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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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Aus dem Harvard Club? Aus dem Piping Rock? Er fragte sich, ob er sie schon einmal abgeschleppt hatte, und wenn ja, ob das Ergebnis den Aufwand gerechtfertigt hatte.
    »Einfach unfassbar! Der Türsteher wollte mich nicht hineinlassen. Ich musste meinen ganzen politischen Einfluss geltend machen«, beschwerte sie sich jetzt.
    »Politischen Einfluss?«
    »Ich habe ihm ein Porträt eines der bedeutendsten Politiker aus unserer ruhmreichen Vergangenheit gezeigt. Es ziert einen ziemlich großen Geldschein.« Sebastian glaubte, aus ihren Worten so etwas wie Spott herauszuhören, und es kam ihm so vor, als hätte er irgendwie nicht die ganze Pointe verstanden.
    »Gut gemacht«, sagte er.
    »Der Drink ist Mist. Die Cola schmeckt abgestanden.«
    Für einen Moment fühlte sich Sebastian verletzt, so als hätte er mit dieser Frau eine Verabredung, und sie kritisierte ihn dafür, sie in einen solchen Laden geschleppt zu haben. Er trank sein Glas leer und überlegte dabei, wie er die Kontrolle zurückgewinnen konnte.
    »Hören Sie, ich kenne Sie irgendwoher, Sie sind …«
    »… beleidigt, ganz recht. Ich dachte, jeder Mann trüge meinen Namen auf den Lippen – Taylor Lockwood. Und woher kenne ich Sie?« Sie legte den Kopf schief und sah ihn an.
    Die beiden schüttelten sich die Hände. »Thom Sebastian.« Und schon fiel es ihm ein. »Hubbard, White & Willis.«
    »Genau.« Sie wirkte, als wäre sie erleichtert, endlich zu wissen, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte. »Geben Sie sich gelegentlich mit Anwaltsgehilfinnen ab?«
    »Ja, aber nur, wenn wir woandershin gehen. Hier passiert ja doch nichts.«
    Der Transvestit begann vor ihnen einen Striptease.
    »Wirklich gar nichts?«, fragte Taylor.
    Sebastian lächelte, nahm ihre Hand und führte sie durch die Menge.
    Der Mann lauschte dem Summen des Schlosses, als er die Computerkarte, die so offiziell aussah wie ein Führerschein, in den Metallschlitz neben der massiven Eichentür schob.
    Es war Mitternacht. Der untersetzte Mann trug einen grauen Overall und hatte eine dicke, geschwollene Narbe am Nacken. Er ging ohne sichtliche Eile durch die Eingangshalle von Hubbard, White & Willis und schob dabei einen Karren mit Segeltuchwänden vor sich her. Auf einer Seite war »AAA Vorhangstoffe« zu lesen.
    Er hatte schon viele Büroräume von innen gesehen, und das sowohl tagsüber als auch nachts; Büros von Versicherungsgesellschaften, in denen Reihen grauer Schreibtische in geradezu ungesund ausschauendes Neonlicht getaucht waren, aber auch Chefbüros und Vorzimmer, die neben den feinsten Firmensitzen der Kasinos in Las Vegas bestehen konnten. Er gehörte einer Branche an, in der wie anderswo auch die Ära der Spezialisierung längst eingeläutet war. Seit einiger Zeit war er nur noch in Banken, Investmentgesellschaften und Anwaltskanzleien tätig. Hubbard, White & Willis hatte ihn von Anfang an beeindruckt. Er fand die Einrichtung der Räumlichkeiten alt, aber elegant – wie ein kostbares Juwel.
    Doch während er jetzt die Karre durch die leeren Korridore schob, fühlte er sich herabgesetzt. Aus allen Winkeln und aus den Räumen selbst spürte er Geringschätzung für Menschen wie ihn; sogar die Art, wie der Teppichboden die Geräusche seiner Schritte schluckte, verstärkte in ihm diesen Eindruck. Für die Wände und Säle, ganz zu schweigen von den Frauen und Männern, die hier arbeiteten, war er ein Nichts. Die Haare in seinem Nacken stellten sich auf, als er am Porträt irgendeines alten Mannes vorbeikam. Am liebsten hätte er sein Messer gezogen und die Leinwand zerschnitten. Er wurde das Gefühl nicht los, dass die Augen mächtiger Geister ihn beobachteten, hinter vorgehaltener Hand über ihn kicherten und dann rasch wegblickten, wenn er in ihre Richtung sah.
    Auf dem Gesicht des Mannes zeigten sich etliche aufgeplatzte Äderchen und Blutergüsse, die von zahllosen Schlägereien stammten, und seine Muskeln waren hart und dick wie die eines Bullen. Wenn irgendeines von diesen schwächlichen Arschlöchern, die in den Büros, an denen er vorbeikam, über Büchern hockten (sie warfen ihm nicht einmal ein freundliches Wort oder ein Lächeln zu, diese aufgeblasenen Wichser!), ihn nur mit einem schiefen Blick bedenken sollte, würde er ihm einen Denkzettel verpassen. Und wenn der Betreffende damit noch nicht genug haben sollte, würde es für ihn lebensgefährlich.
    Während er den Wagen immer weiter durch die dunklen Gänge schob und die modernen Gemälde betrachtete, die für ihn

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