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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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oder nicht, wir tun nur, was am besten für dich ist.«
    Ernüchtert setzte ich mich auf die Bettkante und kaute an meiner Unterlippe. » Wie ist es mit einer Uhr? Gibt es die Möglichkeit, eine Uhr zu bekommen?«
    Macie zuckte mit den Achseln und sagte beim Hinausgehen lässig: » Das können wir morgen mal prüfen.«
    » Wie spät ist es?«, rief ich, inzwischen panisch.
    » Kurz vor sieben«, antwortete sie, dann rastete die Tür ein.

14 – Roxbury, Montag
    Ich zog das Schlaf-T-Shirt an, das meine Eltern mir eingepackt hatten, dankbar, dass ich nicht mehr den Krankenhauskittel tragen musste. Dann legte ich mich ins Bett. Schließlich ging eine Krankenschwester durch den Flur und rief » Licht aus«. Bald darauf gingen die Hauptlichter aus und die kleine, fluoreszierende Birne an der Decke flackerte auf. Fast hätte ich angefangen zu lachen. Konnte man mir absolute Dunkelheit tatsächlich nicht zutrauen?
    Ernüchtert stellte ich fest, dass sie, was das anbelangte, sogar recht hatten.
    Sobald sich die Geräusche der Klinik gelegt hatten und ich mir sicher war, Schritte zu hören, falls sich welche näherten, schlüpfte ich aus dem Bett. Ich schätzte, dass es ungefähr acht Uhr war. Zu früh, um etwas mit dem Digoxin zu machen, aber wenn man von der Übergabe gestern Abend ausging, würde Ethan bald kommen, und ich wusste nicht, wie viel Gelegenheit ich dann noch haben würde, alles zu organisieren. Alles musste bereit sein.
    Zuerst machte ich die Flasche Wasser auf, was schwierig war mit meinem vertrackten Gips, und stürzte die Hälfte davon hinunter. Dann zog ich meine Schmetterlingshalskette ab und versuchte, meine Hände ruhig zu halten, als ich den Anhänger aufschraubte, das Pulver vorsichtig in die Flasche schüttete und diese dann schüttelte, sodass sich das Granulat auflöste.
    Perfekt war es nicht. Es war nicht vorgesehen, dass man das Medikament auflöste, und selbst nachdem ich den Deckel wieder auf die Flasche geschraubt und sie kräftig geschüttelt hatte, war am Boden noch immer eine Schicht winziger weißer Körnchen zu sehen. Aber das musste reichen. Ich legte mich unter die Decke und versteckte die Flasche.
    Als ich den Filzstift nahm, zitterten meine Hände wieder.
    Was dachte ich mir bloß dabei? Sollte ich das wirklich tun?
    Ich holte tief Luft und fuhr mir mit der Hand durch das Haar, als würde mich die Ungeheuerlichkeit dessen, was gleich passieren würde, überwältigen. Es war verrückt, aber ob ich nun wollte oder nicht – es war meine einzige Chance. Das einzig Gute, was ich mir jetzt tun konnte, war, so bereit wie möglich zu sein. Ich nahm den Filzstift und schrieb ein Wort auf das Stück weißen Gips, das meinen Handballen bedeckte.
    Ich legte gerade den Filzstift auf den Nachttisch zurück, als ich Schritte hörte. Ich überlegte, ob ich etwas von der Mischung trinken sollte, aber wenn meine Berechnungen richtig waren, war es immer noch zu früh. Ich würde später eine Gelegenheit finden müssen. Ich ordnete mein Bettzeug neu, vergewisserte mich, dass die Flasche gut versteckt war, und betete, dass es heute Abend keine Zimmerprüfung mehr geben würde.
    Als Ethan hereinkam, merkte ich sofort, dass etwas an ihm anders war. Er war ruhiger. Er trug Jeans und ein weites schwarzes Oberteil, sein Haar war immer noch zerzaust, aber seine Haltung war irgendwie anders. Die Anspannung seiner Schultern und die Falten um seine Augen waren verschwunden.
    » Macht es dir was aus, wenn ich hereinkomme?«, fragte er so, als sei es tatsächlich eine Frage und keine leere Geste.
    » Spielt das eine Rolle?«
    » Ich würde einen guten Start vorziehen«, sagte er und schien es auch so zu meinen. Aber ich verharrte in meiner Zickigkeit und konnte mich nicht zu einer Antwort aufraffen. Offenbar verstand er mein Schweigen als Zustimmung, denn einen Augenblick später kam er ins Zimmer und setzte sich in den Lehnstuhl.
    » Wie geht es deinen Wunden? Deinem Handgelenk? Hast du Schmerzen?«
    Ich schluckte und war mir nicht sicher, weshalb mich sein heiserer Tonfall so aufwühlte. » Nein«, brachte ich heraus.
    » Möchtest du, dass ich dir neue Verbände anlege?«
    » Habe ich dieses Mal eine Wahl?«, platzte ich heraus.
    Er schenkte mir ein kleines Lächeln. » Ja.«
    » Dann nein.«
    Er nickte und fuhr sich mit der Hand durch das widerspenstige Haar.
    Die Stille zog sich, und ich fand es schwierig, in seine Richtung zu schauen. Ich wollte nicht, dass diese Augen mich anstarrten und meine Geheimnisse

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