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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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hilfst mir ohne zu murren bei der Organisation, und du lässt dich zu nostalgischen Bemerkungen hinreißen, so
wie jetzt gerade. Wahrscheinlich kannst du dich dem Sog nicht entziehen.«
Es klingelte - die Küchenuhr war abgelaufen.
»Ich glaube fast, du hast Recht«, murmelte ich.
    Ich hatte nicht gelogen. Als ich an die Duke University zurückging,
um den Endspurt für das Juraexamen anzutreten, hatte ich tatsächlich
große Angst, Jane zu verlieren. Und ich gebe zu, dass ich mit dieser
verzwickten Situation nicht so locker fertig wurde, wie ich gehofft
hatte. Als das letzte Studienjahr begann, wusste ich, dass die Beziehung zu Jane unmöglich so weiterlaufen konnte wie in den letzten
neun Monaten. Im Verlauf des Sommers sprachen wir immer wieder
über dieses Thema, aber Jane schien sich, im Gegensatz zu mir, keine Sorgen zu machen. Sie war ganz selbstverständlich davon überzeugt, dass wir es irgendwie schaffen würden. Ich hätte das ja als ein
beruhigendes Zeichen deuten können, aber manchmal überfiel mich
stattdessen der furchtbare Gedanke, sie könne mir womöglich wichtiger sein als ich ihr.
    Klar, ich wusste, dass ich viele gute Eigenschaften besaß, aber diese guten Eigenschaften betrachte ich noch heute als nichts Besonderes. Meine schlechten Seiten sind allerdings auch nicht spektakulär.
Ich finde mich in den meisten Dingen ziemlich durchschnittlich - und
schon vor dreißig Jahren wusste ich genau, dass ich weder für den
großen Ruhm noch für ein unbedeutendes Schattendasein geschaffen
war.
    Jane hingegen hätte alles werden können. Ich bin schon vor langer
Zeit zu dem Schluss gekommen, dass sie sich in jeder beliebigen
Situation zurechtfinden würde - ob arm oder reich, Stadt oder Land,
sie würde sich überall zu Hause fühlen. Ihre Anpassungsfähigkeit hat
mich von Anfang an tief beeindruckt. Aber auch sonst war Jane ein
Phänomen, sie war intelligent, einfühlsam, emotional, freundlich,
charmant - für mich stand völlig außer Frage, dass jeder Mann in ihr
die ideale Ehefrau sehen musste.
    Aber wieso hatte sie sich ausgerechnet für mich entschieden?
Diese Frage stellte ich mir am Anfang unserer Beziehung immer
und immer wieder und fand keine plausible Erklärung. Ich hatte
Angst, Jane könne eines Morgens aufwachen, merken, dass ich
nichts Besonderes an mir hatte, und sich auf der Stelle einen neuen,
charismatischeren Freund suchen. Weil ich mich so unsicher fühlte,
brachte ich es nicht fertig, ihr zu sagen, was ich für sie empfand. Wie
oft nahm ich mir vor, mich ihr zu offenbaren! Die Worte lagen mir
auf der Zunge - aber dann war der magische Augenblick vorüber,
und ich hatte wieder nicht genug Mut aufgebracht.
    Das soll nicht heißen, dass ich unsere Beziehung verheimlichte. Als
ich während des Sommers an der Kanzlei ein Praktikum machte, kam
beim Mittagessen mit den anderen Praktikanten meine Beziehung zu
Jane recht häufig zur Sprache, und ich schilderte sie als geradezu
ideal. Ich plauderte nie etwas aus, was ich später bedauert hätte, aber
manchmal hatte ich den Eindruck, dass ein paar meiner Kollegen
neidisch waren, weil ich nicht nur beruflich, sondern auch in meinem
Privatleben so zielstrebig war. Einer von ihnen, ein gewisser Harold
Larson - der genau wie ich an der Duke University für die Law Review arbeitete - horchte immer auf, wenn Janes Name fiel. Ich schob
es darauf, dass er ebenfalls eine Freundin hatte, mit der er seit über
einem Jahr ausging. Genau wie Jane und ich wohnten Gail und er
auch nicht mehr in derselben Stadt. Gail war nach Fredericksburg,
Virginia, gezogen, in die Nähe ihrer Eltern.
    Harold redete immer ganz selbstverständlich davon, dass er sie heiraten werde, sobald er seinen Universitätsabschluss habe.
Als das Praktikum zu Ende ging, gab die Firma zu unseren Ehren
eine Cocktailparty. Wir unterhielten uns darüber, ob wir unsere
Freundinnen mitbringen sollten. Harold wirkte plötzlich seltsam verschlossen. Als jemand ihn darauf ansprach, antwortete er zur allgemeinen Überraschung: »Gail und ich haben uns letzte Woche getrennt.«
Zwar fiel es ihm sichtlich schwer, darüber zu sprechen, aber er
wollte uns doch die Hintergründe erklären. »Ich habe immer gedacht,
zwischen uns wäre alles in Ordnung, obwohl ich sie in letzter Zeit
nicht regelmäßig gesehen habe. Inzwischen glaube ich, die Entfernung war einfach zu groß. Sie wollte nicht warten, bis ich mit der
Universität fertig bin, und hat einen anderen kennen

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