Ein Tag wie ein Leben
heiraten,
stimmt’s?«
Auf einmal war es, als stünden wir ganz allein hier unten an der
Treppe in Noahs Haus. Nur noch Jane und ich. Mit feuchten Augen
schaute sie mich an, und ich dachte an all die Dinge, die ich im vergangenen Jahr heimlich arrangiert hatte - Urlaub genau zum richtigen
Zeitpunkt, der Fotograf und der Catering Service, die exakt am gewünschten Wochenende »zufällig« einen Termin freihatten, Hochzeitsgäste ohne Reisepläne, Handwerker, die es einrichten konnten,
das Haus in wenigen Tagen zu renovieren.
Es dauerte eine Weile, bis Jane den Schock überwunden hatte, aber
nach und nach dämmerte ihr, was hier gespielt wurde. Und als sie
begriff, worum es an diesem Wochenende tatsächlich ging, schüttelte
sie ungläubig den Kopf.
»Meine Hochzeit?«, hauchte sie kaum hörbar.
Ich nickte. »Die Hochzeit, die ich dir vor langer Zeit schon hätte
schenken sollen.«
Jane wollte natürlich sofort sämtliche Einzelheiten erfahren, aber
ich unterbrach sie und nahm Anna den Brautschleier ab, den sie immer noch in der Hand hielt.
»Ich erzähle dir alles beim Empfang«, versprach ich und setzte Jane
vorsichtig den Schleier auf. »Die Gäste werden schon ungeduldig.
Joseph und ich werden vorn beim Pfarrer erwartet, das heißt, ich
muss mich vorübergehend von dir verabschieden. Vergiss den Brautstrauß nicht!«
»Bitte… warte!«, flehte Jane.
»Ich kann leider nicht bei dir bleiben«, sagte ich liebevoll. »Du
weißt doch - ich darf dich eigentlich vor der Trauung gar nicht sehen! Aber es sind ja nur ein paar Minuten.«
Ich spürte die Blicke der Gäste, als Joseph und ich in Richtung
Laube strebten. Gleich darauf standen wir neben Harvey Wellington,
den ich gebeten hatte, die Trauungszeremonie zu übernehmen.
»Du hast die Ringe, stimmt’s?«, fragte ich Joseph.
Er klopfte sich auf die Brusttasche seines Smokings. »Da sind sie,
Pop. Ich hab sie vorhin auftragsgemäß abgeholt.«
Im Westen versank langsam die Sonne hinter den Bäumen, der
Himmel verfärbte sich grau. Mein Blick wanderte über die Gäste. Ich
hörte ihr gedämpftes Flüstern, und mich überkam ein tiefes Gefühl
der Dankbarkeit. Kate, David und Jeff saßen mit ihren Ehepartnern
in der ersten Reihe, direkt hinter ihnen saß Keith, und dann kamen
die Freunde, die Jane und mich all die Jahre hindurch - also praktisch
unser ganzes Leben lang - begleitet hatten. Ich war jedem einzelnen
von ihnen zu Dank verpflichtet, denn ohne ihre Hilfe und Unterstützung hätte ich es nie geschafft, dieses Fest heimlich zu organisieren.
Manche hatten mir Fotos für das Album geschickt, andere hatten mir
geholfen, genau die richtigen Leute zu finden, mit denen ich meinen
Hochzeitsplan in die Tat umsetzen konnte. Aber meine Dankbarkeit
ging weit über diesen konkreten Anlass hinaus. In Zeiten wie diesen
schien es fast unmöglich, darauf zu hoffen, dass jemand ein Geheimnis hütete, aber voller Enthusiasmus hatten sie sich alle mein Vorhaben zu Eigen gemacht und eisern geschwiegen, und nun hatten sie
sich hier versammelt, um mit uns diesen wichtigen Augenblick in
unserem Leben zu feiern.
Ganz besonders aber wollte ich Anna danken. Hätte sie sich nicht
einverstanden erklärt, ihre Rolle zu spielen, wäre mein Plan von
vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Ganz leicht war es ihr
bestimmt nicht gefallen, dauernd aufzupassen, dass sie sich nicht
verplapperte, und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Jane mitmachte.
Auch für Keith war es eine Belastung gewesen, aber er hatte sich
hervorragend bewährt - bestimmt gab er eines Tages einen erstklassigen Schwiegersohn ab. Und wenn die beiden dann tatsächlich heiraten würden, wollte ich Anna genau die Hochzeit ermöglichen, die
sie sich erträumte, ohne Rücksicht auf die Kosten.
Auch Leslie war unglaublich hilfreich gewesen. Sie war es, die Jane
überredet hatte, in Greensboro zu übernachten, und sie war extra
noch in die Boutique gefahren, um das Kleid für Anna abzuholen.
Und immer wieder hatte ich sie angerufen, um sie zu fragen, wie ich
die Hochzeit noch schöner, noch romantischer gestalten könnte. Dafür war sie genau die Richtige. Von ihr stammte beispielsweise auch
der Vorschlag, Harvey Wellington und John Peterson zu fragen, ob
sie nicht mitmachen wollten.
Und dann natürlich Joseph! Anfangs war er verständlicherweise relativ skeptisch gewesen, als ich ihm meinen Plan unterbreitete. Doch
dann hatte er sich schließlich überzeugen lassen und sich genauso
Weitere Kostenlose Bücher