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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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stand, roch sie sein Aftershave, Oscar de la Renta. Sie erkannte es sofort, da einer ihrer Verflossenen es benutzt hatte. Taylor betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild im Glas und fragte: »Wie ist das Verfahren gelaufen?«
    »Ich glaube, ich werde gewinnen.«
    »Sie glauben es nur?«
    »Man kann nie wissen. Der Prozess ist auf nächste Woche vertagt worden.« Wie schon im Gerichtssaal war sein Haar nicht glatt zurückgekämmt, sondern fiel ihm in die Stirn.
    »Beschäftigt Sie der Ausgang denn nicht?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wenn man sein Bestes gegeben hat, hört man auf, sich Sorgen zu machen.«
    Aus einem plötzlichen Impuls heraus sagte sie: »Wenn Sie Zeit haben, könnten wir zusammen zu Mittag essen.«
    »Geht leider nicht. Ich treffe mich im Athletic Club mit einem Zeugen. Wir sind zum Essen verabredet, und dann brauche ich den ganzen Nachmittag, um ihn vorzubereiten.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Und wie kommen Sie voran?«
    »Ich habe an Ihrem Aktenschrank Fingerabdrücke genommen.«
    Er lachte. »Was haben Sie getan?«
    »Ich habe mir eine Privatdetektivausrüstung für Amateure und einen Decoder-Ring besorgt. Und dann habe ich den Ort des Verbrechens mit Pulver bestreut.«
    »Ist denn was dabei herausgekommen?«
    »Ja, fünfundzwanzig Latente – für den Laien: Fingerabdrücke. Fünfzehn davon sind vollkommen unidentifizierbar. Von den restlichen zehn sind einige nur Teilabdrücke, aber sieben davon gehören einwandfrei ein und derselben Person. Ich vermute stark, dass Sie derjenige sind. Ich habe daraufhin Ihren Kaffeebecher bestäubt, und jetzt schulde ich Ihnen einen neuen, denn das Zeug ist nicht wieder abgegangen. Von den drei verbliebenen Abdrücken stammt einer von mir. Der Besitzer des vorletzten ist nicht feststellbar, und den letzten hat Thom Sebastian hinterlassen.«
    »Thom?« Reece runzelte die Stirn. »Dieser Mistkerl.«
    »Gibt es irgendeinen Grund für ihn, in Ihrem Aktenschrank zu stöbern?«
    »Ich habe in einigen Verfahren mit ihm zusammengearbeitet, aber der letzte Fall liegt schon ein Jahr zurück. Davon abgesehen, hat er an anderer Leute Aktenschränken nichts verloren.« Reece lachte laut. »Fingerabdrücke. Was für eine Idee!« Er griff nach ihrem Oberarm, und seine Hand blieb etwas länger auf dem Seidenstoff, so als genösse er die Berührung. Ihre Blicke trafen sich. Sie lächelte, doch dann drehte er den Kopf zur Seite und zog so abrupt die Hand fort, dass sie schon glaubte, jemand habe sie entdeckt. Aber dem war nicht so. Die wenigen hier anwesenden Anwälte interessierten sich nur für ihre Bücher.
    Reece stand jetzt hinter ihr. »Sollen wir uns am Wochenende treffen?«, fragte Taylor. »Bis dahin habe ich bestimmt etwas Neues herausgefunden.«
    »Da muss ich wegen einer eidesstattlichen Erklärung in einem anderen Fall nach New Orleans und habe sicher bis Montagmittag dort zu tun.«
    Sie nickte und unterdrückte tapfer den Schmerz der Enttäuschung. Als letztes Mittel griff sie in ihre Handtasche. »Oh, da wäre noch etwas.« Reece blieb stehen. »Sie wollten doch die Kassette hören.«
    »Sie meinen die Demo-Kassette?«
    Gott sei Dank, er erinnerte sich daran. Sie reichte ihm die unbeschriftete Plastikhülle. »Wenn Sie nicht mögen, müssen Sie nicht …«
    »Sie wandert sofort in meinen Walkman«, sagte er mit seinem jungenhaften Lächeln.
    Heute würde sie bestimmt wieder schlecht gelaunt sein.
    Ralph Dudley lehnte sich in seinem knarzenden Ledersessel zurück und blickte durch das Fenster auf den dünnen Streifen Himmel, der sich draußen neben der Ziegelsteinmauer zeigte.
    Die Intuition war seine große Begabung. Wenn Donald Burdick, mit dem er sich immerzu verglich, über einen brillanten Verstand verfügte, besaß Dudley die Gabe der Intuition. Burdick arbeitete mit Vernunft und Logik, Dudley mit Gespür und Einfühlungsvermögen. So wusste er zum Beispiel schon vorher, dass Junie heute schlechte Laune haben würde, und so war es dann auch. Sie trat ins Büro, begrüßte kurz angebunden Frances, Dudleys in Ehren ergraute Sekretärin, und blieb dann mit gelangweilter Miene und trotzig vorgeschobener Hüfte in der Tür stehen.
    »Komm doch herein«, forderte Dudley sie auf, »ich bin gleich fertig.«
    Junie trug einen Trägerrock, eine weiße Bluse und weiße Kniestrümpfe. Eine blaue Schleife hielt ihr Haar zusammen. Sie gab ihm den obligatorischen Kuss auf die Wange, ließ sich in einen der Besuchersessel fallen und warf die Beine über

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