Ein toedlicher Plan
umso mehr an Sie erinnern kann. Warum rufen Sie sich nicht ins Gedächtnis zurück, was damals vor sieben Jahren in der St.-Teresa-Klinik in Nogales geschehen ist? Und versuchen Sie sich bitte zu entsinnen, ob Sie da eine Patientin dieses Namens hatten. Nun?«
»Wie haben Sie das herausgefunden?« Es war nur ein Flüstern, doch ihm wohnte die Intensität eines Schreis inne. »Wie um alles in der Welt haben Sie das herausgefunden?« Taylor spürte, wie Hitze und Leidenschaft in ihr aufstiegen. Reece hatte seine Krawatte gelöst. Sein Gesicht war vor Erregung gerötet. Selbst von ihrem Platz aus konnte Taylor erkennen, wie Jagdlust in seinen Augen aufblitzte. Sie rutschte noch unruhiger auf ihrem Sitz hin und her, presste ihre Handtasche in den Schoß und stieß mit den Hüften dagegen. Ihr Atem ging schwer, und sie musste mehrmals schlucken.
»Haben Sie am 17. September jenes Jahres Miss Corrones während einer Operation zur Entfernung eines Muttermals an ihrem Bein Ketaject verabreicht? Und haben Sie, als Sie den Eindruck gewonnen hatten, Miss Corrones sei nicht mehr bei Bewusstsein, angefangen, sie zu entkleiden, dann ihre Brüste und Genitalien berührt und schließlich vor ihr so lange masturbiert, bis Sie zum Höhepunkt gelangten?«
»Einspruch!« Der Anwalt der Gegenseite war aufgesprungen.
»Einspruch abgelehnt«, entschied der Richter.
Morse bedeckte sein Gesicht mit den Händen. »Das ist doch schon so lange her.«
Reece bedachte die Geschworenen mit einem Blick schockierten Unglaubens, ehe er sich wieder an den Sachverständigen wandte und ganz ruhig zu ihm sagte: »Und Sie glauben, Sie können meinem Mandanten eine medizinische Fehlbehandlung attestieren, obgleich Sie selbst nicht einmal in der Lage sind, eine Patientin so weit zu betäuben, dass Sie sie in Ruhe vergewaltigen können?«
Der gegnerische Anwalt hob lethargisch seine Hand, um einen Einspruch vorzubringen.
»Ich ziehe die Frage zurück, Euer Ehren«, sagte Reece leise.
Taylor erkannte endlich die Strategie. Und sie begriff, was für ein brillanter Anwalt Reece war. Natürlich hatten seine Klienten vom Krankenhaus einen furchtbaren Fehler begangen und dem Kläger eine sträflich falsche Medikation verabreicht. Selbstverständlich waren sie schuldig, und Morses Gutachten hatte genau das belegt. Aber indem Reece ihn dazu gebracht hatte, die Zauberworte »falsche Behandlung« auszusprechen, und danach den Vorfall in Mexiko ans Licht gezerrt hatte, blieb bei den Geschworenen der Eindruck zurück, dass es sich bei dem einzigen Zeugen, der dem Krankenhaus eine Pflichtvernachlässigung nachweisen konnte, um einen inkompetenten Mediziner und sogar Kriminellen handelte.
Seine geschickte Vorgehensweise erregte sie, und sie sandte ihm in Gedanken ihr Kompliment und ihr Lob zu.
Reece wandte sich wieder an die Geschworenen. Von Taylors Platz sah es so aus, als betrachte er jeden Einzelnen von ihnen als einen Partner, der ihm dabei geholfen hatte, diesen ungeheuerlichen Schwindel aufzudecken. »Ich habe keine weiteren Fragen«, erklärte er.
Taylor bemerkte das Leuchten in seinem Gesicht und die Rötung seiner Wangen. Er ballte siegesgewiss die Fäuste, und sie tat es ihm nach.
Am hinteren Ende des Gerichtssaales entdeckte Reece Wendall Clayton. Die beiden Männer sahen sich kurz an. Keiner von ihnen lächelte, aber Clayton tippte zur Ehrenbezeugung mit zwei Fingern an seine Schläfe, drehte sich dann um und verließ den Saal, in dem es mittlerweile mucksmäuschenstill geworden war. Nur der Sachverständige wimmerte vor sich hin.
…Zehn
Taylor Lockwood hielt sich drei Meter von Reece entfernt in der prächtigen, mit Marmor, Messing und Eichenholz ausgestatteten Bibliothek von Hubbard, White & Willis auf. Nachdem das Verfahren für heute beendet worden war, war sie ihm zurück in die Kanzlei gefolgt. Er hatte seine Tasche in seinem Büro abgestellt und war dann gleich hierher gekommen, wo er etliche dicke Bände aus den Regalen gezogen und mit seinen Recherchen begonnen hatte. Taylor hatte zehn Anstandsminuten gewartet, ehe sie in die Bibliothek gegangen war und so getan hatte, als wäre sie überrascht, ihn dort zu treffen. Er hatte ihr zum Gruß kurz zugelächelt und sich dann gleich wieder seiner Lektüre gewidmet. Taylor hatte sich nicht weit von ihm entfernt an einem Tisch niedergelassen und eine halbe Stunde nichts anderes getan, als ihn zu betrachten, da es ihr unmöglich gewesen war, das Bild von Reece, wie er vor der Geschworenenbank
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