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Ein Teelöffel Land und Meer

Ein Teelöffel Land und Meer

Titel: Ein Teelöffel Land und Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dina Nayeri
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sie, machen jeden Kauf zu einem neuen Geschäft. Und, wie du selbst gesagt hast, die Liebe ist eine unaufgeschnittene Wassermelone. Es kann vorkommen, dass du sie zerteilst und feststellst, dass du das falsche Früchtchen gekauft hast.
    Nebenbei bemerkt, Khanom Omidi, auch wenn du das alles sowieso schon klug und weise findest, solltest du wissen, dass das auf Englisch ein verdammt guter Witz auf Camerons Kosten ist.
    Obwohl Mahtab nicht weiß, ob sie die Kreditkarte noch einmal benutzen wird, verabschiedet sie sich von einer ihrer größten Einwanderersorgen. Sie hat schon so viele andere überwunden: Sie ängstigt sich nicht mehr, weil sie anders ist. Sie sorgt sich nicht mehr darum, ob sie erfolgreich sein wird. Und jetzt denkt sie auch nicht mehr über Geld nach, nicht, weil sie Zugang zum Reichtum des armen Ariers hat, sondern weil sie begreift, wie leicht man an Geld kommen kann. Vielleicht sollte ich von meiner Schwester lernen. Meiner klügeren, stärkeren, weltgewandteren Schwester. Vielleicht sollte ich aufhören, die verschiedenen Arten von Geld in der Welt zu kategorisieren, aufhören, zwischen altem Geld und neuem Geld zu unterscheiden, zwischen muslimischem Witwengeld und Joghurtgeld, sie zu bewerten, wo sie doch in Wahrheit alle gleich sind. Ich habe so viel unangetastet auf dem Tisch liegen lassen. Vielleicht sollte ich tapferer sein, mich vor den Bosheiten engherziger Männer schützen. Vielleicht sollte ich nicht länger darauf warten, mein eigenes Erbe anzutreten.

Ein bescheidenes Wort
    Khanom Omidi – die Gute
    N ach Sabas Geschichte versuchte ich, ihr etwas mitzuteilen, ohne es auszusprechen, denn natürlich darf ich kein schlechtes Verhalten fördern. Aber Sie können mir glauben, wenn ich sage, dass ich weiß, was ihr fehlt. All die Jahre bin ich Sabas wahrhaftigste Mutter gewesen. Ich hab ihre Wunden gepflegt, tausend Entschuldigungen und Beschwichtigungen in jedes lauschende Ohr geflüstert, bin ihr gefolgt, während sie eine Spur von Flunkereien und Fehlern hinter sich zurückließ, und ich habe eine zarte Schicht Joghurt über alles gebreitet, damit niemand sie verurteilte. Wer sonst hätte das getan, vor allem nach dem Verlust von Khanom Mansuri? Meine liebe Freundin … Gott hab sie selig, sie hatte recht damit, dass Sabas Geschichten gut für sie sind. Gestern, als diese Ärztin, Khanom Zohreh, anrief und Saba nicht zu Hause war, rühmte ich die Fantasie des Mädchens, und die Ärztin schien besorgt, was lächerlich ist.
    Was hat Abbas mit ihr gemacht? Ich wünschte, ich wüsste es. Nach ihrer Geschichte hab ich mich gefragt: Liegt ihre Traurigkeit wirklich darin begründet, dass sie mit dem Falschen verheiratet ist, oder gibt es einen anderen Grund? Ich persönlich glaube, dass jede Frau ein eigenes Sümmchen haben sollte, ein bisschen Bares, das sie für sich gespart hat, an das kein Mann rankommt und das sie einsetzen kann, um sich aus schlimmen Situationen zu befreien. Wissen Sie, ich behaupte, wenn alle Frauen im Iran eines Tages aufwachen würden und ihr eigenes Geld hätten, dann gäbe es keine Hochzeiten mehr. Das Geben und Nehmen von Töchtern wäre schlagartig beendet. Vielleicht würde das ganze Land untergehen.
Falls
es untergeht, kann mir nichts passieren, denn ich habe Ersparnisse in meinem Tschador versteckt.
    Bitte erzählen Sie niemandem, dass ich so denke, denn ich werde es abstreiten.
    Ich glaube, dass kein Mann Saba je genügen wird. Sie sehnt sich nach Unabhängigkeit, und solange sie die nicht hat, wird es immer weiter Mahtab-Geschichten geben. Aber das ist nicht das Einzige, wonach sie sich sehnt, und damit komme ich zu dem Zweiten, was mir aufgefallen ist.
    Das arme Kind lechzt danach, erwachsen zu werden, eine Frau, ein echtes und wahres Erwachen zu erleben, was ihr in der Ehe mit dem Tattergreis offensichtlich vorenthalten bleibt. An diesem Punkt muss ich mich vorsehen, dass ich kein schlechtes Verhalten fördere, aber ich habe vorsichtig angedeutet, dass es gewisse Dinge gibt, die sie in ihrem Leben nicht verpassen sollte. Ich sagte zu ihr: »Du bist ein schlaues Mädchen. Liest du auch alte Gedichte?« Sie bejahte, und so sagte ich: »Mein Lieblingsdichter ist Rumi. Dieses Sehnen und der Hunger. Es gibt eine Zeile über einen durstigen Fisch in uns, der nie genug von dem bekommt, wonach er dürstet.« Saba starrte mich bloß an und zuckte die Achseln. Ich sagte ein paar Gedichte über neu erwachte Leidenschaft und menschliches Verlangen auf. Welche

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