabredeten Zeit bei ihm erschien? Glaubte er, sie stecke im Verkehr fest oder sie habe ihre Meinung geändert? Erwartete er sie inzwischen gar nicht mehr?
Selbst wenn er Unheil witterte, konnte er sie nicht retten. Mit Sicherheit würde er niemals auf die Idee kommen, dass ausgerechnet sein Cousin George sie in seiner Gewalt hatte, da dieser ja nicht zum Kreis ihrer Verdächtigen gehörte.
Plötzlich hielt die Kutsche mit einem Ruck an. Im nächsten Augenblick erschütterte ein heftiger Stoß den Wagen, und ein markerschütterndes Wiehern ertönte. Mit voller Wucht getroffen, kippten Fahrzeug und Pferde seitwärts um, sodass George und Diana zu Boden geschleudert wurden.
Ein schwerer Brauereiwagen, dessen Pferde wegen des ungewöhnlich dichten Verkehrs durchgegangen waren, hatte sie gerammt. Da der Fahrer die Kontrolle über sein Gespann verloren hatte, konnte er den Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Eine kurze Strecke weit wurde die umgekippte Kutsche von dem Wagen mitgeschleift, dann kamen sie endlich zum Stehen.
Nach dem entsetzlichen Krach herrschte
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