Ein Todsicherer Job
Mainheart war am Boden zerstört.«
»Kann ich mir vorstellen«, sagte Lily. »Er hat eine komplette Blödbirne geheiratet.«
Charlie zuckte zusammen. »Lily, das gehört sich nicht.«
Lily zuckte mit den Schultern und verdrehte die Augen. Sie konnte es nicht leiden, wenn Charlie in seinen Papa-Modus verfiel. »Okay, okay. Ich geh draußen eine rauchen.«
»Nein!« Charlie sprang von seinem Sessel auf und schob sich zwischen Lily und die Hintertür. »Geh lieber vorn raus. Von jetzt an musst du vorn raus, wenn du rauchen willst.«
»Aber du hast gesagt, ich seh aus wie eine minderjährige Prostituierte, wenn ich vorn rauche.«
»Ich hab noch mal drüber nachgedacht. Inzwischen bist du ja ein großes Mädchen.«
Lily kniff ein Auge zu, um zu sehen, ob sie so besser in seine Seele blicken und herauskriegen konnte, was er in Wahrheit wollte. Sie strich ihren schwarzen Plastikrock glatt, der ein gequältes Quieken von sich gab. »Damit willst du mir sagen, dass ich einen fetten Arsch habe, oder?«
»Das will ich damit absolut überhaupt nicht sagen«, beteuerte Charlie. »Ich sage nur, dass deine Anwesenheit vor dem Laden von Vorteil wäre und vielleicht Touristen vom Cable Car anlocken könnte.«
»Oh. Okay.« Lily schnappte sich ihre Schachtel Nelkenzigaretten vom Schreibtisch und machte sich auf den Weg am Tresen vorbei nach draußen, wo sie vor sich hinbrüten – im Grunde trauern – wollte, denn so sehr sie es sich auch erhofft hatte: Sie war nicht die Sensenfrau. Das Buch gehörte Charlie.
An diesem Abend hütete Charlie den Laden und überlegte gerade, warum er seine Angestellten eigentlich belogen hatte, als er draußen auf der Straße etwas Rotes blitzen sah. Eine Sekunde später kam eine blasse Rothaarige herein. Sie trug ein kurzes, schwarzes Cocktailkleid und schwarze Fick-mich-Pumps. Sie steuerte den Tresen an, als wollte sie für ein Musikvideo vorsprechen. Rote Locken wallten über ihre Schultern und den Rücken wie ein rostfarbener Schleier. Ihre Augen waren smaragdgrün, und als sie merkte, wie er sie anstarrte, lächelte sie und blieb stehen, drei Meter vor dem Tresen.
Ein leiser Schmerz durchfuhr Charlie irgendwo in seiner Lendengegend. Eine Sekunde später wurde ihm bewusst, dass es sich um eine autonome Lustreaktion handelte. Dergleichen hatte er nicht mehr empfunden, seit Rachel von ihm gegangen war, und er schämte sich etwas dafür.
Sie musterte ihn, begutachtete ihn wie einen Gebrauchtwagen. Er war sicher, dass er knallrot anlief.
»Hi«, sagte Charlie, »kann ich Ihnen helfen?«
Der Rotschopf lächelte ein wenig und griff in eine kleine, schwarze Tasche, die Charlie bisher gar nicht aufgefallen war. »Das hier habe ich gefunden«, sagte sie und hielt ein silbernes Zigarettenetui hoch. Etwas, das man nicht mehr oft zu sehen bekam. Es leuchtete und pulsierte wie dieses Zeug im Hinterzimmer. »Ich war gerade in der Gegend, und irgendwie dachte ich, das gehört vielleicht hierher.«
Sie trat an den Tresen, stand Charlie gegenüber und legte das Etui vor ihm ab.
Charlie konnte sich kaum rühren. Er starrte sie an, merkte nicht mal, dass er auf ihr Dekolletee starrte. Sie dagegen schien die Gegend um seinen Kopf und seine Schultern im Auge zu behalten, als umschwirrten ihn Insekten.
»Fass mich an«, sagte sie.
»Was?« Er sah auf und merkte, dass es ihr Ernst war. Sie hielt ihm ihre Hand hin, die Fingernägel manikürt und dunkelroter als ihr Lippenstift. Er nahm ihre Hand.
Sobald sie ihn berührte, schreckte sie zurück. »Du bist so warm.«
»Danke.« In diesem Moment wurde ihm bewusst, dass sie es nicht war. Ihre Finger waren eiskalt.
»Dann bist du keiner von uns?«
Er überlegte, was »uns« bedeuten mochte. Irisch? Niedriger Blutdruck? Nymphoman? Wieso dachte er das überhaupt? »Uns? Wen meinen Sie mit >uns«
Sie trat einen Schritt zurück. »Nein. Du holst nicht nur die Schwachen und die Kranken, stimmt’s? Du holst sie alle.« »Holen? Was meinen Sie mit >holen«
»Und du weißt nicht mal was davon, hm?«
»Was weiß ich?« Charlie wurde nervös. Als Betamännchen war es ohnehin schon schwierig genug, im Angesicht einer schönen Frau zu funktionieren, aber die hier war ihm unheimlich. »Moment mal. Können Sie sehen, dass es leuchtet?« Er hielt ihr das Zigarettenetui hin.
»Da leuchtet nichts. Fühlt sich nur so an, als würde es hierher gehören«, sagte sie. »Wie heißt du?«
»Charlie Asher. Das hier ist Asher ’ s .«
»Okay, Charlie, du scheinst
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