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Ein Tag ohne Zufall

Ein Tag ohne Zufall

Titel: Ein Tag ohne Zufall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearson Mary E.
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nach ein paar Schritten stehen. Soll sie doch! Soll sie sich an Aidan ranschmeißen und sich lächerlich machen. Geschieht ihr ganz recht.
    Mira ist jetzt bei den beiden Jungen angekommen. Sie wechseln ein paar Worte, dann verlässt Seth die Gruppe und kommt in meine Richtung.
    Er springt über den Bach und lässt eine Ladung Klee und Gras vorn ins Auto fallen. Wenn es um Lucky geht, werfen wir offenbar jeglichen Ordnungssinn über Bord. »Mira hat gesagt, du willst was von mir?«
    »Ich soll was von dir wollen?«, erwidere ich belustigt. »Diesen billigen Trick durchschaut Aidan doch sofort.«
    »Ach so.« Seth grinst. »Stimmt, es hat irgendwie geknistert.«
    Ich zucke die Achseln. »Bei Mira knistert es jedenfalls.«
    »Bei Aidan aber auch.«
    »Bei Aidan, diesem Langweiler? Red keinen Stuss.«
    »Langweiler hin oder her, jedes Mal, wenn er ihren Namen ausspricht, kriegt er Sternchenaugen, und er spricht ihn ziemlich oft aus. Da drüben auf der Wiese mindestens drei Mal.«
    »Das bildest du dir ein.« Ich drücke den Türgriff herunter und will einsteigen. »Wenn da wirklich was knistern würde, hätte ich es ja wohl als Erste mitgekriegt.«
    Seth greift an und hält die Tür fest. »Vielleicht kriegst du ja doch nicht alles mit.«
    Ich lasse den Türgriff wieder los. Meine Arme und Beine fühlen sich auf einmal eckig und unbeholfen an. Jemand anders zu sein, und sei es nur einen Tag lang, ist anstrengend. Wäre ich im Internat geblieben, hätte ich mich gar nicht erst in so eine Unterhaltung verwickeln lassen, dann würde ich jetzt nicht so dicht vor Seth stehen, dass ich ihn beim Reden fast anspucke. Oder habe ich ihn schon angespuckt? Seth hat kein Gespür für Abstand. Ich verlagere mein Gewicht auf den anderen Fuß und verschränke die Arme, wobei ich darauf achte, nicht gegen seine Brust zu stoßen. Warum ist er so nah herangekommen? Mir wird heiß, und als ich Luft hole, geht mein Atem ein bisschen zittrig.
    »Kann schon sein«, sage ich.
    Seth sieht mich einen Augenblick lang an, dann nimmt er die Hand weg. Er geht ein paar Schritte vom Auto weg ans Bachufer, wo er sich auf einen moosbewachsenen Stein setzt. Er legt die Hände erst auf die Oberschenkel, dann auf die Knie und dann wieder auf die Oberschenkel. Anscheinend ist meine Verunsicherung ansteckend. »Aidan hat mir das mit deiner Tante erzählt. Das mit den Reifen. Echt übel.«
    »Stimmt.«
    »Sag mal … was hat es denn nun mit dem heutigen Tag auf sich? Aidan hatte den Eindruck, du hättest die schlechte Nachricht von deiner Tante irgendwie erwartet.«
    Er fragt so vorsichtig, als wäre ich zerbrechlich wie Glas. Ich bin aber nicht zerbrechlich. Wäre ich zerbrechlich, wäre ich schon längst in tausend Stücke zersprungen. Vielleicht habe ich ein paar Risse, aber die hat die Akropolis auch. »Ich hab nicht drauf gewartet. Der Anruf hat mir nur bestätigt, dass an manchen Tagen einfach alles schiefgehen muss.«
    »Wohnt deine Tante in Langdon? Fahren wir deswegen dorthin?«
    »Nein, meine Tante wohnt … sie wohnt in Chatsworth. Das ist weiter südlich, ungefähr sechs Stunden Fahrt vom Internat. Ich dachte, das ist euch bestimmt zu weit, außerdem hätten wir dazu erst mal durch Hedgebrook durchfahren müssen.«
    Seth nickt. »Du willst also aus keinem bestimmten Grund nach Langdon?«
    Weiß er etwas? Ich setze mich auf einen Stein neben ihn. »Nein. Wieso?«
    »Weil du genau gewusst hast, wie viele Meilen es bis dorthin sind. Das ist schon auffällig, vor allem, wenn jemand selber nicht fahren kann.«
    »Langdon ist eine Stadt wie jede andere. Es ist einfach die nächstgelegene Stadt für einen Tag wie heute.«
    »Einen Tag, an dem alles ist, wie es sein soll«, sagt er wie zur Bekräftigung.
    »Ja.«
    »Ich geb’s ja zu, als du mich heute Morgen angesprochen hast, war ich grade stinksauer. Ich hab schon überlegt, wie ich aus Hedgebrook wegkomme, eine Weile jedenfalls. Dein Timing war echt verblüffend.«
    »Oder aber es war eine glückliche Fügung. Du hast anscheinend vorhin nicht zugehört.«
    Ich merke selbst, dass ich belehrend klinge. Kommt sich Seth jetzt auch vor, als ob ich ihm herablassend den Kopf tätscheln würde? Das war nicht meine Absicht, aber ich habe es offenbar trotzdem bewirkt. Konversation ist nicht mein Spezialgebiet, das steht mal fest.
    »Es war nicht nur dein Strubbelkopf«, platze ich heraus.
    Er schaut mich wieder an. »Hä?«
    Er hat mich sehr wohl verstanden. Warum zwingt er mich, es zu wiederholen? »Mir ist

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