Ein sueßes Versprechen
Route zu entscheiden. Mit seiner auffälligen Körpergröße und dem blonden Haar wäre es besonders ihm schwergefallen, Italien und Frankreich unbemerkt zu durchqueren.
Der zweite Ort, den sie am Vortag noch aufgesucht hatten, war ein Büchsenmacher gewesen. Rafe hatte Pistolen, Munition und Schießpulver auf Vorrat gekauft. Die eine echte Schwäche der Sektenanhänger war eine abergläubische Furcht vor Schusswaffen. Rafe war entschlossen, diese Tatsache nach Kräften zu seinem Vorteil zu nutzen. Er und Hassan trugen nun beide geladene Pistolen am Leib.
Zusätzlich waren sie auch mit ihren Säbeln bewaffnet und den Messern, ohne die sie sich ganz nackt fühlen würden. Auch wenn die großen Kriege in Europa vorüber waren, gab es immer noch Unruheherde, und Partisanen und Wegelagerer bedeuteten noch eine Gefahr, weswegen mit Säbeln bewaffnete Reisende keine Seltenheit waren. Und die Messer sah niemand.
Rafe hatte auch einen Kartenzeichner aufgespürt, bei dem er die besten Landkarten, die für die Gegenden erhältlich waren, durch die sie kommen würden, erstand. Er und Hassan hatten den ganzen vorigen Nachmittag die Route studiert, die sie zu nehmen planten, dann hatten sie den Wirt und die anderen Gäste um Rat gefragt, welche Flussreederei empfehlenswert sei.
Hassan blickte zu den Kaianlagen auf der anderen Straßenseite.
»Den Fluss zu nehmen ist ein guter Plan. Der Kult wird vermutlich nicht auf die Idee kommen.«
Rafe nickte.
»Wenigstens nicht sofort.« In Indien wurden Flüsse nicht für Reisen über weite Entfernungen benutzt, wie es auf Donau und Rhein üblich war. Und da die Mehrheit der Sektenanhänger nicht schwimmen konnte, war es eindeutig besser, wenn sie auf einem Flussschiff waren, als in Hotels und Gasthöfen an Land einzukehren. »Nach Auskunft des Schiffsagenten sollte uns die Reise per Schiff einen Tag eher als nötig nach Rotterdam bringen – es besteht also keine Notwendigkeit, noch weitere Rast einzulegen, um Wolverstones Zeitplan einzuhalten.«
»Bislang haben wir hier noch keine Sektenanhänger zu Gesicht bekommen«, bemerkte Hassan. »Nicht einer von ihnen war an den Docks. Wenn überhaupt welche in der Stadt sind, müssen sie die Postgasthöfe und die Straßen nach Westen überwachen.«
Rafe folgte Hassans Blick zu dem Fluss voller großer und kleiner Wasserfahrzeuge, dann blickte er zu der Steinbrücke, die Buda mit Pest auf der gegenüberliegenden Seite der Donau verband, und murmelte:
»Wenn sie in Konstanza Männer hatten, dann haben sie auch hier welche. Wir müssen auf der Hut sein.«
Er begann am Ufer entlangzugehen, und Hassan hielt sich neben ihm. Sie waren auf dem Weg zu dem kleinen Gasthaus, in dem sie Zimmer genommen hatten.
»Die Schwarze Kobra wird in jeder größeren Stadt entlang der Landstraßen Leute stationiert haben«, erklärte Rafe. »Hier, in Wien, München und Stuttgart, Frankfurt und Essen und noch weiteren. Indem wir den Fluss nehmen, umgehen wir die meisten, aber auf dem ersten Teil der Reise auf der Donau liegt Wien. Es lässt sich nicht vermeiden, dass wir die Stadt betreten. Aber die restlichen Städte entlang des Flusses sind wesentlich kleiner und liegen zumeist abseits großer Handelswege.« Das war ja auch der Grund gewesen, weshalb sie sich für diese Art der Reise entschieden hatten. »Nichtsdestoweniger sollten wir uns um Tarnung bemühen. Wir brauchen eine glaubhafte Geschichte, die untermauert, dass wir sind, wer wir zu sein scheinen – eine Aufgabe, ein Ziel, einen Grund für unsere Reise.«
Sie waren an einer Kreuzung angekommen, an der eine schmale Kopfsteinpflastergasse aus einem eleganteren alten Stadtviertel in die Uferstraße mündete.
»Nein!«
Bei dem schrillen Schrei einer Frau blieben sie jäh stehen und schauten die Gasse entlang.
In den Schatten eines hohen Gebäudes wehrte sich eine ältere Frau – eine Dame, ihrer Kleidung nach zu schließen – gegen zwei Schurken, die sie gegen eine Hauswand gedrängt hatten und nach ihren Armen griffen, offensichtlich, um ihr das Retikül abzunehmen, die Armreifen und ihre Ringe.
Auf der Straße war sonst niemand zu sehen.
Rafe und Hassan rannten hin und erreichten die Frau, bevor sie den nächsten Schrei ausstoßen konnte.
Ihre Angreifer ahnten nichts, sie rangen weiter mit ihr, während sie sich ihrer atemlos weiter zu erwehren versuchte, und merkten erst, dass sich das Kräfteverhältnis zu ihren Ungunsten verschoben hatte, als Rafe einen der beiden am Kragen fasste und
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