Ein Tag wie ein Leben
etwas sagte!
»Und was ist mit ihrem Freund, dem Pastor?«, wollte ich wissen.
»Sie hat ihn gestern Abend noch angerufen, und er hat sofort zugesagt.«
»Ausgezeichnet! Ein Problem weniger auf deiner Agenda.«
»Stimmt.« Jane schwieg. Ich wusste, dass sie in Gedanken schon
wieder bei den bevorstehenden Erledigungen war.
»Ich glaube, ich brauche deine Hilfe«, sagte sie schließlich. »Inwiefern?«
»Na ja - zum Beispiel müssen wir einen Smoking für dich ausleihen. Und natürlich auch einen für Keith und Joseph. Und für Daddy,
versteht sich.«
»Kein Problem.«
»Außerdem will Anna noch die Namen von den Leuten aufschreiben, die sie gern dabeihaben möchte. Für schriftliche Einladungen
reicht die Zeit nicht mehr, deshalb muss jemand sie alle anrufen. Und
weil ich dauernd mit Anna unterwegs sein werde, während du Urlaub
hast…«
»Na klar! Das mache ich doch gern. Ich kann gleich morgen früh
damit anfangen.«
»Weißt du, wo das Adressbuch liegt?«
An solche Fragen habe ich mich im Laufe der Jahre gewöhnt. Jane
glaubt, ich bin von Natur aus unfähig, bestimmte Gegenstände in
unserem Haus zu finden. Sie ist außerdem davon überzeugt, dass ich
manchmal etwas verlege und dann ihr die Verantwortung zuschiebe,
als müsste sie wissen, wo ich die Sachen hingeräumt habe. Aber das
stimmt beides nicht ganz. Jedenfalls ist es nicht ausschließlich meine
Schuld. Richtig ist, dass ich nicht immer weiß, wo sich jede einzelne
Kleinigkeit im Haus befindet. Aber das hängt eher mit unseren unterschiedlichen Ordnungssystemen zusammen und ist durchaus kein
Versagen meinerseits. Meine Frau ist zum Beispiel der Ansicht, dass
eine Taschenlampe logischerweise in die Küchenschublade gehört,
während ich finde, sie sollte in der Kammer, in der die Waschmaschine und der Trockner stehen, aufbewahrt werden. Als Folge davon
wandert die Lampe von einem Ort zum andern, und da ich nicht zu
Hause arbeite, kann ich diese Wanderschaft unmöglich verfolgen.
Und wenn ich meine Autoschlüssel auf die Kommode lege, sagt mir
eigentlich mein logischer Verstand, dass sie dort liegen müssten,
wenn ich sie wieder brauche, während Jane automatisch annimmt,
dass ich sie an der Pinnwand neben der Haustür suchen werde. Was
das Adressbuch betrifft - meiner Meinung nach liegt es in der kleinen
Schublade im Telefontischchen. Dort habe ich es verstaut, nachdem
ich es das letzte Mal benutzt hatte.
Gerade, als ich das sagen wollte, verkündete Jane: »Es steht auf
dem Regal mit den Kochbüchern.«
Ich schaute sie an.
»Ja - wo auch sonst?«, sagte ich nur.
Die entspannte Atmosphäre hielt an - bis wir begannen, den Tisch
abzudecken.
Langsam und fast unmerklich schlug die Stimmung um, und aus
dem heiteren Hin und Her wurde eine schleppende Unterhaltung mit
langen Pausen. Als wir anfingen, die Küche aufzuräumen, hatten wir
wieder unser übliches Niveau erreicht. Man hörte vor allem das Tellerklappern.
Ich kann nicht erklären, wieso. Fiel uns nichts mehr ein? Mangelte
es uns an interessantem Gesprächsstoff? Jane erkundigte sich noch
einmal nach Noah, und ich wiederholte, was ich zuvor schon gesagt
hatte. Eine Minute später redete sie wieder über den Fotografen, unterbrach sich aber auf halber Strecke, weil sie merkte, dass sie die
ganze Geschichte schon erzählt hatte. Da wir beide noch nicht mit
Joseph und Leslie gesprochen hatten, gab es auch in dieser Hinsicht
nichts Neues zu berichten. Und weil ich Ferien hatte und nicht ins
Büro ging, konnte ich nicht einmal über die Arbeit reden, was in solchen Situationen normalerweise mein letzter Rettungsanker war. Ich
spürte fast körperlich, wie die gute Laune dahinschwand. Wie gern
hätte ich sie irgendwie fest gehalten! Verzweifelt zermarterte ich
mein Gehirn. Schließlich räusperte ich mich und sagte:
»Hast du schon von dem schrecklichen Hai-Angriff in Wilmington
gehört?«
»Du meinst den von letzter Woche? Als das junge Mädchen attackiert wurde?«
»Ja, genau.«
»Du hast mir davon erzählt.«
»Ach, tatsächlich?«
»Letzte Woche. Du hast mir den Artikel vorgelesen.«
Ich spülte Janes Weinglas unter dem fließenden Wasser ab, dann
das Küchensieb. Ich hörte, wie Jane etwas im Schrank suchte - vermutlich eine Plastikdose für die Reste.
»Schon schrecklich, wenn der Urlaub so beginnt«, sagte sie. »Die
Familie hatte noch nicht einmal das Auto richtig ausgepackt.«
Nun waren die Teller dran. Ich kratzte die Speisereste in die Spüle
und stellte den
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