Ein toedlicher Plan
isolieren.
Noch mehr versetzte es Taylor in Erstaunen, dass er auch von der bevorstehenden Fusion kaum etwas zu wissen schien. Obwohl die meisten Anwälte und Mitarbeiter von Hubbard, White & Willis seit Tagen fast nur noch über den anstehenden Zusammenschluss der beiden Kanzleien debattierten und kaum Zeit für ihre Klienten aufbrachten, hatte Reece allem Anschein nach noch nicht viel davon mitbekommen. Sie erwähnte das jüngste Gerücht, das besagte, Clayton habe einen deutschen Anwalt damit beauftragt, Nachforschungen darüber anzustellen, ob Burdick in der Schweiz irgendwelche Konten eingerichtet habe. »Er versucht vermutlich, dem alten Herrn etwas anzuhängen.«
»Tatsächlich?«, fragte Reece, und seine Verblüffung war echt.
»Machen Sie sich denn überhaupt keine Sorgen deswegen?«, wollte sie von ihm wissen. »Was geschieht, wenn Wendall sich durchsetzt?«
»Nein, eigentlich nicht. Solange ich mich wie bisher um Fälle und Prozesse kümmern kann, ist es mir egal, ob Donald Burdick oder John Perelli auf dem Chefsessel sitzt.«
Als sie mit dem Essen fertig waren, erhob er sich und räumte das Geschirr ab. Taylor wollte ihm helfen.
»Nein, lassen Sie das bitte … Die Hausregel meiner Familie besagt, dass man bei den drei ersten Einladungen als Gast zu betrachten ist. Erst beim vierten Mal wird erwartet, dass man mithilft.«
»Gut, dann helfe ich Ihnen jetzt und hebe mir meinen Gastbonus für ein andermal auf.«
»Meinetwegen. Aber wenn ich bei Ihnen zu Gast bin, trifft dieselbe Regelung auch auf mich zu.«
Sie erhob sich und räumte mit ihm den Tisch ab.
»Kaffee oder ein Dessert?«, fragte er. Taylor war enttäuscht. Sie hatte gehofft, sich länger mit ihm über alles Mögliche unterhalten zu können, um ihm so vielleicht etwas näher zu kommen.«
»Nein, danke, im Moment möchte ich nichts.«
Anscheinend hatte sie die richtige Antwort gegeben, denn er war schon auf dem Weg zur Sitzgruppe und sagte: »Erzählen Sie mir doch bitte, was Sie bislang herausgefunden haben.«
Sie ließen sich beide auf der großen Ledercouch nieder, die mit einem leisen Zischen gegen das ungewohnte Gewicht protestierte. Reece wirkte nervös und begierig, von ihr etwas zu erfahren. Taylor erkannte im Nachhinein, dass ihn schon während des Dinners diese Unruhe befallen hatte. Sie begriff auch, dass sie nicht von der anstrengenden Geschäftsreise oder Mangel an Schlaf herrührte. Ihm ging es einzig und allein um das, was ihn und sie zusammengeführt hatte, nämlich den Diebstahl des Wechsels. Alle Hoffnungen, aus dieser Einladung zum Abendessen könne sich mehr entwickeln, schwanden ebenso dahin wie das dunkle Gespenst seiner Freundin in Westchester. Zwischen ihnen beiden bestand nicht mehr als eine reine Arbeitsbeziehung. Taylor spürte, wie ihr Magen sich verkrampfte und ihre Gedanken wie bei einem Studenten durcheinander purzelten, der unvorbereitet zu einer Prüfung erschienen ist. Reece verlangte von ihr genau das, was seine Arbeit auszeichnete: klare Ergebnisse, ordentliche Arbeitsweise und begründete Schlussfolgerungen. Ihr Mund wurde trocken, und sie musste mehrmals schlucken, ehe sie sagen konnte: »Ich habe eigentlich nichts in der Hand, jedenfalls nichts Konkretes.« Sie beobachtete seine Miene, um festzustellen, wie er darauf reagierte. Doch sie glaubte lediglich ein leichtes Aufflackern von Verzweiflung auszumachen. »Thom Sebastian ist der Hauptverdächtige. Ich habe Ihnen doch von den Fingerabdrücken erzählt. Er streitet zwar ab, in der fraglichen Nacht in der Kanzlei gewesen zu sein, aber ich weiß es besser. Er hat sich durch die Feuertür im sechzehnten Stock hineingeschlichen.« Dann berichtete sie ihm von Sebastians Verbindung zu Bosk und Dennis Callaghan und wie sie die drei im Keller belauscht hatte. Reece schien von ihrem Mut und ihrem Einsatz beeindruckt zu sein. Danach fragte sie ihn: »Haben Sie je im Zusammenhang mit dem Fall Hanover & Stiver den Namen Callaghan gehört?«
Er schüttelte den Kopf. »Aber was könnte Sebastians Motiv sein? Ist er wirklich bereit, eine Haftstrafe zu riskieren, bloß um Hubbard, White & Willis eins auszuwischen?«
»Was würden Sie denn tun, wenn man Sie bei der Partnerschaft übergangen hätte?«
»Ich würde hart genug arbeiten, um sicherzustellen, dass man mich beim nächsten Mal nicht übersieht.«
»Nun ja, ich glaube, Thom scheint zu denken, die Kanzlei schulde ihm das Geld, das er jetzt mit seinen krummen Geschäften einheimst. Vergessen Sie
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