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Ein Tag ohne Zufall

Ein Tag ohne Zufall

Titel: Ein Tag ohne Zufall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearson Mary E.
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würde: »Das ist echt ein irrer Zufall!«
    Ich bin zufrieden. Manchmal ist es auch ganz einfach. »Dem habe ich nichts hinzuzufügen«, sage ich.
    »Glaub ich nicht«, kommt es von Aidan.
    Wo er recht hat, hat er recht. »Ich würde mal behaupten, du bist der eine Mensch von einer Million, dem es gelingt, zum Präsidenten vorgelassen zu werden und sich mit ihm über ein Thema auszusprechen, über das er sich kurz vorher noch aufgeregt hat.«
    »Ich hab mich nicht aufgeregt.«
    »Ansichtssache. Aber da wir gerade bei Präsidenten und Zufällen sind … habt ihr schon mal das von Kennedy und Lincoln gehört? Was die beiden für scheinbar zufällige Gemeinsamkeiten hatten?«
    Aidan verdreht die Augen.
    Seth wirft ihm über den Rückspiegel einen strengen Blick zu. »Erzähl mal!«
    »Beide fielen einem Attentat zum Opfer«, sagt Mira eifrig.
    »Auch. Aber das ist noch nicht alles. Abraham Lincoln wurde 1846 Kongressmitglied und Kennedy 1946, genau hundert Jahre danach! Dann wurde Lincoln 1860 zum Präsidenten gewählt und Kennedy wurde wieder hundert Jahre danach Präsident.«
    Seth und Mira halten beide vernehmlich die Luft an. Aidan brummelt bloß: »Aha.«
    »Das war erst der Anfang«, sage ich. »Beide hatten einen Südstaatler namens Johnson als Nachfolger, und die beiden Johnsons wurden genau hundert Jahre nacheinander geboren.«
    Noch größeres Staunen. »Lincoln ist an einem Freitag gestorben und …«
    »… Kennedy etwa auch?«, fragt Mira ungläubig.
    »Richtig. Soll ich noch weitermachen?«
    Seth und Mira antworten mit einem lauten: »Ja!«, Aidan nickt.
    »Als Lincoln erschossen wurde, saß er neben seiner Frau in einem Theater, das von einem gewissen John Ford erbaut wurde. Als Kennedy erschossen wurde, saß er neben seiner Frau in einem Auto, das von Henry Ford gebaut wurde. Ach ja … und Kennedys Ford war ein Modell ›Lincoln‹!«
    »Ist ja gut!«, unterbricht mich Aidan. »Es gab also eine Menge Übereinstimmungen, die man nur schwer erklären kann.«
    Ich drehe mich um. »Danke schön, Aidan. Mehr wollte ich von dir gar nicht hören.«
    »Trotzdem kommen solche Übereinstimmungen immer wieder vor. Schon mal vom Gesetz der großen Zahl gehört?«
    War eigentlich klar, dass ausgerechnet Aidan damit ankommt. »Ja, davon hab ich schon gehört.«
    »Ich nicht«, sagt Mira.
    Aidan räuspert sich. »Diese Theorie besagt, dass sich ein Zufall umso wahrscheinlicher ereignet, je mehr Zeit vergeht und je mehr Vergleichsobjekte man betrachtet.«
    »Zwischen Lincoln und Kennedy liegen aber nur hundert Jahre und neunzehn andere Präsidenten«, kontere ich. »Eine ziemlich kleine Vergleichsmenge.«
    »Aber insgesamt gesehen, wenn man den gesamten Lauf der Geschichte betrachtet …«
    »Schon gut. Wenn man hunderttausend Affen nimmt und sie …«
    »Sie was?«, fragt Mira.
    Ich massiere mir die Schläfen. »… sie fünf Minuten lang mit Aidan zusammensperrt, dann haben hinterher alle hunderttausend Affen Kopfschmerzen.«
    »Ich weiß ja auch nicht, ob es nun Zufall oder Schicksal war, dass Aidan neben dem Präsidenten gepinkelt hat, aber ich find’s gut«, meldet sich Seth wieder zu Wort. »Was er dem Präsidenten gesagt hat, war wichtig.«
    Mira beugt sich so weit vor, dass sie mir praktisch ins Ohr spricht: »Und weil wir alle irgendwie an Aidans schicksalhafter Begegnung beteiligt waren, sind wir jetzt auch irgendwie wichtig.«
    Die Kraft, die uns mitreißt … Da ist sie wieder, in ihren Stimmen. Auf einmal bereue ich, dass ich Aidan mit meiner Rechthaberei seinen Triumph vermiest habe. Jeder Mensch hat einen großen Tag verdient. Seth hat ganz recht. Für Aidan spielt es keine Rolle, wie oder warum es passiert ist, es
ist
passiert, und damit basta. Damit ist der Vorschul-Revoluzzer rehabilitiert. Ich nutze die letzten Meter meiner neunzehn Meilen: »Ich find’s auch wichtig, dass du mit dem Präsidenten gesprochen hast, Aidan. Und dass gerade
du
an Ort und Stelle warst, um mit ihm zu sprechen. Wie es dazu kam, ist doch egal.«
    Erst bleibt Aidan stumm, dann sagt er so leise und bescheiden: »Danke«, dass er gar nicht wie er selbst klingt. Aber er fängt sich gleich wieder und setzt hinzu: »Ich möchte übrigens darauf hinweisen, dass es wieder um die Zahl Neunzehn geht. Neunzehn Präsidenten zwischen Lincoln und Kennedy … echt interessant.«
    Ich lasse mich wortlos in meinen Sitz zurücksinken. Das war mir gar nicht aufgefallen.

13
    Je weiter wir nach Norden fahren, desto flacher werden die

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