Ein sueßes Versprechen
Passagiere drängten sich dort in Trauben vor den Gangways zu den Schiffen, und auch Matrosen und Träger eilten umher, gingen an und von Bord, schleppten Kisten und Koffer, luden ein und aus – das Chaos, das herrschte, war nahezu umfassend. Rafe hatte das Gefühl, als müsse er überallhin gleichzeitig sehen.
»Ich habe keine Sektenanhänger entdeckt.« Hassan blieb neben Rafe stehen.
Loretta, die vor ihm stand und nicht weitergehen konnte, weil andere Passagiere ihr den Weg an Bord versperrten, schaute über ihre Schulter.
»Ich auch nicht.«
Rafe erwiderte ihren Blick und verlangte:
»Wenn Sie etwas bemerken, sagen Sie es einem von uns. Unverzüglich.«
Sie hob bloß die Brauen und blickte wieder nach vorn.
Grimmig trat er von einem Bein aufs andere. Weit davon entfernt, seine Besessenheit von ihr abzuschwächen, hatte der Umstand, dass er sich am Nachmittag zuvor auf ihre Lippen konzentriert hatte, höchstens zu noch lüsterneren Träumen in der Nacht geführt. Und daher bei ihm zu größerer Anspannung heute.
Das war besonders übel, weil sie keinen Hehl daraus machte, dass sie sich zwar zu ihm so hingezogen fühlte wie er zu ihr, aber nicht vorhatte, ihn zu ermutigen.
Er war nicht verwöhnt, aber er wunderte sich doch, weswegen das so war.
Noch eine Frage, auf die er keine Antwort finden konnte. Wenigstens nicht jetzt.
Schließlich verlor er die Geduld – sie steckten fest, und es bestand keine unmittelbare Gefahr –, daher verließ er seinen Posten hinter den Damen und überließ es Hassan, die Stellung zu halten. Er drängte sich an den Männern vorbei, die ihr Gepäck trugen, und bahnte sich dann unter Ausnutzung seiner Größe und der Breite seiner Schultern einen Weg durch das Gedränge zur Gangway an Bord der Uray Princep . Dort angekommen, blieb er wie ein Bollwerk stehen und winkte die Träger mit ihrem Gepäck zu sich und dann ihm voraus auf das Schiff, wohin er ihnen dann folgte.
Besatzungsmitglieder erschienen, um den Gepäckträgern ihre Last abzunehmen. Als Rafe an Bord kam, kam der Zahlmeister zu ihm geeilt, ein Brett mit verschiedenen Listen darauf in der Hand.
»Lady Congreves Reisegesellschaft«, teilte Rafe ihm mit. Er schaute auf die oberste Liste, während der Mann sie überflog. »Und Jordan und Rivers, die beiden letzten Namen. Wir begleiten die Damen und sind für ihre Sicherheit verantwortlich.«
»Ah ja, Sir.« Der Zahlmeister hob das oberste Blatt an und schaute auf das darunter – ein Lageplan der Kabinen.
»Unter den gegebenen Umständen müssen wir so weit wie möglich in der Nähe Ihrer Ladyschaft untergebracht werden.« Rafes Ton ließ keinen Widerspruch zu. Seine Hand glitt über das Brett, und eine große Goldmünze fiel auf das Blatt.
Nach kurzem Zögern neigte sich das Brett. Die Münze rutschte herunter und verschwand. Der Mann schaute auf, erwiderte Rafes Blick und studierte dann erneut den Kabinenplan.
»Lady Congreve hat die beste Kabine gebucht. Wir können Ihnen die nächste Kabine auf der Seite geben, und der Wache die gegenüberliegende. Wer zu Ihrer Ladyschaft gelangen will, muss dann an Ihren beiden Kabinen vorbeigehen. Wäre das in Ordnung?«
Rafe lächelte freundlich.
»Wunderbar.« Er warf dem Mann eine weitere Münze zu, die der geschickt auffing. Rafe drehte sich zur Gangway um und sah, dass Esme gerade an Bord geholfen wurde. »Da ist Ihre Ladyschaft auch schon.«
Sobald Esme einen Fuß aufs Deck gesetzt hatte, erschienen Kabinenjungen und geleiteten sie, Loretta und die Kammerzofen unter Deck. Rafe ließ Hassan auf seinem Wachposten und folgte ihnen, aber sobald er sich davon überzeugt hatte, dass die Frauen sicher in der geräumigen Kabine untergebracht waren, stieg er die Kajütentreppe wieder hoch. Auf dem Hauptdeck stand Hassan noch auf seinem Posten, aber Rafe ging nicht zu ihm, sondern auf das Aussichtsdeck am Bug des Schiffes. Rafe fand einen Holzstuhl, zog ihn an die Reling und setzte sich. Er konnte durch die Stäbe der Reling sehen, aber die hohe Seitenwand des Schiffes verhinderte, dass er vom Ufer aus gesehen werden konnte. Und zudem war es schwierig zu erkennen, dass er groß war, solange er saß.
Der Anblick und die Geräusche des Flusses hüllten ihn ein. Er beobachtete genau, entdeckte aber kein Anzeichen von Sektenanhängern, weder in der Nähe des Schiffes noch auf den Docks oder den Schiffen, die an- und ablegten. Das war nachlässig von Seiten der Sektenanhänger. Die Schwarze Kobra würde nicht zufrieden
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