Ein sueßes Stueck vom Glueck
dem Pariser Stadtwappen versehen. Cade hatte diese Fahrräder, die den Bürgern von der Stadt zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung gestellt wurden, schon vorher auf ihren Streifzügen durch Paris gesehen. Diese hier trugen pinkfarbene Sattelüberzieher aus Latex mit der Aufschrift: Et vous, vous faites quoi pour vous protéger? – Und Sie, was tun Sie, um sich zu schützen?
»Da war eine Gruppe von Aids-Aktivisten am Werk, denke ich«, bemerkte Sylvain, als er ihren irritierten Blick sah. Er wies mit dem Kopf auf die Lenker, auf denen ein anderer Schriftzug prangte. »Vereinigung gegen den Hunger auf der Welt war auch schon hier, wie ich sehe.« Er hielt vor den Pseudo-Kondom-Sätteln inne, lächelte plötzlich und fing ihren Blick auf: »Weißt du, wie man Fahrrad fährt?«
Sie war mit ihrem langen Mantel und den Stiefeln nicht richtig dafür angezogen, raffte aber kurzerhand ihren Mantel um die Beine und schob ihn unter ihrem Hintern zu einem unbequemen Sitz zusammen, der nun auf einem der wohl schwersten Räder der Welt prangte. Das pinkfarbene Latex ließ sie drauf. Wenn sie schon über Fahrradsättel mit Kondomen stolperte, dann war es nicht ganz unwahrscheinlich, dass Gott ihr etwas über Sex und Dummheit sagen wollte. »Diese Dinger müssen an die zwanzig Kilo wiegen!«
Er nickte. »Damit niemand sie klaut.«
Wegen des kalten Windes war es eisig auf dem Fahrrad, selbst wenn sie ihre Nase so tief wie möglich im Schal vergrub. Aber es machte auch irre Spaß. Sie lachte die ganze Zeit, und er schaute zu ihr hinüber und grinste breit vor Freude.
Sie stellten die Räder an einer Station in der Nähe seiner Wohnung ab und entflohen der Novembernacht ins Warme.
»O mein Gott, ist das kalt«, sagte sie selbst in seiner Wohnung noch und konnte gar nicht aufhören zu zittern, selbst als die Wärme auf ihre unterkühlte Haut traf. »Es ist kalt, kalt, kalt.«
Sie protestierte, als er ihr die Sachen auszog und sie immer noch lachend ins Bett packte. Er begrub sie unter einer schweren Daunendecke, ließ seine eigenen Kleider auf den Boden fallen, kam zu ihr und umschlang sie mit seinem Körper, bis sie nicht mehr zitterte, sondern dahinschmolz.
Er weiß in der Tat ganz genau, wie man Dinge richtig temperiert, dachte sie später, kurz bevor sie einschlief, eingekuschelt in seine Armbeuge, vollkommen warm und vollkommen zufrieden.
25
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht«, sagte Sylvain am nächsten Morgen.
Ihr Herz fing heftig an zu pochen. Sie hatte gewusst, dass er ihr irgendwann mitteilen würde, dass er letztlich nur mit ihr spielte. Er war einfach zu sexy für eine Frau allein. »Was ist die schlechte Nachricht?«
Er zögerte. »Vielleicht sage ich dir erst einmal, worum es bei den Nachrichten geht, und dann findest du selbst heraus, welcher Teil furchtbar und welcher gut klingt.«
Sie beugte sich misstrauisch über ihren Joghurt. Der im Übrigen kaum gesüßt war. Sie versuchte zum ersten Mal seit zehn Tagen gesund zu frühstücken, und er suchte sich ausgerechnet diesen Moment aus, um ihr mehrteilige Nachrichten zu überbringen. Das war nicht in Ordnung.
»Wir sind zu einer Geburtstagsparty eingeladen.«
Sie schaute noch argwöhnischer. »Von wem? Was meinst du mit ›wir‹?«
Er presste die Lippen aufeinander. »Okay, ich bin zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Für gewöhnlich kann ich jemanden mitbringen. Hast du damit ein Problem? Möchtest du lieber nicht mitkommen?«
Sie hatte nicht viele Dates. Und sie hatte lange keins mehr gehabt. Das hier klang nach einem Date. Nein, das klang nach: die Freundin einer Gruppe von Freunden vorzustellen.
Vielleicht lief das in Frankreich ganz nebenbei?
»Wessen Party?«
»Die von meinem Cousin Thierry, der fünfzig wird.«
Die Freundin der Familie vorstellen. Sie kam sich vor, als sei sie auf einer kurvigen Straße unterwegs und plötzlich käme der Welt der Boden abhanden und sie müsste feststellen, dass sie sich auf einer Achterbahn befand. Normalerweise verzichtete sie eher darauf, die Familie kennenzulernen. Seit ihrer Highschool-Zeit hatte sie das geflissentlich vermieden, denn der eindeutige, geldgierige Druck, den die Familie eines Dates ausüben konnte, war einfach grässlich. Sie tat im Grunde nichts mehr von alledem, seit sie beim Verlassen des Colleges One-Night-Stands abgeschworen hatte – sie hatte weder Dates, noch lernte sie deren Freunde und Familie kennen, noch hatte sie Sex.
Bis zu … was immer sie hier genau
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