Ein sueßes Versprechen
wirklich.«
»Doch, wirklich – Sie ähneln hierin Esme.« Er blickte auf die Karten auf dem Tisch. »Sie gehen kalkulierte Risiken ein. Keine wilden Ausfälle, sondern Sie untermauern Ihre Ansichten – und Ihre Intuition.«
Sie verzog verächtlich das Gesicht.
»Ich bin nicht wie Esme – ich habe nicht ihren Mut.«
Als er nicht antwortete, hob sie den Blick von den Karten, sah ihm ins Gesicht … und versank in dem Sommerblau seiner Augen.
»Einer Dame, die einen Räuber mit Gebetbüchern abwehrt und dann hilft, ihn in einen Vorhang zu wickeln, mangelt es nicht an Mut.«
»Die anderen waren doch auch daran beteiligt. Ich habe lediglich geholfen.« Sie ordnete ihre Karten neu und rümpfte die Nase. »Außerdem war es notwendig.«
Nachdem er einen Moment seine Karten gemustert hatte, murmelte er:
»Leben ist notwendig.« Er wählte eine Karte, legte den König über die Königin und fing ihren Blick auf, als er die Karten zusammenschob. »Mein Stich, glaube ich.«
Sie machte einen unwilligen Laut und konzentrierte sich wieder auf ihre Karten.
Seine Bemerkung über ihre Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, auch wenn sie es genau abwog, blieb ihr im Gedächtnis, beschäftigte sie auch nach dem Kartenspiel noch, ja, sie ließ ihr keine Ruhe.
Später an diesem Abend, nachdem Esme und sie, Rose und Gibson sich in den Salon der Luxuskabine zurückgezogen hatten, saß Loretta mit angezogenen Beinen auf einer der Polsterbänke vor dem breiten Fenster und starrte durch die Scheiben in die undurchdringliche Nacht dort draußen.
»Ich gehe jetzt ins Bett, Liebes.« Esme blieb in der Tür zu ihrer Kabine stehen. »Ich muss wahrlich sagen, ich bin ja so froh, dass wir beschlossen haben, nach Buda zu gehen und auf der Donau weiterzureisen. Mit der gelegentlichen Aufregung wegen Rafes Mission und als Kontrast dazu der friedvollen Ruhe auf dem Fluss ist es wirklich überaus anregend.«
Loretta konnte nicht anders, sie musste lächeln.
»Gute Nacht. Ich werde noch eine Weile wach bleiben und gehe vielleicht sogar kurz noch an Deck frische Luft schnappen, bevor ich mich zu Bett begebe.«
Obwohl Esme nur winkte, um ihr Einverständnis zu signalisieren, und sich umwandte, um ihre Kabine zu betreten, entging Loretta nicht das wissende Zwinkern in den Augen ihrer unverbesserlichen Verwandten.
Sie hatte Rose bereits gesagt, dass sie sich ohne ihre Hilfe fürs Bett zurechtmachen wollte, sodass Rose Gibson zur Hand gehen würde, ehe die beiden Zofen sich in ihre Kabine zurückzogen.
Aber sie war noch nicht müde genug, um einschlafen zu können. Sie drehte sich um und stützte die Ellbogen auf die Fensterbank, lehnte ihr Kinn in die Hand und starrte blicklos in die tintenschwarze Nacht.
Rafes Bemerkung … hatte ihr etwas vor Augen geführt, etwas, dessen sie sich zwar bewusst gewesen war, das sie aber bislang weitestgehend ignoriert hatte.
Sie hatte sich verändert. Unwiderruflich.
Während der Reise und durch die Herausforderungen, die sich ihr gestellt hatten, die sie überwunden hatte, war ihr wahres Wesen zum Vorschein gekommen, und die Frau, die sie in Wahrheit war, war vom Scheitel bis zur Sohle eine Michelmarsh.
Sie hatte nicht geahnt, wie stark ihr ursprüngliches Wesen war, wie ihre wilde und impulsivere Natur sein würde. Werden konnte. Sie hatte nicht vorhergesehen, dass sie Rafe Carstairs treffen und ihm verfallen könnte.
Wenn sie in seiner Nähe war, mit ihm zu tun hatte, dann drängte sich ihr wahrer Charakter stärker an die Oberfläche.
Ihre züchtige und anständige Maske war verschwunden – oder eher ihre strenge Selbstdisziplin, sich dahinter zurückzuziehen, war geschwächt. Zudem konnte sie sich nicht vorstellen, je wieder dazu zurückzukehren, wieder diese anständige junge Dame zu werden, gleichgültig, wie viel leichter ihr Leben dadurch wurde. Nicht nachdem sie auf den Geschmack gekommen war, wie es war, sie selbst zu sein.
Was, wie sie sich eingestand, das war, was Esme hatte erreichen wollen.
Sie war nicht so närrisch, so unreif, sich gegen das Ergebnis zu wehren, nur weil es von Anfang an Esmes Ziel gewesen war. Aber sich von ihrem früheren Ich, von ihrer Vergangenheit zu verabschieden, hatte sie mit der Frage zurückgelassen, was für eine Frau sie von jetzt an sein wollte. Die Antwort schien ihr unendlich klar.
»Gute Nacht, Miss.« Rose winkte, als sie Esmes Kabine verließ und zu ihrer eigenen ging. »Soll ich das Licht herunterdrehen?«
»Danke.« Loretta wartete, bis das
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