Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
Vom Netzwerk:
die Armlehne.
    »Benimm dich bitte wie eine Lady.«
    Nach der unvermeidlichen Trotzminute setzte sie sich den Kopfhörer ihres Walkmans auf, drehte sich langsam im Sessel und stellte die Füße auf den hellgrünen Teppichboden.
    Dudley lachte und nahm das Mikrofon seines Diktiergeräts in die Hand. »Siehst du, ich habe auch einen Recorder.« Sie starrte ihn verständnislos an, und ihm wurde klar, dass sie ihn gar nicht hören konnte. Dudley hatte früh gelernt, sich von ihrem ungehörigen Benehmen nicht irritieren zu lassen. Ruhig fuhr er damit fort, ein Memo zu diktieren, das den wesentlichen Kern einiger Gesetze enthielt, an die er sich zu erinnern glaubte. Am Ende des Diktats gab er seinem Gehilfen noch einige Instruktionen. Dieser würde den Text abschreiben und die angesprochenen Gesetze nachschlagen. Dudley hoffte, dass sie so, wie er sie formuliert hatte, existierten und seinen Standpunkt in diesem Fall untermauerten.
    Ralph Dudley wusste, dass die Gehilfen und Assistenten manchmal über ihn lachten. Er schrie sie nie an, kritisierte sie höchst selten und behandelte sie überhaupt höflich und nicht von oben herab. Doch er vermutete, dass diese jungen Männer (Dudley hatte sich nie so recht an den Umstand gewöhnen können, dass auch Frauen in diesem Beruf tätig waren) dies als Kriecherei ansahen und ihn deswegen verachteten. Es gab ein paar, mit denen er über die guten alten Zeiten plaudern konnte, doch die meisten hatten kaum Zeit für den alten Dudley. Er hatte mehr als einmal mitbekommen, dass sie ihn Grandpa nannten. Nicht nur die Gehilfen und Assistenten, nein, selbst die Partner pflegten diese Art von Spott, wenn auch auf etwas subtilere Weise. Doch obwohl dieses Verhalten ihm die Arbeit mehr und mehr verleidete und auch all seine Loyalität der Kanzlei gegenüber schrumpfen ließ, ärgerte er sich in seinem Innern nicht allzu sehr darüber. Seine Beziehung zu Hubbard, White & Willis war seiner Ehe mit Emma immer ähnlicher geworden: Man nahm sich gegenseitig wahr und behandelte sich mit Respekt, nicht mehr und nicht weniger. So war es ihm möglich, seine Verbitterung in Grenzen zu halten.
    Junie hatte die Augen geschlossen, und ihre Füße in den Lederschuhen wippten zum Takt der Musik. Mein Gott, wie groß sie geworden war und schon fünfzehn. In manchen Momenten – in gewissen Posen oder wenn das Licht auf bestimmte Weise auf sie fiel – kam sie ihm vor wie eine Zwanzigjährige. Dudley wusste, dass sie den anderen Mädchen in ihrem Alter weit voraus war. Schon jetzt war zu erkennen, wie sie später einmal aussehen würde. In den kommenden Jahren würde es in ihr zu tief greifenden Umwälzungen kommen. Sie hatte ihm nie zu diesem Thema Fragen gestellt, und er betete darum, dass sie das auch in Zukunft nicht tun würde. Er versuchte, sich vorzustellen, was Emma zu Junie sagen würde. Aber Emma war schon vor zwölf Jahren von ihm gegangen. Es gab nur noch Dudley und ein Mädchen, das rasch, zu rasch für ihn, erwachsen wurde.
    Als er das Diktat beendet hatte, reichte er Frances das Band und sagte zu ihr: »Junie und ich gehen jetzt. Aber behalten Sie das für sich. Wir haben nämlich ein paar Einkäufe zu erledigen.«
    Die untersetzte Frau blieb an der Tür stehen. »Hast du etwa heute Geburtstag, Liebes?«
    Junie nahm die Kopfhörer ab. »Was?«
    »Hast du Geburtstag?«
    »Nein.«
    »Wir wollen ihr nur ein paar neue Sachen zum Anziehen besorgen.«
    »Vergessen Sie aber bitte nicht, dass Sie um vierzehn Uhr dreißig einen Termin mit den Vertretern von Fallon haben.«
    »Bis dahin sind wir längst zurück. Wir gehen nur zu Lord & Taylor und nehmen dann noch einen Happen zu uns.« Sie hatten schon den Fahrstuhl erreicht, als jemand rief: »Ralph, entschuldigen Sie bitte, aber hätten Sie einen Moment für mich Zeit?«
    Dudley kannte die Frau, kam jetzt jedoch nicht auf ihren Namen. Es empörte ihn etwas, dass sie die Frechheit besaß, ihn beim Vornamen zu nennen. Aber weil er ein Gentleman war, lächelte er nur und nickte. »Ja. Sie sind …«
    »Taylor Lockwood.«
    »Natürlich, natürlich. Darf ich Ihnen meine Enkelin Junie vorstellen? Junie, sag Miss Taylor Guten Tag. Sie arbeitet hier als Anwältin.«
    »Nein, eigentlich nur als Anwaltsgehilfin.«
    »Ach ja, selbstverständlich.« Hatte er je mit ihr zu tun gehabt? Ihr vielleicht einmal einen Auftrag gegeben?
    »Ich würde Sie gerne etwas fragen. Können Sie ein paar Sekunden für mich erübrigen?«
    »Worum geht es denn?«
    »Sie haben doch die

Weitere Kostenlose Bücher