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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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wächst zwischen den
Steinplatten hübsches Unkraut.«
Jane musste lachen. »Wo haben deine Eltern sich kennen gelernt?«
»In Washington. Sie kommen beide von dort, und sie haben sich
kennen gelernt, weil sie beide im Verkehrsministerium arbeiten. Ich
glaube, eine Weile waren sie sogar in derselben Abteilung, aber viel
mehr weiß ich nicht. Sie haben sonst keine Details erzählt.«
»Haben sie irgendwelche Hobbys?«
Ich überlegte und versuchte, mir meine Eltern vorzustellen. »Meine
Mutter schreibt leidenschaftlich gern Leserbriefe an die Washington
Post. Ich glaube, am liebsten würde sie die ganze Welt verändern.
Sie stellt sich immer auf die Seite der Unterdrückten und Benachteiligten und hat natürlich dauernd tolle Ideen, wie man die Gesellschaft
verbessern könnte. Ich glaube, sie schreibt einen Leserbrief pro Woche. Nicht alle werden gedruckt, aber wenn einer erscheint, schneidet
sie ihn aus und klebt ihn in ein Notizbuch. Und mein Dad… er ist
eher ein stiller, zurückhaltender Typ. Er baut Buddelschiffe. Im Laufe der Jahre hat er ein paar Hundert Schiffe gebastelt, und als wir auf
den Regalen keinen Platz mehr hatten, stiftete er die nächsten Modelle irgendwelchen Schulen, als Ausstellungsstücke für die Bibliotheken. Kinder lieben so was.«
»Kannst du das auch, solche Schiffe basteln?«
»Nein. Es ist Dads Art, sich von allem zurückzuziehen. Er hatte
keine Lust, mir die ganze Technik beizubringen - er fand, ich solle
mir ein eigenes Hobby suchen. Aber ich durfte ihm zusehen. Solang
ich nichts anfasste.«
»Wie schade.«
»Mir hat das nichts ausgemacht«, erwiderte ich. »Ich kannte es ja
nicht anders, und es war echt interessant.
Er redete nicht viel dabei, aber ich fand es schön, einfach mit ihm
zusammen zu sein.«
»Hat er sonst mit dir gespielt? Fangen oder Versteck? Oder seid ihr
zusammen Fahrrad gefahren?«
»Nein, nie. Er war nicht gern draußen im Freien. Er interessierte
sich nur für seine Schiffe. Aber ich habe gelernt, was es heißt, Geduld zu haben.«
Jane senkte den Blick und studierte ihre Schuhe. Ich wusste, dass
sie in Gedanken meine Erfahrungen mit ihren eigenen verglich.
»Heißt das, du bist ein Einzelkind?«
Ja, ich war Einzelkind, und das, was ich ihr jetzt sagte, hatte ich
vorher noch niemandem anvertraut, aber Jane wollte ich gern erklären, warum meine Eltern nur mich hatten. Schon damals empfand ich
den Wunsch, mich ihr zu offenbaren. Es schien mir wichtig, dass sie
über mich Bescheid wusste. »Meine Mutter konnte keine Kinder
mehr bekommen. Nach meiner Geburt hatte sie schwere Blutungen,
und danach war es lebensgefährlich für sie, noch einmal schwanger
zu werden.«
»Wie traurig.«
»Ja, ich glaube auch, dass es ihr viel ausgemacht hat.«
Inzwischen hatten wir die Zentralkapelle des Campusgeländes erreicht und blieben stehen, um die Architektur zu bewundern.
»So viel hast du mir noch nie über dich erzählt, jedenfalls nicht an
einem Stück«, sagte Jane.
»So viel wie dir habe ich überhaupt noch nie einem Menschen erzählt.«
Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr strich. »Ich glaube, jetzt verstehe ich dich ein
bisschen besser«, murmelte sie.
»Und? Ist das gut?«
Statt zu antworten, schaute sie mich nur an, und mir wurde klar,
dass ich die Antwort längst kannte.
Im Grunde sollte ich mich genau daran erinnern, was dann kam,
aber ehrlich gesagt - die darauf folgenden Momente habe ich vergessen. Ich weiß nur noch, dass ich Janes Hand nahm und sie an mich
zog. Sie schien etwas überrascht, aber als sie sah, dass sich mein Gesicht dem ihren näherte, schmiegte sie sich an mich und schloss erwartungsvoll die Augen. Und sobald ihre Lippen meinen Mund berührten, wusste ich, dass ich unseren ersten Kuss niemals vergessen
würde.
    Ich hörte, wie sie jetzt am Telefon mit Leslie redete. Sie klang noch
immer wie das Mädchen, mit dem ich an jenem Sonntag über den
Campus geschlendert war. So jung, so lebendig! Sie redete ununterbrochen, und zwischendurch lachte sie vergnügt. Man hätte denken
können, Leslie säße neben ihr.
    Ich setzte mich auf das Sofa am anderen Ende des Zimmers und
horchte mit halbem Ohr. Früher hatten Jane und ich oft ausgedehnte
Spaziergänge gemacht und dabei intensive Gespräche geführt, aber
meinen Platz hatten längst andere eingenommen. Bei den Kindern
hatte Jane offenbar nie Probleme, ein gemeinsames Thema zu finden.
Und auch wenn sie ihren Vater besuchte,

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