Ein sueßes Versprechen
nickte geistesabwesend; sie war damit beschäftigt, ihre Liste zu studieren.
Er griff nach seiner Kaffeetasse – er benötigte diese Stärkung – und zermarterte sich das Hirn auf der Suche nach einem Argument, das Esmes ach so vernünftigen Vorschlag entkräften könnte, fand aber keines.
Das wurde allmählich zur Regel in dieser Mission. Esme und Loretta, ruhiger, aber ebenso wirkungsvoll, hatten die Führung übernommen, und während ihre kleine Gesellschaft sich zwar weiter in die Richtung bewegte, in die er gehen musste, blieben ihm wenig Möglichkeiten, es ihnen abzuschlagen. Sie waren nun einmal keine Soldaten unter seinem Kommando. Er konnte ihnen nicht einfach Befehle erteilen.
Alles, was ihm zu tun übrig blieb, war die Zähne zusammenzubeißen und es zu ertragen, wie schon am Abend zuvor.
Nachdem sie von seiner Mission erfahren hatten, hatte Esme, tatkräftig unterstützt von Loretta, darauf bestanden, dass er und Hassan als ihre Reiseführer ins Hotel umsiedelten, in Zimmer auf demselben Flur wie Esmes Suite. Er war sich nicht sicher, ob dieses Vorgehen wirklich klug war, aber er war überstimmt worden. Mit einem Lächeln und einem Winken hatte Esme die zusätzlichen Räume bestellt und dann Hoteldiener in ihr ursprüngliches Gasthaus geschickt, um ihre Taschen zu holen.
Und so hatte er den Esstisch am Abend mit Esme und Loretta geteilt und rasch seine etwas nachlässig gewordenen Manieren aufpolieren müssen.
Wie jetzt auch hatte vor allem Esme die Unterhaltung geführt. Er beobachtete vorerst noch, versuchte sich ein Bild von den beiden zu machen, aber am Vorabend war auch Loretta seltsam still gewesen, wenigstens seiner Meinung nach. Sie hatte geistesabwesend gewirkt, abgelenkt, als sei sie in Gedanken ganz woanders, fast als setze sie im Geiste etwas zusammen und wollte dabei nicht von seinem und Esmes Geschwätz gestört werden.
Heute Morgen wirkte sie immer noch entrückt, aber mehr so, als plane sie etwas. Berücksichtigte man dann noch Esmes Beharren darauf, das für den Tag Geplante durchzuführen, war durchaus möglich, dass er herausfinden würde, was das war.
Eine halbe Stunde später wartete er bereits im Hotelfoyer, als Esme und Loretta mit ihren Zofen Gibson und Rose die Treppe hinabkamen. Hassan bildete das Schlusslicht.
Rafe merkte, dass er sie anstarrte, und zwang sich, damit aufzuhören. Er hatte schon mehr als eine attraktive Frau gesehen. Es gab also keinen Grund, dass eine in einer leuchtend blauen Pelisse seine Aufmerksamkeit derart fesselte.
Er trat vor und bot Esme den Arm.
»Ich habe Kutschen organisiert. Erst werden wir Sie zu den Bädern bringen.«
»Ausgezeichnet, mein Lieber.« Sichtlich erfreut, dass er seine Rolle so ernst nahm, gestattete Esme ihm, sie durch die Hoteltüren auf den Gehweg und zu der Droschke zu geleiten, die mit offenen Türen dort wartete.
Rafe half ihr beim Einsteigen und trat zurück, damit der Lakai Gibson behilflich sein konnte, dann schaute er den Kutscher an.
»Die Rudas-Bäder.«
Er hatte erfahren, dass die Bäder, deren Geschichte in die Antike zurückreichte, für ihre Heilwirkung berühmt waren und damit einen Magneten für reiche Damen aus ganz Europa darstellten. In solchen heiligen Hallen müssten Esme und Gibson sicher sein.
Sobald der Lakai auf seinen Platz auf der Rückseite gesprungen war, ließ der Kutscher seine Peitsche knallen, und das Gefährt setzte sich in Bewegung.
Auf die freigewordene Stelle rollte sofort eine weitere Kutsche. Hassan und die beiden Frauen traten aus dem Hotel. Rafe sah Loretta an und bot ihr dann, als der Lakai des Hotels herbeilief, um den Kutschenschlag zu öffnen, die Hand.
Hoch erhobenen Hauptes und entschlossen, den Abstand, den der Anstand erforderte, zwischen sich und dem viel zu gut aussehenden Captain strikt einzuhalten, den Esme zu ihnen eingeladen hatte, legte Loretta ihre behandschuhte Hand in seine, spürte, wie sich seine starken Finger um ihre schlossen – und selbst durch das feine Leder hindurch fühlte sie etwas durch ihren Arm zucken, über ihre Nervenbahnen und durch ihre Adern laufen.
Sie versuchte, Luft zu holen, aber ihre Lunge verkrampfte sich. Durch schiere Willensanstrengung gelang es ihr, einen Fuß vor den anderen zu setzen und in die Kutsche zu steigen. Er ließ ihre Hand wieder los, und ihre Sinne waren wieder klar.
Gegen ein heftiges Stirnrunzeln ankämpfend – was, zur Hölle, war das? –, ließ sie sich auf den Sitz sinken, blickte nach unten und strich
Weitere Kostenlose Bücher