Ein toedlicher Verehrer
reglose Dasitzen, solange nichts von ihr verlangt wurde, und die langsamen, verzögerten Reaktionen. Sie war kreidebleich. Geschminkt? Auch ihre Pupillen waren erweitert, aber dieser Effekt ließ sich genauso gut mit Augentropfen erreichen.
Er verabscheute sich selbst für seine Überlegungen, doch er durfte sich um keinen Preis blenden lassen. Er war zwar nicht mehr für diesen Fall verantwortlich, doch das bedeutete nicht, dass seine Analyse nicht gebraucht wurde.
Dann kam ihm ein weiterer Gedanke: Hatte sie die Beziehung zu ihm nur aufgenommen, um den Verdacht von sich abzulenken oder um über alle Fortschritte im Mordfall Roberts auf dem Laufenden zu sein? Wenn ja, konnte sie sich zu ihrem Erfolg gratulieren, denn der Fall Roberts dümpelte immer noch vor sich hin.
Er hätte sie liebend gern weiter vernommen, doch es war besser, wenn er sich einstweilen im Hintergrund hielt und die Fragen den Kollegen überließ, die den Fall untersuchen würden. Außerdem musste er noch etwas nachprüfen.
Er nickte dem Streifenbeamten zu, trat aus dem Bungalow und sog die warme Frühlingsluft tief ein. Dann machte er sich wieder auf die Suche nach Lieutenant Wester. »Steht der Todeszeitpunkt schon fest?«
»Der Leichenbeschauer hat sich noch nicht darüber ausgelassen, aber ich habe die Leichen gesehen, und die Leichenstarre ist ziemlich weit fortgeschritten. Ich würde sagen -« er wiegte die Hand hin und her - »zwölf Stunden. So in etwa.«
Fuck. Damit fiel der Mord ungefähr mit seinem Einsatz zusammen, als sie aus einer Laune heraus noch mal zum Supermarkt gefahren war, obwohl sie eigentlich schon eingekauft hatte. Den Abstecher hatte sie mit einer plötzlichen Lust auf einen Bananensplit erklärt. War sie kaltblütig genug, erst hierher zu fahren, zwei Menschen umzubringen und auf dem Rückweg Eis zu kaufen? Oder hatte sie das Eis nur gekauft, um ihren Ausflug zu rechtfertigen? Ein Alibi, damit sie danach die Quittung vorweisen konnte: »Siehst du? Ich kann es unmöglich gewesen sein.«
Die Situation war praktisch identisch mit jener nach dem Mord an Richter Roberts. Sie konnte keinen einzigen Zeugen benennen, der bestätigte, dass sie zur Tatzeit wirklich woanders gewesen war, aber sie hatte einen Kassenzettel.
Andererseits hatte sie unmöglich wissen können, dass er mitten in der Nacht zu einem Einsatz gerufen würde. Sie hatte nichts planen können. Hatte sie einfach abgewartet, weil sie genau wusste, dass er irgendwann angerufen würde und dass damit ihre Gelegenheit kommen würde? Eilig hätte sie es nicht gehabt; sie konnte in aller Ruhe auf den geeigneten Augenblick warten. Schließlich kassierte sie ein dickes Gehalt, und falls sie ihr Auge auf den fehlenden gelben Diamantring geworfen hatte - der würde nicht von heute auf morgen verschwinden.
Den Kassenzettel aus dem Supermarkt hatte sie nicht aufgehoben. Er konnte sich genau erinnern, dass sie die Plastiktüten und den Kassenzettel in den Müll geworfen hatte. Wenn sie wirklich so kaltblütig, so berechnend mordete, dann war es ausgesprochen dumm, den Zettel wegzuwerfen. Oder besonders schlau. Schließlich konnte sie jederzeit behaupten: »Hätte ich wirklich den Kassenzettel weggeschmissen, wenn ich geglaubt hätte, dass ich ein Alibi brauche?«
Mein Gott, die Sache trieb ihn noch in den Wahnsinn. Aus welchem Blickwinkel er den Fall auch betrachtete, jede noch so winzige Veränderung ließ die wichtigsten, oder unwichtigsten, Details in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Er fuhr nach Hause und durchwühlte den Abfalleimer in der Küche. Die Plastiktüten waren auf den ersten Blick zu sehen, sie lagen fast oben, bedeckt nur von den Bananenschalen und dem leeren Joghurtbecher vom Frühstück. Er zog die Tüten heraus - es waren zwei strich sie glatt und schaute hinein. Da war der Kassenzettel, verknüllt, aber unversehrt und unbeschmiert.
Er warf einen Blick auf die Ausdruckszeit. Zwanzig Uhr siebenundfünfzig. Das war kurz bevor er heimgekommen war. Wo war sie die ganze Zeit über gewesen, während er weg war?
Der Vernehmungsraum war klein, zweckmäßig eingerichtet und wirkte wenig bedrohlich; an der Decke war eine Kamera angebracht, die die Vernehmung aufzeichnete.
Der Ermittler, Rusty Ahern, war ein erfahrener Vernehmungsspezialist. Er war ungefähr einen Meter achtzig groß und sommersprossig, hatte sandgelbes Haar und ein offenes Gesicht, das zu einem Geständnis einlud. Ganz und gar nicht bedrohlich, sehr sympathisch. So sehr sich Cahill
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