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Ein Tag wie ein Leben

Ein Tag wie ein Leben

Titel: Ein Tag wie ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Herzen herum. Der Brunnen plätscherte wie ein Gebirgsbach. Jane
sagte nichts -schweigend nahm sie alles in sich auf und blickte nur
gelegentlich über die Schulter, um sich zu versichern, dass ich noch
in der Nähe war. Vom Ende des Rosengartens aus war nur noch das
Zeltdach zu sehen. Jane blieb stehen und betrachtete die Rosensträucher, wählte eine Blüte aus und steckte sie mir ans Revers. Sie zupfte
ein bisschen daran herum, bis das Arrangement ihren Ansprüchen
genügte, dann klopfte sie mir lächelnd auf die Brust.
»Zur Abrundung deiner vornehmen Erscheinung brauchst du unbedingt eine Rose im Knopfloch«, erklärte sie.
»Vielen Dank.«
»Habe ich dir schon gesagt, dass du sehr gut aussiehst in deinem
Smoking?«
»Ich glaube, du hast das Wort ›toll‹ verwendet. Aber du kannst es
gern noch ein paar Mal sagen.«
Sie legte mir die Hand auf den Arm. »Danke für alles, was du hier
geleistet hast. Anna wird ihren Augen nicht trauen!«
»Gern geschehen.«
Jane schmiegte sich an mich und flüsterte: »Und danke auch für
den heutigen Abend. Das war… sehr charmant, dieses Spiel!«
Früher hätte ich in einer ähnlichen Situation sofort nachgehakt, ich
hätte sie bedrängt und noch mehr hören wollen, um ganz sicher zu
sein, dass ich alles richtig gemacht hatte und sie auch wirklich zufrieden war, aber jetzt nahm ich nur ihre Hand.
»Ich würde dir gern noch etwas anderes zeigen«, sagte ich.
»Sag bloß nicht, du hast in der Scheune eine Kutsche mit sechs
Schimmeln versteckt!«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Aber du brauchst es nur zu
sagen, und ich werde sehen, was sich machen lässt.«
Jane lachte übermütig. Die Wärme ihres Körpers war berauschend,
ihr Blick provozierend. »Dann zeig mir mal, was du noch zu bieten
hast.«
»Noch eine Überraschung.«
»Ich weiß nicht, ob mein Herz das verkraftet.«
»Komm mit!«
Ich führte sie aus dem Rosengarten hinaus, den Kiesweg entlang in
Richtung Haus. Hell funkelten die Sterne am wolkenlosen Himmel,
und der Mond spiegelte sich im Fluss. An den Ästen, die sich wie
gespenstische Finger in alle Richtungen erstreckten, hing Spanisches
Moos, es roch nach Fichtennadeln und Salzwasser, der typische Geruch, den man nur hier im Low Country kennt. In der Stille fühlte
ich, wie Jane mit ihrem Daumen über meinen strich.
Sie schien sich nicht beeilen zu wollen. Gemächlich schlenderten
wir weiter, begleitet von den abendlichen Geräuschen, vom Zirpen
der Grillen und Zikaden, vom Rascheln und Wispern der Blätter, und
unter unseren Füßen knirschte der Kies.
Die Schönheit des Hauses ließ uns beide nicht unberührt: Die Silhouette hob sich von den Bäumen ab, ein Bild zeitloser Eleganz, die
weißen Säulen der Veranda fast majestätisch. Das Blechdach war im
Laufe der Jahre dunkel geworden und verschmolz übergangslos mit
dem Nachthimmel, und durch die Fensterscheiben drang goldener
Kerzenschein.
Als wir eintraten, flackerten die Flammen im Luftzug. Jane blieb in
der Tür stehen und schaute wie gebannt in das große Wohnzimmer.
Das frisch polierte Klavier schimmerte im sanften Licht, und der
Parkettfußboden vor dem Kamin, wo Anna mit Keith tanzen würde,
erstrahlte in neuem Glanz. Die Tische - mit den weißen, zu Schwänen gefalteten Servietten, die vor den funkelnden Kristallgläsern saßen - sahen aus wie auf dem Werbefoto eines exklusiven Restaurants. Zu jedem Gedeck gehörte ein schimmernder Silberpokal. An
der hinteren Wand standen die Tische, auf denen am Wochenende
das Büfett aufgebaut werden sollte.
»Oh, Wilson…«, hauchte Jane.
»Wenn am Samstag die Gäste da sind, wirkt natürlich alles wieder
ganz anders, aber ich wollte dir zeigen, wie es ohne Menschen aussieht.«
Sie ließ meine Hand los, ging im Raum umher und studierte jedes
Detail.
Ich beobachtete sie voller Entzücken, und als sie mir zunickte, sah
ich darin eine Aufforderung: Ich ging in die Küche, öffnete den Wein
und goss zwei Gläser ein. Bei meiner Rückkehr stand Jane verträumt
am Klavier.
»Wer spielt?«, wollte sie wissen.
Ich lächelte. »Wenn du wählen würdest - wer wäre dir am liebsten?«
Sie schaute mich ungläubig an. »John Peterson?«
Ich nickte.
»Aber wie soll das denn gehen? Spielt er nicht im Chelsea?«
»Du weißt doch, er hatte immer schon eine Schwäche für dich und
Anna. Das Chelsea kommt auch einen Abend ohne ihn aus.«
»Ich begreife einfach nicht, wie du das alles so schnell hinbekommen hast. Ich meine - ich war doch erst vor ein

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