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Ein Tag im Maerz

Ein Tag im Maerz

Titel: Ein Tag im Maerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Thompson
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sich nicht verbrannte.
    »Genau. Das ist ganz offiziell deprimierend«, sagte Bryony und erhob sich unvermittelt. »Komm schon, ich fordere dich zu Jenga heraus!« Sie hob die Schachtel auf, die in der Mitte des Raumes lag.
    Sie spielten bis drei Uhr morgens. Als Bryony am nächsten Vormittag auf dem Sofa erwachte, sangen die Vögel, und sie kuschelte sich an Adams Brust.

30
    Das Opfer war sie.

    Samstag, 20. Juni 2009
    Ealing, West-London
    11 Uhr
    »Ich fasse es nicht, dass du mir das antun konntest«, sagte Rita. Sie saß ihrer Tochter gegenüber und hielt sich ein rosa Papiertaschentuch an die Augen. Ihre dicke schwarze Schminke rann auf ihre Wangen und wurde nur unzureichend von ihren zitternden Händen weggewischt.
    Edward kauerte auf dem Rand des Sofas. Er trug noch immer seine Sportkleidung, und sein wohlgenährter Bauch hing über den Saum seiner teuren Trainingshose. Im Hintergrund flackerte das Frühstücksfernsehen, auf stumm gestellt   – die Moderatoren sprachen über die neuesten Sänger, aber sie machten keinen   Laut.
    Edward war weit gelaufen, eine hüglige Strecke, denn er hatte gewusst, dass er vor Rachels Rückkehr Spannung abbauen musste. Der Tag, vor dem ihm und seiner Frau immer gegraut hatte, war gekommen. Dass er irgendwann kam, war unausweichlich gewesen, wenn er es sich genau überlegte. Er konnte kaum fassen, wie naiv sie gewesen waren zu glauben, die Wahrheit käme niemals ans Licht. Jetzt schien es, als wäre die Adoption ein schmutziges Geheimnis. Tatsächlich war alles, was seit dem Tag geschah, an dem Rachel als Baby in ihrem Haus eintraf, mit nichts anderem als den besten Absichten getan worden.
    Rachel saß auf dem dicken Teppich im Wohnzimmer. Sie hatte ihre Füße in ein Paar neue Spitzenschuhe gesteckt, die sie zu Hause einlaufen wollte, und ein Paar dicke Socken darüber gezogen. Edward wusste, dass dieser Vorgang mit geradezu militärischer Präzision ausgeführt wurde. Selbst wenn sie Freunde zum Abendessen besucht hatte, zog sie die Schuhe an, kaum dass sie zur Haustür hereingekommen war. Sie bog die Füße ständig darin, auch beim Essen unter dem Tisch.
    » Dir habe ich gar nichts angetan, Mum«, entgegnete Rachel. Sie spürte, wie ihre Augenbrauen unter dem Stress der Situation zitterten. So reagierte sie nur unter höchster Anspannung: wenn sie auf den Rückruf nach einem Vortanzen wartete oder Richard zur Rede stellte, weshalb er nach Armani Code roch, wenn er von einer Party kam.
    Selbst Simba hatte die schlechte Stimmung bemerkt und war in den Garten geflohen. Dort versuchte er, ein armes, glückloses Nagetier zu fangen, das er als Geschenk zurückbringen konnte, um die Familie wieder zusammenzukitten.
    »Warum um alles in der Welt hast du sie zum Ballett eingeladen, ohne mir etwas zu sagen, warum? Warum hast du mir überhaupt nie etwas davon erzählt? Es verletzt mich maßlos.« Ritas Augen waren rot und geschwollen.
    Rachel spürte, wie etwas in ihr geschah. So hätte das Gespräch nicht verlaufen sollen. Vielmehr hätten ihre Adoptiveltern sich vor Entschuldigungen überschlagen sollen, weil sie sie belogen hatten und ihr Leben ausgerechnet in solch einem entscheidenden Moment durcheinanderbrachten. Trotzdem versuchte Rachel ruhig zu bleiben. Sie wollte wirklich ruhig bleiben. »Ich wusste ja gar nicht, dass du dort sein würdest. Und dass ihr nebeneinandergesessen habt   – wie groß ist denn die Chance dafür? Das ist verrückt. Und ich bin sauer, weil ihr mir nichts davon gesagt habt«, fuhr sie fort und zupfte gereizt anihren Schuhbändern, die fest um ihre Fesseln gebunden waren. Wieder schien die Wut ihre Seele zu erfüllen, und sie hätte ihr am liebsten freien Lauf gelassen. Doch sie wusste, dass sie das nicht konnte   – dieses eine Mal musste sie einen kühlen Kopf bewahren.
    Edward ließ sich aufs Sofa zurücksinken und wischte Schweißperlen von seiner Stirn, die seit seinem Lauf aus seinem zurückweichenden Haaransatz sickerten.
    »Um fair zu bleiben, Rita, Darling, ich glaube nicht, dass Rachel es mit Absicht –«
    »Ach, halt den Mund, Edward«, fuhr Rita ihn an und drängte ihn aus einem Gespräch, das ihn genauso sehr anging wie sie. Seine buschigen Augenbrauen sprangen ein paar Zentimeter weit hoch und senkten sich langsam wieder.
    »Wann und wie   – wie um alles in der Welt hast du es herausgefunden?«, fragte Rita und kniff die Augen zusammen. Sie nestelte am bestickten Saum ihrer Bluse.
    »Hat es dir jemand erzählt, Liebes, jemand

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