Ein sueßes Stueck vom Glueck
stellte sich vor die Teilnehmer. Cade war enttäuscht.
Nein, erleichtert. Erleichtert natürlich, dass Sylvain Marquis ihr die Geheimnisse nicht persönlich mitteilte. So lief sie nicht Gefahr, entdeckt zu werden.
Sie beugte sich über einen ihrer Schnürsenkel, und während sie so dastand, ließ sie den Schlüssel aus der Jackentasche in ihren Schuh gleiten, weil es der einzige Platz war, wo sie ihn unauffällig verstecken konnte. Es war wirklich an der Zeit, Yogahosen mit Taschen zu produzieren.
»Wenn wir über Schokolade sprechen«, sagte Pascal Guyot, »dann muss zuerst geklärt werden, worüber genau wir reden. Zum Beispiel reagiert siebzigprozentige chocolat noir ganz anders als chocolat au lait auf Hitze, auf das Temperieren, auf den Gaumen. Eine zweiundsiebzigprozentige chocolat noir , die aus der Karibik kommt, reagiert anders als eine zweiundsiebzigprozentige chocolat noir aus den Anden.«
Cade presste die Hände wieder auf den Marmor und konzentrierte sich auf die angenehme Kühle, während die Worte in ihren Ohren hallten. Sie wusste das alles. Die Corey-Chemiker kannten die Zusammensetzung der Schokolade bis ins kleinste Detail. Chemie war am College eines ihrer Nebenfächer gewesen.
Ihr Blick glitt durch den Raum und erfasste alles. Auf einem Regal an der Wand standen Spirituosen, von denen sie bei einigen von hier aus erkennen konnte, was es war – weißer und brauner Rum und die bronzene Farbe von Armagnac. Große Jutesäcke lehnten an der Wand, bedruckt mit schwarzen Wörtern. Was stand dort? Was war in diesen Säcken, und aus welchem Land kamen sie?
Flaschen aus dunkelbraunem Glas, deren Etiketten man von hier aus nicht lesen konnte, standen in einem anderen Regal – was für Aromen waren darin? Eine Packung Vanille lag offen auf einer Arbeitsfläche, und die Schoten darin hoben sich braun glänzend von der goldenen Verpackung ab. Mehr von diesen Vanillepäckchen lagen vakuumverpackt in einer Kiste unter dem Regal mit den Glasflaschen. Sie konnte die Vanille von ihrem Platz aus riechen. Sie sorgte für den Grundton in der Schokolade, modulierte sie, verlieh ihr Süße.
»Bei Monsieur Marquis arbeiten wir mit einem Lieferanten zusammen, der unsere Kakaobohnen röstet – natürlich nach unseren genauen Vorgaben«, erklärte Pascal Guyot. »Die meisten Chocolatiers kaufen ihre Schokolade in Riegeln, so wie diese hier.« Er deutete auf einen Haufen mit Schokoladestücken in verschiedenen Farben, die offensichtlich von größeren Blöcken abgeschlagen worden waren.
Bei Corey rösten wir die Kakaobohnen auch nach unseren Vorgaben, dachte Cade. Und das schon seit hundert Jahren. Aber niemand lobte sie dafür.
»Würden Sie dann bitte herkommen und sich Ihre Riegel holen«, sagte Pascal Guyot.
Das Gewicht des Schokoladenstücks weckte erneut ihre Aufregung.
Sie war vielleicht unter falschem Namen und als Spionin hier, aber sie würde Schokolade in einem Pariser Laboratoire verarbeiten.
7
Sylvain zog im Eingangsbereich seinen Mantel aus und lächelte, als er in dem Raum, in dem der Kurs stattfand, eine Stimme mit einem starken japanischen Akzent eine Frage auf Französisch stellen hörte. Einige Chocolatiers überließen solche Kurse ihren Sous-Chefs, aber er mochte sie. Manchmal war ein Idiot unter den Teilnehmern, aber normalerweise waren es leidenschaftliche Amateure der Schokoladenherstellung, die sich freuten, dabei zu sein.
Es war ein gutes Gefühl, so begierige und begeisterte Lehrlinge zu unterrichten und zu wissen, dass sie so begierig auf ihn waren, auf das, was er ihnen beibringen konnte. Sie erinnerten ihn an sich selbst als Teenager. Und sie machten ihm sehr deutlich, dass er seitdem weit gekommen war. Dieu merci .
Er zog seine weiße Kochjacke an, setzte die Kochmütze auf, die niemand außer ihm tragen durfte, betrat den Raum, nickte Pascal zu und betrachtete die heutige Gruppe Lehrlinge.
Er identifizierte die Corey-Kapitalistin schon beim ersten Blick und war sofort auf der Hut. Ihre Verkleidung, die weiße Papiermütze und die Kochjacke, die ihr mindestens zwei Nummern zu groß war, hatten doch sicher dem Zweck dienen sollen, sie nicht zu erkennen.
Sie sah – schon wieder mignonne , niedlich, aus. Sie versuchte, ihren entzückenden kleinen Körper so zu positionieren, dass die Japanerin neben ihr ihm die Sicht auf sie versperrte. Ihr Pech, dass die Japanerin noch kleiner war als sie selbst.
Er ließ seinen Blick lange auf ihr verweilen, als ihm zu dämmern begann, was
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