Ein talentierter Lügner (Romeo & Julian) (German Edition)
plötzlich lebendig zu sein und schwankte. Der Raum drehte sich um ihn. Gleichzeitig durchflutete eine Welle von Übelkeit seinen überreizten Magen. „Nein. Aber… Oh, nein …“ Er nahm kaum wahr wie Romeo dichter an ihn herantrat und ihn mit kräftigem, aber sanften Griff leitete. Julian sank auf den nächsten Stuhl. „Mrs. Dobbs. Meine Reinigungsfrau. Sie kommt immer freitags. Um eins.“
„Ihre Reinigungsfrau?“
„Ja.“
„Es tut mir leid.“ Baxter richtete sich auf, noch immer grau im Gesicht. „Ein Polizist ist auf dem Weg hierher um sich mit Ihnen zu unterhalten. Er müsste in ein paar Minuten hier sein. Bitte warten Sie solange in Ihrem Büro. Er wird Sie dort treffen.“
Julian stand auf, völlig automatisch agierend. Romeo folgte seinen Bewegungen mit der gewohnten Geschmeidigkeit, eine wortlose aber beruhigende Stütze. Er legte eine warme Hand auf Julians Schulter. Sie fühlte sich angenehm an. Voller Kraft und Lebendigkeit, Eigenschaften die Julian unweigerlich an Mrs. Dobbs erinnerten. Auch sie war voller Kraft und Lebendigkeit gewesen. War. Die nette, rundliche Frau die während der letzten fünf Jahre dafür gesorgt hatte dass Julian sich in seinem Heim wohlfühlte, war voller Kraft und Lebendigkeit gewesen. Doch jetzt…
„Kommst du klar?“ Romeos behutsame Frage drängte sich in sein Bewusstsein. Julian zwang sich zu einem Nicken, aber es fühlte sich seltsam an, so als bestünde sein Hals aus Gummi. Warum…? Er versuchte die Szene objektiv zu beurteilen, obwohl er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Wahrscheinlich stand er unter Schock und konnte die ganze Tragweite des Ereignisses noch nicht verarbeiten. Das würde wohl später geschehen. Jetzt musste er einfach nur den Moment durchstehen.
„Hey, ich werde bei dir sein sobald ich kann, versprochen“, sagte Romeo. Seine Hand war nach unten gewandert und hielt Julians Finger umschlossen. Er sah besorgt aus, fast hektisch, als er einen raschen Blick mit Baxter wechselte. „Bis dahin, verlass nicht das Gebäude. Ich komme zu dir sobald der Chief und ich hier fertig sind.“
„Es geht mir gut“, antwortete Julian. Seine Stimme war erstaunlich ruhig. „Ich gehe jetzt und warte auf die Polizei. Dann will ich nur—“ Nach Hause , hatte er sagen wollen. Sein Magen zog sich krampfhaft zusammen. Zu Hause existierte nicht mehr. Genau wie die arme, freundliche Mrs. Dobbs mit ihren Apfelbacken und dem allgegenwärtigen Geruch nach Reinigungsmitteln der sie umgab.
„Uh, ich will …irgendwohin wenn ich hier fertig bin. Vielleicht gehe ich in ein Hotel. Ich werde—“
„Du gehst nirgendwo hin“, widersprach Romeo.
„Allerdings nicht, Agent Harris, und das ist ein Befehl.“ Chief Baxter unterstützte Romeo und verwirrte Julian damit nur noch weiter. „Sie sprechen mit der Polizei und danach warten Sie auf Mr. Moore. Er wird Sie an einen ruhigen und vor allem sicheren Ort bringen. Wir werden uns etwas überlegen.“
„Aber—“
„Geh jetzt, Baby.“ Romeo rieb Julians Hand auffordernd, dann entzog er Julian die tröstende Wärme seines Körpers und schubste ihn mit sanftem Nachdruck in Richtung Tür. „Und geh nirgendwo ohne mich hin, verstanden?“ erinnerte er ihn.
Julians rebellische Ader machte sich b emerkbar. Er war kein Kind mehr und immerhin beim FBI, also warum behandelte Romeo ihn dann so? „Ich kann durchaus auf mich selbst aufpassen“, grummelte er. „Was soll das ganze Theater überhaupt?“
Er bemerkte den erneuten flüchtigen Blickwechsel zwischen Romeo und Baxter, konnte ihn aber nicht so recht deuten.
„Wir vermuten , dass diese Explosion in Wahrheit ein Mordversuch war. Ein Mordversuch der Ihnen galt, Agent Harris“, erklärte Baxter. Romeo zuckte nervös.
„Tun Sie , was wir Ihnen gesagt haben, oder ich lasse Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit festnehmen“, warnte Baxter.
Ein weiterer auffordernder Schubs, noch etwas fester, beförderte Julian aus dem Büro. Er hörte Romeos Stimme sobald die Tür wieder zu war. Der Mann klang aufgeregt und ja, stinkwütend. Baxter schien Mühe zu haben sich Gehör zu verschaffen bei der Tirade die er ihr entgegen schleuderte. Einmal mehr hätte Julian liebend gerne gelauscht um zu erfahren was die beiden sich zu sagen hatten.
Kapitel 12
Das Gespräch mit der Polizei verlief ruhig. Rasch und professionell ging Officer Fitzpatrick seinen Fragekatalog durch wobei er sich weder zu freundlich noch misstrauisch gab. Seine gelassene Gleichgültigkeit
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