Ein sueßes Stueck vom Glueck
war, wenn sie am Ende eines weiteren langen Tages nur noch verknautscht und ausgelaugt auf ihm einschlief.
Er wechselte das Thema. »Und, was hast du an?«
»Meine Kleider«, gab sie bedauernd zu. Sie war in ihnen aufs Bett gefallen. Es wäre viel schöner, entweder ein sexy Teil anzuhaben oder es sich wenigstens so gut vorstellen zu können, dass sie es behaupten konnte.
Sylvain lachte. »Na, das ist doch eine interessante Herausforderung. Wie ziehe ich dir auf fünfhundert Kilometer Entfernung die Kleider aus?«
Hitze flammte in ihren Wangen auf. Und an ein paar anderen Stellen. Sie wand sich ein wenig und ließ ihre Stiefel zu Boden plumpsen. »Ich habe die Schuhe ausgezogen«, bot sie an.
»Ma chérie.« Er seufzte. »Ich weiß deine Kooperationsbereitschaft zu schätzen. Aber ich denke, wenn du so müde bist, dass du bisher noch nicht einmal deine Schuhe ausgezogen hast, sollte ich dich wirklich schlafen lassen.«
»Ich weiß, aber … ich hatte mich schon darauf gefreut, dass du mir alles andere ausziehst.«
»Ah …« Es folgte ein langes Schweigen.
Als er wieder sprach, war seine Stimme leiser, tiefer, rauer, ein Atem, der sie in einen dunklen, warmen Raum mit einem Schloss vor der Tür lockte. »Versprichst du, dass du alles tun wirst, was ich dir sage?«
Sie machte das Licht aus und sank unter die Decke. Es war nun stockdunkel. Es gab nichts als seine Stimme, das harte Gefühl des Telefons am Ohr und das weiche Gewicht der Daunendecke. »Ja«, flüsterte sie.
»Alles?«, beharrte die dunkle Stimme, die sie beherrschte, wie er es immer tat.
Ihre Stimme war kaum zu hören: »Oui.«
28
»Sag mir bitte nicht, dass du den Zug dort rauf nimmst, um für eine Nacht ihr Gigolo zu sein«, sagte Chantal tonlos. Sylvain starrte sie an. Chantal sah wie immer hübsch und elegant aus. Zu elegant, um ihm vorzuwerfen, er sei ein Gigolo, aber sie waren so lange befreundet, dass sie freimütig ihre Meinung äußerte, wenn sie es für angebracht hielt.
»So würde ich es nicht sehen, nein.« Sie befanden sich an einem ihrer Lieblingsorte zum Mittagessen, einem winzigen vietnamesischen Restaurant, das man nur auf persönliche Empfehlung oder dank ausgeprägter Neugier fand, denn es machte weder von außen noch von innen viel her: Es gab viel dunklen roten Samt und war spärlich beleuchtet. Die Entdeckung war Sylvains ausgeprägter Neugier zu verdanken, damals, als es eröffnet hatte, und seine und Chantals Mundpropaganda hatten es so populär gemacht, wie es heute war.
Einer der wortkargen Besitzer stellte, wie seit Jahren üblich, Sake auf Rechnung des Hauses vor sie auf den Tisch. Die kleinen chinesischen Becher zeigten wie immer winzige und mit alkoholgeschwängertem Blick betrachtet fürchterlich schlechte pornografische Szenen. Sie wurden zudem stets geschlechtsspezifisch verteilt. Vor Chantal stand die Männerversion.
»Sylvain, siehst du nicht, dass du es schon wieder tust? Ich dachte, du würdest dich nicht mehr von Frauen benutzen und dir das Herz brechen lassen.«
Er war das Thema leid. »Du bist dir also sicher, dass Cade mich benutzt?« Er dachte an ihren Atem letzte Nacht am Telefon, was es in ihm ausgelöst hatte, sie so auf seine Stimme reagieren zu hören. Er dachte daran, wie sie seinem Blick standgehalten und gesagt hatte: »Ich komme wieder.«
»Absolument« , sagte Chantal bestimmt.
»Du meinst also nicht, dass eine winzige Hoffnung besteht, sie könnte in mich verliebt sein? Merci, Chantal.« Menschen, die einen seit der Schule kannten, entwickelten anscheinend nie Respekt vor einem.
»Natürlich halte ich es für möglich, dass sie in dich verliebt ist«, sagte Chantal und wurde ohne ersichtlichen Grund rot. »Wer wäre das nicht?«
Was? Im tiefsten Innern schreckte Sylvain auf.
»Aber man kann in jemanden verliebt sein und ihn dennoch benutzen.«
»Du musst es ja wissen«, entgegnete Sylvain trocken. Sie war schön, und in der langen Chronik ihrer Liebschaften hatte sie sich immer wieder von Arschlöchern ausnutzen lassen, sich dann umgedreht und ihrerseits den nächsten netten Typen benutzt, um sich wieder besser zu fühlen. Sie war tatsächlich eine von jenen gewesen, die er auf der Oberschule angehimmelt und erfolgreich mit Schokolade verführt hatte, damals, als er sechzehn und sie achtzehn war.
Am nächsten Morgen hatte sie es als ein besonderes Vorkommnis in ihrer Freundschaft eingeordnet, freundlich, aber doch herablassend. Er hatte ihr vergeben, weil er verrückt nach ihr
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