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Ein sueßes Versprechen

Ein sueßes Versprechen

Titel: Ein sueßes Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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können. Durch die Decken spürte er ihre warme Hand auf seinem Knie. »Es gab so viele in den Dörfern und Siedlungen, die die Sekte überfallen hat. Frauen, Kinder, alte Leute auch. Es war die Hölle auf Erden – so oft die Hölle auf Erden.« Sie sagte ihm nicht, er solle aufhören, stand nicht auf, und ihre Hand blieb weiter auf seinem Knie liegen. Er schluckte. »Ich erinnere mich …«
    Und dann kam das Schlimmste aus ihm heraus. Die Bilder, die er zu oft gesehen hatte, sodass sie in das Innere seiner Augenlider eingraviert schienen. Die Gräuel, die Folter, das unvorstellbare Grauen.
    Loretta hörte ihm zu, saß ruhig da, und ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihm. Sie ließ ihn reden. Die Bilder entstanden und flogen vorüber, sie konnten sie nicht berühren, aber sie hielten ihn in ihrem Griff. Hatten ganz buchstäblich ihre Klauen tief in seinen Verstand geschlagen.
    Er war ein Soldat, ein Beschützer; er sah sich selbst als jemand, dessen heilige Pflicht es war, die Schwachen und Unschuldigen zu schützen, und ihn verfolgten die Geister all jener, von denen er glaubte, er habe sie im Stich gelassen.
    Obwohl das nicht stimmte.
    Sie lauschte, und wenn sie es nicht vorher schon gewusst hätte, bevor er es mit jedem Wort bekräftigt hatte, wie zutiefst loyal er war, wie pflichtbewusst und selbstlos hingebungsvoll er diese Aufgabe anging, so war sie sich jetzt dessen unumstößlich sicher.
    Nur ein Mann, dessen Gefühle tief genug gingen, konnte diese Qualen empfinden.
    Als seine Worte schließlich langsamer kamen und dann ganz versiegten, drückte sie ihm leicht das Knie und ließ ihn los, sagte die einzigen Worte, die ihr einfielen, die ihm die Bürde erleichtern konnten.
    »Ihre Albträume werden mit dem Ende der Mission seltener werden.« Er öffnete die Augen, sah sie an. Sie erwiderte seinen Blick, als sie aufstand. »Mit dem erfolgreichen Abschluss wird Ihre Schuld gesühnt sein.«
    Eine seiner Brauen wölbte sich, und seine Miene war unverhohlen skeptisch.
    Einen Augenblick lang sah sie ihn noch an.
    »Danke, dass Sie es mir erzählt haben. Jetzt weiß ich, warum es für Sie so wichtig ist, der Schwarzen Kobra das Handwerk zu legen. So Gott will, werden Sie am Ende siegreich dastehen.«
    Mit einem knappen Nicken wandte sie sich ab.
    »Ich werde Sie jetzt allein lassen, damit Sie schlafen können.«
    Rafe beobachtete, wie sie die Tür öffnete, auf den Flur trat und sie wieder leise schloss.
    Er starrte auf die Holzfläche, dann lehnte er sich zurück. Das war die seltsamste Episode mit einer Frau bislang in seinem Leben.
    Schlafen Sie, hatte sie ihm aufgetragen. Als ob er das könnte.
    Aber für sie würde er es wenigstens versuchen.
    Er schloss die Augen und holte tief Luft, entspannte sich und fand wirklich ungestörte Ruhe.

Kapitel 7
    7. Dezember 1822
    Zwei Tage später stand Rafe morgens an der Reling auf dem Aussichtsdeck, Loretta auf der einen Seite neben sich, Esme auf der anderen, und schaute zu, wie zwei kräftige Ochsengespanne über den Treidelpfad neben dem Fluss trotteten. Mit gewaltigen Tauen war das Schiff mit dem Gespann verbunden. Entlang dieser Strecke bedienten sich alle Schiffe der Zugtiere, um flussaufwärts zu gelangen. Seit dem Morgengrauen bewegten sie sich in dem Schneckentempo vorwärts.
    »Der Kapitän sagt, in Regensburg gibt es einen ausgezeichneten Apotheker.« Loretta beschattete ihre Augen und spähte flussaufwärts in Richtung der Stadt. »Dort müssten wir Salbe für Rafes Verwundung bekommen.«
    »So schlimm ist es nicht«, brummte er.
    »Wir dürfen keine Entzündung riskieren.« Ihr Tonfall war scharf. Sie warf ihm einen ebenso scharfen Blick von der Seite zu, bei dem er so tat, als habe er ihn nicht gesehen. »Ich habe doch schon gesagt, es ist immer noch gerötet.«
    Sie hatte darauf bestanden, morgens und abends die Wunde zu untersuchen und den Verband zu wechseln, mit ihm gestritten und sich gegen ihn behauptet, bis er nachgegeben hatte. Er hatte die Zähne zusammengebissen und ihre zugegebenermaßen geschickte Behandlung über sich ergehen lassen. Vermutlich brauchte er wirklich eine Salbe für die Stiche, und der Himmel wusste, ihm wäre echter Verbandsmull lieber als Streifen von ihren Unterröcken. Der Stoff war so weich und so unverkennbar weiblich, dass es ihn jedes Mal an sie erinnerte, wenn er den Verband auf seiner Haut spürte.
    Solche Folter konnte er nicht brauchen.
    Seit sie ihn auf eine so überaus wirkungsvolle Weise aus seinem Albtraum aufgeweckt

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