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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Sicherheit der am wenigsten entscheidungsfreudige Mensch auf der ganzen Welt.«
»Kannst du das Kleid beschreiben?«
»Ach, nein, du musst sehen, wie sie darin aussieht! Ein bisschen im
Meerjungfrauenstil, also eher figurbetont. Es muss etwas enger gemacht werden, damit es richtig sitzt. Keith ist bestimmt begeistert.«
»Ich wette, sie wird sehr hübsch aussehen.«
»Ja, das glaube ich auch.« Janes verträumter Gesichtsausdruck sagte mir, dass sie im Geiste ihre Tochter als Braut vor sich sah. »Ich
würde dir das Kleid gern zeigen, aber Anna will, dass du es erst am
Wochenende siehst. Sie möchte dich überraschen.« Nach kurzem
Schweigen wechselte sie das Thema. »Und was ist bei dir heute passiert? Sind die Handwerker gekommen?«
»Ja, alle miteinander«, erklärte ich stolz und erzählte ihr die Details.
Von der Küche aus konnten wir durch die Glastür schauen, die auf
das Deck hinausführte. Draußen wurde es immer dunkler, und schon
klopften die ersten Regentropfen an die Scheiben. Der Fluss wirkte
grau und geheimnisvoll. Dann der erste grelle Blitz - gefolgt von
einem kräftigen Donner -, und plötzlich begann es zu schütten. Fasziniert verfolgte Jane das Naturschauspiel.
»Weißt du, ob es am Samstag regnen soll?«, fragte sie. Ihre Stimme
klang ganz gelassen, ich hätte erwartet, dass sie besorgter klingen
würde. Aber sie war ja schon während der Autofahrt entspannt gewesen. Warum nur verlor sie kein Wort über Noah und den Teich?
»Angeblich regnet es nicht«, sagte ich. »Im Wetterbericht hieß es,
es wird ein wolkenloser Tag. Das hier soll das letzte Unwetter vor
dem Wochenende sein.«
Schweigend blickten wir in den Regen. Nichts war zu hören, nur
das sanfte Prasseln. Jane schien in Gedanken weit weg zu sein, ein
versonnenes Lächeln spielte um ihre Lippen.
»Ist das nicht herrlich?«, fragte sie schließlich. »Dem Regen zuzuschauen? Erinnerst du dich - wir haben das immer im Haus meiner
Eltern gemacht. Wir saßen auf der Veranda und schauten nach draußen.«
»Ich erinnere mich sehr gut.«
»Das war schön, stimmt’s?«
»Sehr.«
»Wir haben das schon lange nicht mehr getan.«
»Stimmt.«
Jane schien wieder ihren Erinnerungen nachzuhängen, und ich
wünschte mir sehnlichst, dass diese neu gefundene Ruhe nicht in die
lähmende Traurigkeit der letzten Monate umschlagen würde, gegen
die ich so machtlos war. Aber Janes Gesicht veränderte sich nicht.
Nach einer Weile begann sie wieder zu sprechen.
»Heute ist noch etwas anderes passiert.«
»Was denn?«
Jetzt sah sie mich an. In ihren Augen glänzten Tränen.
»Ich kann bei der Hochzeit nicht neben dir sitzen.«
»Warum nicht?«
»Es geht nicht. Ich bin vorn bei Anna und Keith.«
»Aber warum?«
»Weil Anna mich gebeten hat, ihre Brautführerin zu sein.« Janes
Stimme überschlug sich fast. »Sie hat gesagt, sie fühlt sich mir näher
als allen anderen und ich hätte so viel für sie und die Hochzeit getan…« Jane blinzelte ein paar Mal und schniefte dezent. »Ich weiß,
es ist albern, aber ich war so überrascht, dass ich gar nicht gewusst
habe, was ich antworten soll. Von mir aus wäre ich im Traum nicht
auf diese Idee gekommen. Und Anna war so lieb, als sie mich gefragt
hat - als wäre es ihr ganz, ganz wichtig.«
Sie wischte die Tränen fort. Ich hatte vor Rührung einen dicken
Kloß in der Kehle. Den Vater als Brautführer zu nehmen, war hier im
Süden nicht unüblich, aber dass jemand seine Mutter als Brautführer
in haben wollte, war eher die Ausnahme.
»Wie wunderbar, mein Schatz«, murmelte ich. »Ich freue mich sehr
für dich.«
Wieder blitzte es, der Donner hallte, aber wir achteten kaum darauf.
Wir standen noch in der Küche, als das Gewitter schon längst weitergezogen war, und genossen unser stilles Glück.
    Schließlich hörte es auch auf zu regnen. Jane öffnete die Glastür
und trat hinaus auf das Deck. Von der Dachrinne und dem Geländer
tropfte es immer noch heftig, und vom Boden stiegen kleine Dampfwolken auf.
    Ich folgte ihr. Erst jetzt merkte ich, dass mir von der ungewohnten
körperlichen Anstrengung Rücken und Arme wehtaten. Ich ließ meine Schultern rotieren, um sie zu entspannen.
    »Hast du schon etwas gegessen?«, erkundigte sich Jane.
»Nein, noch nicht. Hättest du Lust, essen zu gehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Ich fühle mich so ausgelaugt.«
    »Was hältst du davon, wenn wir uns etwas bestellen? Etwas Unkompliziertes?«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel eine

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