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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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fehlte es den beiden nicht
an Gesprächsstoff.
    Sie hatte einen großen Freundeskreis und besuchte ihre Freundinnen gern und oft. Was würden all diese Leute denken, wenn sie uns
heute Abend erlebt hätten?
    Waren wir das einzige Paar, das mit solchen Schwierigkeiten zu
kämpfen hatte? Oder gehörten diese Probleme zwangsläufig zu einer
langen Ehe? Brachte die Zeit sie mit sich, ob man wollte oder nicht?
Irgendwie klang das logisch, aber mich störte es trotzdem, dass ich
wusste, Janes unbeschwerte Fröhlichkeit würde sich in Luft auflösen,
sobald sie den Hörer auflegte. Statt lustig zu plaudern und zu lachen,
würden wir nur Plattitüden austauschen, der Zauber würde verschwinden - und übers Wetter zu reden, hatte ich nicht die geringste
Lust.
    Aber was konnte man dagegen unternehmen? Diese Frage quälte
mich seit Wochen. Innerhalb einer einzigen Stunde hatte ich die beiden Extreme unserer Ehe erlebt, und es gab keinen Zweifel, welche
Version mir lieber war. Und welche uns entsprach.
    Im Hintergrund hörte ich, wie Jane sich von Leslie verabschiedete.
Jeder Mensch hat seine Eigenarten, ein Telefongespräch zu beenden,
und ich weiß genau, wie ich es mache und wie Jane es macht. Gleich
würde sie ihrer Tochter sagen, sie habe sie sehr lieb, dann würde sie
einen Moment schweigen, während Leslie diese Liebeserklärung
erwiderte, und danach würde sie »Also, dann - bis bald« sagen und
auflegen. Ich wusste, im nächsten Augenblick war es so weit - und
plötzlich stand ich auf, um zu ihr zu gehen. Ich musste es einfach
wagen.
    Ich wollte zu ihr gehen und ihre Hand nehmen, so wie damals vor
der Kapelle auf dem Campus. Sie würde sich fragen, was los sei genau wie an jenem Tag. Und dann würde ich sie an mich ziehen, ihr
Gesicht streicheln, ich würde die Augen schließen, und sobald meine
Lippen die ihren berührten, würde sie es wissen - dieser Kuss war
anders als alle, die wir bisher ausgetauscht hatten. Etwas völlig Neues, aber doch vertraut, zärtlich und gleichzeitig voller Begehren, eine
Inspiration, die in ihr dieselben Gefühle wecken würde. Es sollte ein
neuer Anfang sein, ein Wendepunkt in unserem Leben, genau wie
unser erster Kuss vor so vielen Jahren.
    Ich sah die Szene genau vor mir. Schon hörte ich Jane die Abschiedsworte sagen. Sie legte auf.
Jetzt war der richtige Augenblick gekommen. Ich nahm meinen
ganzen Mut zusammen und trat langsam näher.
Jane wandte mir den Rücken zu. Ihre Hand lag noch auf dem Hörer.
Sie hielt einen Moment inne, starrte reglos aus dem Wohnzimmerfenster, hinaus in den wolkenverhangenen Himmel, der sich langsam
verdunkelte. Da saß sie, meine Jane - der wunderbarste Mensch, den
ich kannte! Genau das wollte ich ihr sagen. Aber erst nach dem Kuss.
Ich roch den vertrauten Duft ihres Parfüms. Mein Puls beschleunigte sich. Jetzt gleich, jetzt - aber als ich gerade ihre Hand berühren
wollte, griff sie wieder zum Telefon. Mit raschen Bewegungen
drückte sie zwei Tasten. Die Nummer war eingespeichert.
Als sich kurz darauf Joseph am anderen Ende der Leitung meldete,
hatte ich den Mut wieder verloren und zog mich enttäuscht auf mein
Sofa zurück.
Während der nächsten Stunde saß ich unter der Lampe, Roosevelts
Biografie auf dem Schoß.
    Jane hatte mich zwar gebeten, die Gäste anzurufen, aber nachdem
sie mit Joseph gesprochen hatte, meldete sie sich noch bei ein paar
Leuten, die unserer Familie nahe stehen. Ich verstand ja, weshalb ihr
das so wichtig war, aber es führte dazu, dass wir uns bis nach neun in
getrennten Welten aufhielten. Vereitelte Hoffnungen, auch wenn sie
noch so klein sind, schmerzen immer besonders tief.
    Als Jane endgültig mit dem Telefonieren fertig war, versuchte ich,
ihren Blick auf mich zu lenken, aber statt sich zu mir aufs Sofa zu
setzen, holte sie eine Tüte, die auf dem Tischchen bei der Eingangstür lag und die ich noch gar nicht bemerkt hatte.
    »Die habe ich auf dem Heimweg für Anna besorgt«, erklärte sie
und hielt zwei Brautzeitschriften hoch. »Aber bevor ich sie ihr gebe,
möchte ich sie selbst rasch durchblättern.«
    Damit war der Rest des Abends gelaufen, so viel schien sicher. Mit
einem gezwungenen Lächeln murmelte ich: »Gute Idee.«
Während wir beide stumm dasaßen - ich auf dem Sofa mit Roosevelt, Jane in dem bequemen Fernsehsessel -, wanderte mein Blick
immer wieder verstohlen zu ihr. Ihre Augen eilten von einem Brautkleid zum nächsten, und bei manchen Seiten knickte sie die Ecke

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