Ein sueßes Versprechen
Shearer würde gleich mit dem Tee kommen.
Als sie kurz darauf wieder die Treppe hinablief, hatte sie neben der Tasche auch Umhang und Muff dabei und sich einen wollenen Schal um die Schultern gelegt.
Sie schlüpfte in den Salon, schloss die Tür und machte sich daran, alles vorzubereiten. Sie drapierte den Umhang über die Seitenlehne des Sofas, als wolle sie nachher einen Spaziergang unternehmen. Sie setzte sich hin und legte den Stickbeutel neben sich. Die Pistole befand sich nicht länger darin, sondern im Muff.
Niemand dachte sich etwas bei dem Muff einer Dame. Es waren die Gegenstände, die beinahe unsichtbar waren, aber die Pistole passte perfekt in die Innentasche, fast als sei die Tasche zu ebendiesem Zweck dort eingenäht.
Sie hatte sich soeben erst in die Sofakissen zurückgelehnt, als ein Klopfen an der Tür von Mrs. Shearers Ankunft mit dem Teetablett kündete.
»Bitte schön.« Mrs. Shearer stellte das Tablett auf den kleinen Tisch vor dem Sofa. »Ich habe hier auch einen Teller mit etwas Shortbread, falls Sie doch eine Kleinigkeit essen möchten.«
»Danke, das sieht ganz wunderbar aus.«
Mrs. Shearer blickte sich um.
»Ist er weg?«
»Ja – in ein paar Stunden ist er zurück.« Loretta schenkte sich Tee ein, merkte aber, dass die Wirtin noch etwas auf dem Herzen hatte und mit sich rang, wie sie ihr Anliegen am besten in Worte kleidete, wie ihre Neugier und ihr Gewissen sie plagten.
Am Ende trat Mrs. Shearer näher und senkte die Stimme.
»Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, Miss, aber ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass Sie keinen Ring tragen. Sie brennen doch nicht am Ende durch, oder?«
Loretta lächelte.
»Leider nein. Mr. Carstairs ist ein Freund der Familie und begleitet mich nach Cambridgeshire zu einem Besuch bei Freunden, aber er hat noch etwas hier in der Nähe zu erledigen. Da er nicht sicher ist, wie lange er dafür benötigen wird, wissen wir nicht, ob wir über Nacht bleiben oder nachher weiterfahren.«
»Oh, verstehe.« Auch wenn sie nicht offen Enttäuschung bekundete, dass es nicht so etwas war wie ein junges Paar auf der Flucht, dem es zu helfen galt, klang aus Mrs. Shearers Stimme dennoch leises Bedauern. Sie richtete sich auf. »Nun, dann gehe ich wohl lieber wieder zurück zu meinen Scones. Läuten Sie bitte, wenn Sie welche möchten, Miss, dann bringen ich sie Ihnen.«
»Danke.« Loretta schaute zu, wie sich die Tür schloss, dann lächelte sie und trank einen Schluck Tee.
Und wünschte sich, sie hätte ihr Stickzeug in ihrem Stickbeutel gelassen.
So wie ihre Gedanken sich jetzt schon im Kreis drehten und Bilder vor ihrem geistigen Auge auferstehen ließen, würde sie eine Menge darum geben, wenn sie etwas zu tun hätte, was sie ablenkte, bis Rafe zurückkehrte.
Kapitel 19
Um kurz nach ein Uhr betrat M’wallah leise den Salon des Herrenhauses außerhalb von Needham Market. Die Spannung im Raum war beinahe greifbar. Sie war stetig gestiegen mit jeder Minute, die verging und in der sie nichts von Carstairs hörten.
M’wallahs Führer und damit auch sein Weg zum Ruhm ging unablässig vor den Fenstern auf und ab, die Arme vor der Brust verschränkt, das Gesicht eine Studie eiskalter, mühsam bezähmter Wut.
Saleem stand in den Schatten an der Wand, er wirkte geduldiger, aber auch tödlicher. Saleem blickte M’wallah in die Augen.
M’wallah gestattete es sich, seine Schadenfreude zu zeigen.
Saleem richtete sich auf.
Alex spürte die Veränderung und wirbelte zu M’wallah herum.
»Was ist?«
M’wallah verneigte sich – besonders tief.
»Oh, das Schicksal ist uns wieder gewogen und leert sein Füllhorn der Gnade über unserem Unterfangen. Der Junge, den wir geschickt hatten, um Milch zu besorgen, hat unter Beachtung der Anweisung, die Saleem ihm mit auf den Weg gegeben hatte, einen Bogen um den Ort gemacht und einen unbedeutenderen Gasthof gefunden, wo man ihm gerne Milch verkauft hat. Die Frau dort war gerade damit beschäftigt, ein Tablett für eine junge Dame vorzubereiten, die vor Kurzem eingetroffen war – eine Dame, die in Begleitung eines Herrn reist. Die Frau erzählte ihrem Mann gerade, dass das Paar kein echtes Gepäck hatte, nur das, was sie bei sich trugen. Sie beschrieb den Gentleman als groß und gut aussehend – ein Mann mit militärischem Auftreten.
Unser junger Bursche ist kein Narr – er hat keine Fragen gestellt, denn es war klar, die Frau wusste weiter nichts. Er hat die Milch bezahlt und den Gasthof verlassen, ist aber
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