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Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Deaver
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Designerkleid und widmete sich dann wieder in stiller Andacht den Ereignissen auf der Bühne, wo eine Beerdigung stattfand.
    Das Objekt ihrer Trauer war Sean Lillick.
    Sein schmaler Körper lag in einem billigen Holzsarg, aus dem ein Dutzend Kabel hingen. Er hatte sich totenbleich geschminkt. Seine Augen waren geschlossen, aber seine Finger bewegten sich über die Tasten eines Keyboards, das auf seiner Brust ruhte. Aus den Lautsprechern ertönte eine Melodie, die sich aus durch den Synthesizer geschickten menschlichen Stimmen zusammensetzte. Aus dem Hintergrund wogten Meeresgeräusche heran.
    Ein zweiter Darsteller betrat die Bühne, und Taylor hatte das Gefühl, jede einzelne Faser ihres Herzens mache einen Satz. Dort oben stand eine Frau, die genauso aussah wie sie, Taylor Lockwood. Die gleiche Größe und die gleiche Figur, das gleiche schwarze Haar und die gleiche Frisur. Sie hatte sich ähnlich Lillick grauweiß geschminkt und sich ein Bettlaken wie ein Leichentuch umgebunden. Über ihrer linken Brust war ein Blutfleck zu sehen. Taylor schluckte und verfolgte, wie ihr Ebenbild langsam und im Takt zur Musik zum offenen Sarg schritt und ihm eine getrocknete Rose entnahm. Sie drehte sich und ließ dann den Blick über das Publikum wandern. Taylor hätte sich am liebsten vor diesen bohrenden Augen verkrochen. Aber sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Als der Blick ohne innezuhalten über sie hinwegfuhr, stand sie noch immer wie erstarrt da. Endlich kehrte die Schauspielerin den Gästen den Rücken zu und entschwand in die Schatten hinter der Bühne.
    Die Paralyse hielt Taylor noch für einen langen Moment im Griff, dann kehrte Leben in sie zurück. Sie begab sich auf direktem Weg zur Theke und bestellte einen Brandy. Offenbar war dieses Getränk hier noch nie verlangt worden, denn der Barkeeper wusste nicht, wie viel es kosten sollte. Taylor leerte das halbe Glas auf einen Zug und wandte sich dann wieder der Bühne zu, wo die Musik immer leiser wurde, und die Lichter verlöschten. Jemand schob den Sarg fort, und die Hausbeleuchtung wurde eingeschaltet. Begeisterter Applaus ertönte. Lillick trat vor den Vorhang, verbeugte sich überschwänglich, ging zur Bar und winkte unterwegs dem Publikum zu. Er umarmte Taylor und setzte sich dann auf den Hocker neben ihr. Lillick war noch energiegeladener als sonst, redete mit Händen und Füßen und schaukelte auf seinem Sitz hin und her und vor und zurück. Zuerst glaubte Taylor, er habe Koks genommen, doch dann wurde ihr bewusst, dass seine Performance ihn so in Erregung versetzt hatte. Sie hatte dieses Gefühl selbst schon einmal verspürt. Es ließ sich mit nichts anderem vergleichen.
    »Das war die Welturaufführung«, erklärte er strahlend.
    »Es war toll, Sean, wirklich.« Das war noch nicht einmal gelogen. Taylor respektierte seine Art der Kunst, auch wenn sie Kunst, die zum Genießen da war, derjenigen vorzog, die einem nur Respekt abverlangte. »Aber warum mussten Sie einen Geist auftreten lassen, der so aussieht wie ich?«
    Lillick zog erst die Stirn kraus und fing dann an zu lachen. »O mein Gott, ich habe nie darüber nachgedacht. Die Schauspielerin hat wirklich wie Sie ausgesehen. Warum fragen Sie? Hatten Sie das Gefühl, jemand würde über Ihr Grab laufen?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, ja.«
    Lillick suchte die Menge mit den Augen ab. »Angeblich soll heute Abend ein Kritiker vom
East Village Informer
anwesend sein. Habe ich Ihnen eigentlich schon den Zeitungsausschnitt gezeigt? Ich bin in der
Voice
erwähnt worden. Da steht: ›Hütet euch vor Sean Lillick.‹ Können Sie sich das vorstellen? Die
Voice
sagt ihren Lesern, sie sollen sich vor mir hüten. Da habe ich doch glatt eine Woche lang auf Wolke sieben geschwebt.« Er warf einen Blick auf die Reihen des Publikums, die sich allmählich lichteten. »Das Dumme ist nur, dass Kritiker genauso aussehen wie du und ich. Ein echtes Problem. O Gott, ich hoffe, es bleiben noch ein paar Leute übrig für die Show um drei Uhr. Dann geht der Spaß nämlich erst richtig los.«
    »Hallo, Sean.«
    Lillick und Taylor drehten sich um und sahen sich einem schmalen jungen Mann mit kurzem braunem Haar und einem Schnurrbart gegenüber. Er schüttelte Lillick die Hand. »Danny, das ist Taylor Lockwood. Sie will mit dir über Linda reden. Du erinnerst dich, ich habe dir davon erzählt. Taylor, ich möchte Ihnen Danny Stuart vorstellen.«
    Die beiden Angesprochenen lächelten und nickten sich zu.
    Dann sagte Danny: »Ich

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