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Ein Todsicherer Job

Ein Todsicherer Job

Titel: Ein Todsicherer Job Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Gott, du treibst es wohl mit jeder!«
    »Lily, du kannst doch unmöglich verletzt sein, weil ich... weil ich auf dein großzügiges und – lass es mich offen sagen – ausgesprochen verführerisches Angebot nicht eingegangen bin. Menschenskind! «
    »Es liegt daran, dass ich dir zu kess bin, nicht? Nicht finster genug? Da du ja Mr. Death bist und alles?«
    »Lily, der Schatten in Sedona wollte mich holen. Als ich weggefahren bin, ist er verschwunden. Die Gullyhexe wollte zu mir . Dieser andere Totenbote hat gesagt, ich bin anders. Bei ihm ist nie jemand durch seine bloße Anwesenheit zu Tode gekommen wie bei mir. «
    »Hast du eben gerade ›Menschenskind‹ zu mir gesagt? Bin ich neun, oder was? Ich bin eine Frau...!«
    »Ich glaube, es könnte sein, dass ich der Luminatus bin, Lily.« Lily schwieg.
    Sie zog die Augenbrauen hoch, wie bei » Nein «.
    Charlie nickte, wie bei » Ja « .
    »Der Große Tod?«
    »Ganz genau«, sagte Charlie.
    »Also, dafür bist du absolut überhaupt nicht qualifiziert«, sagte Lily.
    »Danke, da geht es mir gleich besser.«
     
    MINTY FRESH
     
    Siebzig Meter unter der Wasseroberfläche war Minty Fresh immer ganz beklommen zumute, besonders wenn er Sake getrunken und den ganzen Abend Jazz gehört hatte, was der Fall gewesen war. Er saß im letzten Waggon des letzten Zuges aus Oakland, und er hatte den ganzen Wagen für sich allein, wie ein Privat- U-Boot, schipperte durch die Bay, das Echo eines Saxophons wie ein Sonar in seinem Ohr, mit einem halben Dutzend scharfer, sakegetränkter Thunfischröllchen, die ihm wie Wasserbomben im Magen lagen.
    Er hatte den Abend im Sato’s am Embarcadero verbracht, einem japanischen Restaurant mit Jazzclub. Sushi und Jazz, ein merkwürdiges Gespann, durch Zufall und Zwang unter demselben Dach. Es begann im Fillmore District, was vor dem Zweiten Weltkrieg ein japanisches Viertel gewesen war. Als die Japaner in Internierungslager verfrachtet wurden und man ihre Häuser und Habe verkaufte, zogen die Schwarzen, die in die Stadt kamen, um auf den Werften Schlachtschiffe und Zerstörer zu bauen, in die leeren Häuser ein. Der Jazz kam gleich danach.
    Jahrelang war Fillmore das Zentrum der Jazzszene von San Francisco, und das Bop City an der Post Street war der angesagteste Jazzclub. Als der Krieg zu Ende ging und die Japaner wiederkamen, standen die japanischen Kids so manchen Abend unter den Fenstern des Bop City und lauschten Leuten wie Billie Holiday, Oscar Peterson oder Charles Mingus, lauschten, wie Kunst entstand und die Nacht erfüllte. Sato war eines dieser Kinder.
    Es handelte sich dabei keineswegs nur um einen historischen Zufall – das hatte Sato Minty eines Abends erklärt, nachdem die Musik vorbei war und der Sake seiner Begeisterung einheizte –, es war eine philosophische Ausrichtung: Jazz war Zen-Kunst, oder nicht? Kontrollierte Spontaneität. Wie sumi-e -Tuschemalerei, wie Haiku, wie Bogenschießen, wie Kendo – Jazz war nichts, was man plante, sondern etwas, das man tat. Man übte, man spielte seine Skalen, man lernte seine Riffs und dann konzentrierte man alles Wissen, alles Erlernte auf den einen Moment. »Im Jazz ist jeder Augenblick eine Krise«, zitierte Sato Wynton Marsalis, »und man setzt sein ganzes Können ein, um diese Krise zu bewältigen.« Wie der Schwertkämpfer, der Bogenschütze, der Dichter und der Maler: Es ist alles da – keine Zukunft, keine Vergangenheit, nur dieser Augenblick und wie man mit ihm umgeht. Kunst geschieht einfach.
    Und Minty, der seinem Leben als Tod entkommen musste, hatte den Zug nach Oakland genommen, um sich einen Moment zu verstecken, ohne Bedauern über die Vergangenheit und ohne Angst vor der Zukunft, nur ein unverfälschtes hier und jetzt aus dem Trichter eines Saxophons. Doch der Sake, seine bedrohliche Zukunft und zu viel Wasser über seinem Kopf hatten ihm den Blues gebracht. Der Moment zerschmolz, und Minty war beklommen zumute. Es lief nicht gut. Er hatte seine letzten beiden Seelen nicht beschaffen können, zum ersten Mal in seiner Laufbahn, und langsam sah – oder hörte – er die Auswirkungen. Stimmen aus den Gullys, lauter und zahlreicher als je zuvor. Sie verhöhnten ihn. Etwas bewegte sich im Schatten, am Rande seines Blickfelds, schlurfende, huschende, dunkle Wesen, die verschwanden, wenn man sie direkt ansah.
    Er hatte sogar drei Schallplatten aus dem Seelenschiffchen- Regal an dieselbe Person verkauft, auch das eine Premiere. Ihm war nicht gleich aufgefallen, dass es sich um

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