Ein toedlicher Verehrer
Richter hat Miss Stevens zwar einen ordentlichen Batzen vermacht, aber das Geld ist noch nicht mal ausbezahlt worden, es ist also nicht so, als bekäme man den Scheck ausgehändigt, sobald der Leichnam unter der Erde ist. Und wie du selbst angemerkt hast, Doc, ist sie nicht gerade knapp bei Kasse.«
»Das heißt noch gar nichts«, wandte Nolan ein. »Manche kriegen eben nie genug. Und vergiss nicht den klotzigen Diamantring, der verschwunden ist. Ein Stein im Wert von einer Viertelmillion wäre für viele Menschen Anreiz genug. Außerdem sind manche Leute schlicht und ergreifend durchgeknallt.«
Cahill zügelte seinen Zorn. »Sie nicht. Sie ist so vernünftig und ausgeglichen wie nur irgendwer, und wenn du noch einmal behauptest, sie hätte mich unter dem Pantoffel, dann lass ich dich dein Gebiss schlucken, Nolan.« Sie waren heute schon ein paarmal aneinander geraten. Beide waren übermüdet und schlecht gelaunt, und Nolan hatte manchmal eine Art am Leib, die seine Kollegen bis zur Weißglut reizte.
»Immer mit der Ruhe, Jungs«, mischte Wester sich ein. »Doc, was ist mit dem Foto, das Sie im Fall Roberts von dem Kerl am Telefon machen konnten? Haben Sie das schon in der Nachbarschaft der Lankfords herumgereicht?«
»Noch nicht. Bis jetzt haben wir uns auf Sarah konzentriert.«
»Also, dann marschieren Sie mal los. Da der letzte Anruf bei den Lankfords von diesem Apparat aus gemacht wurde, muss dieser Typ unser Mann sein.«
»Aber das ergibt doch keinen Sinn«, widersprach Nolan. »Wieso sollte jemand Richter Roberts umbringen und ihm dann nichts stehlen, wenn er aus dem Testament auch nichts zu erwarten hat? Na schön, dann wurde das Testament eben noch nicht vollstreckt; aber irgendwann wird sie das Geld kriegen. Sie wechselt zu den Lankfords, und zack, kriegen beide eine Kugel in den Kopf. Bin ich wirklich der Einzige, der da ein gewisses Muster erkennt?«
»Und wie passt der Typ auf dem Bild in Ihre Theorie?«, fragte Wester.
»Ganz einfach. Die beiden arbeiten zusammen. Anders geht es nicht. Sie geht rein und besorgt alle Informationen, Alarmcodes, Schlüssel, egal was. Ich weiß nicht, wie sie entscheiden, wann sie zuschlagen - ich meine, für Richter Roberts hat sie fast drei Jahre lang gearbeitet, warum sollte sie so lange warten, um ihn abzuservieren? Und kaum arbeitet sie eine gute Woche für die Lankfords, schon werden beide gekillt. Vielleicht schlagen sie erst zu, wenn sie das Geld brauchen. Wer weiß? Jedenfalls sorgt sie dafür, dass sie ein Alibi hat, während er reinspaziert
und die Drecksarbeit erledigt. Die Opfer ahnen gar nicht, dass er im Haus ist, bis er ihnen die Pistole an den Kopf setzt und abdrückt. Er hat keine persönliche Verbindung zu den Opfern, damit sieht es aus wie Zufall, und solche Mordfälle sind praktisch unlösbar.«
»Hast du eine Alarmanlage zu Hause?«, fragte Cahill.
»Klar, und sie nennt sich Hund.«
»Tja, die Opfer würden durchaus hören, wenn ein Fremder das Haus betritt. In beiden Häusern reagierte die Anlage, sobald ein Fenster oder eine Tür ins Freie geöffnet wurde. Wenn man niemanden erwartet, würde man doch nachsehen, oder? Man würde nicht einfach im Sessel sitzen bleiben und abwarten.«
»Oder sie dachten, es sei die Stevens.«
»Was die Lankfords angeht, wussten beide, dass sie erst am Dienstagmorgen wiederkommen würde.«
Wester zog die Stirn in Falten. »Sie sind also der Meinung, dass die Opfer in beiden Fällen den Täter gekannt haben.«
»Sieht ganz danach aus.«
»Und wir haben es in beiden Fällen mit demselben Mörder zu tun.«
Alle sahen einander an.
»Irgendwas fehlt uns immer noch«, meinte Ahern. »Wir haben kein Motiv.«
»Ich sage euch, es geht ums Geld«, sagte Nolan.
»Und ich sage dir«, fuhr Cahill ihn an, »Geld ergibt nur dann einen Sinn, wenn Sarah sie ermordet hat.«
»Oder sie ermorden ließ.«
»Aber die Opfer haben den Täter gekannt, und es ist höchstwahrscheinlich derselbe Mann, der von dem öffentlichen Telefon aus angerufen hat. Du hast selbst behauptet, dass ihr an-
geblicher Partner keine Verbindung zu den Opfern haben durfte, es kann also nicht beides zutreffen. Entweder haben sie den Mörder gekannt oder nicht. Wenn nicht, warum hätten sie ihn dann ins Haus lassen sollen? Warum hätte Richter Roberts gemütlich mit ihm plaudern sollen? Der Mörder kannte sowohl Roberts als auch die Lankfords.«
»Scheiße.« Nolan starrte die Tischplatte an und überlegte.
»Unser Mann ist also jemand, den sie
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