Ein toedlicher Plan
andere auf. Er kann leider nie die Finger bei sich halten. Wir sind einmal miteinander ausgegangen, und er ist mir etwas zu sehr auf die Pelle gerückt.«
»Ist er vielleicht hier?«
»Als ich vor etwa einer halben Stunde die Kanzlei verlassen habe, hat er noch gearbeitet. Aber ich schätze, er wird heute wieder auf die Piste gehen. Soviel ich weiß, zieht er jede Nacht durch die Clubs.«
»Ist dir vielleicht auch bekannt, wo er sich am liebsten aufhält?«
»Es gibt da einen Laden, der heißt The Space …«
»Den kenne ich«, sagte Taylor, »da bin ich schon mal gewesen. Und wo zieht es ihn sonst noch hin?«
»Tut mir Leid, mehr weiß ich nicht.«
»Hast du Kopien von den Arbeitszeiten am Hanover-Stiver-Fall mitgebracht?«
Carrie reichte ihr einen dicken Stapel Fotokopien. Taylor blätterte rasch darin. »O Gott, sieh sich einer mal an, wie lange Reece arbeitet. Fünfzehn Stunden an einem Tag. Hier sogar sechzehn. Und am nächsten wieder zehn. Und das über mehr als ein Jahr.«
»Deswegen stehe ich ja auch so wahnsinnig darauf, im Bereich Wirtschaftsrecht tätig zu sein«, seufzte Carrie und verdrehte die Augen. »Wenn du in der Prozessabteilung bist, kann es dir passieren, dass du bis zu zwei Jahre an ein und demselben Fall arbeitest.«
»Oh, Linda Davidoff hat sich auch mit dem Fall befasst.«
»War das nicht furchtbar traurig?«, sagte Carrie. »Ich bin nicht zur Beerdigung gegangen. Warst du dort?«
»Ja, ich war da. Hast du sie gekannt?«
»Nicht übermäßig gut. Ein Geheimnis hat sie umgeben.« Carrie lachte unvermittelt. »So wie dich. Ich hätte nie geglaubt, dass du Musikerin bist. Linda hat gedichtet. Wenn ich an sie zurückdenke, kommt mir ihr Leben jedenfalls wie das einer Dichterin vor.«
»Sie hat fast so lange gearbeitet wie Reece.«
»Er ist ein wahrer Traum, was? Ich spreche von Mitchell Reece. Als ich in der Kanzlei angefangen habe, habe ich gleich mit ihm geflirtet, aber irgendwie war er nicht an mir interessiert. Das hat mich damals ziemlich fertig gemacht. Vermutlich bin ich einfach nicht sein Typ.«
»Das ist aber merkwürdig«, sagte Taylor. »Im Juli hat Linda von einem Tag auf den anderen aufgehört, an dem Fall zu arbeiten. Einfach so. Was mag wohl der Grund dafür gewesen sein? Vorher saß sie täglich acht bis zehn Stunden an der Geschichte, und dann war plötzlich Schluss. Ein Assistent namens Sean Lillick ist für sie eingesprungen.«
»Ach, Sean … ein eigenartiger Junge. Ich glaube, er ist auch Musiker. An ihm ist nicht allzu viel dran, aber irgendwie mag ich ihn, obwohl er mich ignoriert. Doch Mitchell ist wirklich süß.« Carrie spielte unbewusst mit den Perlen ihrer Halskette, und ihre Stimme wurde so leise, als wollte sie Taylor den neuesten Klatsch zuflüstern. »Ich habe gehört, du warst den ganzen Tag mit ihm zusammen.«
Taylor sah nicht von den Blättern auf. »Mit wem?«, fragte sie beiläufig, obwohl ihr Herz zu galoppieren begonnen hatte.
»Mit Mitchell Reece.«
»Woher hast du denn das erfahren?«
Glauben Sie wirklich, in einer Anwaltskanzlei könnte etwas lange geheim bleiben?
»War nur so ein Gerücht im Schlachthof. Einige von den Mädchen sind ganz schön eifersüchtig auf dich. Sie würden alles darum geben, für ihn zu arbeiten.«
Wer um alles in der Welt hat uns gesehen?
Warum, zum Teufel, interessiert sich jemand dafür?
»Weiß jemand, dass du dieses Zeug hier für mich besorgt hast?«, fragte Taylor. »Ich meine, die Kopien und all das andere?«
»Nein, niemand. Da bin ich mir hundertprozentig sicher.«
»Kann ich die Papiere behalten?«
»Klar, sind alles bloß Kopien.«
»Wo werden die Arbeitszeitbögen der Kanzlei aufbewahrt?«
»Im Aktenraum. Dort sind sie nach Anwälten geordnet abgelegt.«
»Werden sie in Aktenschränken eingeschlossen?«
»Nein.«
»Und was ist mit den Daten der Computerschlüssel?«, wollte Taylor wissen.
»Die sind im Computer aufgezeichnet. Lass dir von einer der Sekretärinnen die Listen ausdrucken. Äh … Taylor, kannst du mir nicht erzählen, was hier eigentlich vor sich geht?«
»Nun, es hat da einen ziemlichen Schlamassel bei der Rechnung an die Banque Genève gegeben. Wirklich peinlich. Mitchell hat mich gebeten, die Sache in Ordnung zu bringen. Und zwar so unauffällig wie möglich.«
»Von mir erfährt niemand ein Wort.«
Taylor verstaute die Blätter in dem Koffer, in dem sie ihre Noten mitgebracht hatte.
Das Licht wurde gedämpft.
»Ich muss weiter meine Brötchen verdienen«,
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