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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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getan hast, wirklich hervorragend. Du hast mehr geleistet, als ich von dir erwarten durfte.« So verkrampft hatte sie ihn noch nie erlebt. »Was ich damit ausdrücken will, es tut mir Leid, dass es so gekommen ist, aber ich danke dir.«
    »Schlaf gut, mein Lieber«, verabschiedete sie sich von ihm.
    Zu Hause angekommen, nahm sie ein langes Bad. Dann rief sie ihre Mutter an. Sie sprachen über ihren Weihnachtsbesuch. Ursprünglich hatte sie nur vier Tage daheim bleiben wollen, doch aus einem Impuls heraus, der sie selbst überraschte, erklärte sie, sie verbringe eine ganze Woche bei ihnen. Danach legte sie eine tiefgefrorene Portion Spaghetti in einen Topf kochenden Wassers. Später machte sie es sich auf der Couch bequem und sah sich Wiederholungen von Soap-Opera-Folgen an.
    Wie sie da so zusammengerollt auf dem alten Sofa lag, erinnerte sie sich an ihre Teenager-Zeit, wenn sie ihren Labrador neben sich aufs Bett gelockt hatte, um ihn nach zehn Minuten wieder hinunterzujagen. Sie genoss die Wärme, die von der Decke neben ihr kam, während sie auf den Schlaf wartete. Sie fühlte sich in diesen Momenten wohlig und geborgen, und auch wenn sie es damals noch nicht verstehen konnte, spürte sie, dass der Schmerz der Einsamkeit ein falscher ist.
    Und mit solchen Gedanken schlief Taylor auch an diesem Abend schließlich ein.
    Den nächsten Tag – Wendall Clayton wurde heute beigesetzt – verbrachte sie mit einem Einkaufsbummel.
    Sean Lillick hatte sie gefragt, ob sie mit ihm zusammen zur Beerdigung gehen würde. Sie hatte so entsetzt Nein gesagt, als hätte er sie auf obszöne Weise belästigt. Lillick war tatsächlich ganz erschrocken ein paar Schritte zurückgewichen. Taylor entschuldigte sich daraufhin bei ihm und erklärte, sie sei leider völlig mit den Nerven runter. Wenig später stellte Reece ihr die gleiche Frage, und sie sagte ihm, wenn auch etwas freundlicher, ebenfalls ab. Danach hatte sie sich, bewaffnet mit ihren sämtlichen Kreditkarten, ins Einkaufsviertel in Midtown gestürzt.
    Taylor hoffte, so auf andere Gedanken zu kommen und sich ein bisschen zu erholen, doch stattdessen wurde sie an jeder Ecke mit Weihnachten konfrontiert. Das Gedränge und das allgemeine Chaos zerrten immer mehr an ihren Nerven. Sie schrie einen besonders aufdringlichen Straßenhändler an und verzichtete auf einige Einkäufe, da die endlose Schlange an den Kassen kaum von der Stelle zu kommen schien. Sie konnte es bald nicht mehr ertragen, zu Fuß durch die überfüllten Straßen zu laufen, und fuhr mit Taxis von einem Geschäft zum nächsten. Auf dem Weg nach Hause musste der Fahrer sie zweimal fragen, wohin sie wolle, weil sie so undeutlich sprach.
    An einer roten Ampel sah Taylor eine ungeheuer dicke Frau in einem Rollstuhl, die zwischen drei- und vierhundert Pfund wiegen musste. Sie hatte eine rosafarbene Ballonmütze auf dem Kopf, wie man sie in den Sechzigern getragen hatte. In der Hand hielt sie einen Plastikbecher, den sie lethargisch jedem Passanten entgegenstreckte. Ihr Blick fiel auf Taylor, und sie rollte auf das Taxi zu. Die Gummireifen ihres Gefährts wurden unter ihrem Gewicht platt gedrückt.
    Taylor presste sich in den Sitz und starrte auf die Ampel. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie die Behinderte immer näher kam, den Arm wie einen Speer ausgestreckt. Die Münzen in dem Becher klapperten wie Steine.
    »Lass mich in Ruhe«, flüsterte Taylor. Der Fahrer sah in den Rückspiegel. »Wie bitte?«
    »Warum dauert das hier denn so lange?«
    »Es ist doch noch gar nicht so lange rot.«
    Die fette Frau, die von der Anstrengung bereits ins Schwitzen geraten war, war nur noch drei Meter von ihr entfernt. Was wollte sie bloß? Was hatte sie in Taylors Augen oder Miene gelesen? Die Frau grinste. Ihre Zähne waren faul und schwarz, und trotz der Dezemberkälte bedeckte ein Schweißfilm ihre Stirn.
    Der schmutzige Rand des Bechers schien sie verschlingen zu wollen.
    Endlich sprang die Ampel auf Grün.
    »Fahren Sie! Los doch!«, rief Taylor.
    »Wollen Sie sich vielleicht ans Steuer setzen?« Das Taxi brauste los.
    Zu Hause angekommen, fand sie einen selbst adressierten Umschlag in ihrem Briefkasten. Sie öffnete ihn, und ein Demo-Band fiel ihr entgegen. Es war nicht das letzte, das sie verschickt hatte – ein halbes Dutzend oder so lagen noch bei den Musikverlagen –, aber dasjenige, auf das sie ihre größten Hoffnungen gesetzt hatte. Man hatte ihr damals geschrieben, dass man es sich anhören wolle. Es war das Band,

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