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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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er hätte keiner Fliege etwas zuleide tun können. Er liebte Tiere und Pflanzen und opferte sich für andere Menschen auf. Er war immer für mich da …»
    «Hätte er auch für Euch getötet?» fragte Licinius verächtlich. Er wandte sich an Gelasius. «Ich glaube, Bischof, was Ihr gehört habt, ist die Wahrheit …»
    «Halt!» Äbtissin Wulfruns schrille Stimme ließ die Anwesenden erschrocken zusammenfahren. Doch schon im nächsten Moment wandten sich alle Blicke wieder Eafa zu, die langsam zu Boden sank. Auf der Vorderseite ihrer stola erschien ein roter Fleck.
    Rasch fing Fidelma das Mädchen auf.
    Das Messer, das in Eafas Brust steckte, sagte mehr als tausend Worte.
    Wulfrun stöhnte entsetzt auf.
    «Warum habt Ihr das getan?» fragte Fidelma, während sich die anderen in einem Halbkreis um die beiden versammelten.
    Eafa schlug mühsam die Augen auf. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
    «Segnet mich … denn ich habe gesündigt …»
    «Warum habt Ihr das getan?» wiederholte Fidelma.
    «Um Eanreds Seele zu retten», stöhnte das Mädchen.
    «Erklärt Euch», drängte Fidelma sanft.
    Blut quoll über Eafas Lippen.
    «Ich habe keine Angst …», flüsterte sie. Dann sah sie Fidelma unverwandt an. «Ihr habt Euch geirrt, Fidelma. Ich bin an jenem Abend in sein Zimmer gegangen.»
    «Das war also der Besuch, den er erwartete», murmelte Ine im Hintergrund. «Deshalb wollte er nicht, daß ich ihm helfe, sich für die Nachtruhe fertig zu machen.»
    Allen war klar, daß Eafa nicht mehr viel Zeit blieb.
    «Ihr seid zu ihm gegangen?» griff Fidelma ihre Worte auf. «Ihr habt Wighard aufgesucht?»
    Das Mädchen hustete wieder. Blut lief ihr aus dem Mund. «Ja … Und ich habe ihm noch einmal erzählt, was ich erfahren hatte. Ich sagte ihm, daß Eanred und ich seine Kinder seien. Außerdem wüßten wir, daß er einen Mörder gedungen hat, um uns und unsere Mutter töten zu lassen.»
    «Und er hat es abgestritten?»
    «Das … das hätte ich … vielleicht noch ertragen. Statt dessen hat er alles gestanden. Er brach in Tränen aus, wandte sich von mir ab und kniete vor seinem Bett nieder. Ach …» Sie rang nach Atem. «Wenn er doch mich oder Eanred oder unsere arme Mutter um Verzeihung gebeten hätte! Aber nein. Er flehte Gott um Vergebung an. Während ich, seine leibliche Tochter, die er so lange verleugnet hatte, dort neben ihm stand, fiel ihm nichts anderes ein als zu beten! Er hatte mir den Rücken zugewandt. Es schien …» Ein quälendes Husten unterbrach ihre Rede. «Es kam mir vor wie eine göttliche Eingebung. Ich nahm seine Gebetsschnur. Er war tot, ehe er wußte, wie ihm geschah.»
    Selbst im Sterben war ihrer Stimme eine bittere Genugtuung anzuhören.
    Gelasius sah sie ungläubig an. «Wie konnte ein zartes Mädchen wie Ihr einen ausgewachsenen Mann erwürgen?»
    Eafas Blick verschleierte sich. Blut sickerte aus ihrer Wunde. Dennoch spielte der Anflug eines boshaften Lächelns um ihre Lippen.
    «Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe von Kind auf gelernt, wie man Tiere schlachtet. Wer mit zwölf einem Schwein die Gurgel abdrücken kann, hat mit einem ausgewachsenen Mann keine Schwierigkeiten.»
    Ihr Körper bebte, und sie hustete wieder.
    Fidelma beugte sich tiefer über sie. «Schwester, die Zeit rinnt davon. Habt Ihr auch Ronan Ragallach getötet?»
    Das Mädchen nickte. «Ihr habt die Gründe schon genannt. Puttoc erwähnte nur, daß Ronan Ragallach eingeweiht war. Ich tötete den irischen Mönch in dem Glauben, daß außer ihm und Puttoc niemand das grausige Geheimnis meines Vaters kannte.»
    «Aber woher wußtet Ihr, wo sich Ronan Ragallach aufhielt? Schließlich haben die custodes vergeblich nach ihm gesucht», fragte Licinius.
    Eafa stöhnte vor Schmerz und verzog ein wenig spöttisch das Gesicht.
    Fidelma sprach für sie. «Ihr wart auf dem Friedhof, nicht wahr, Eafa? Ihr wart mit der Äbtissin dort. Ich glaubte, ihre Stimme zu hören, als ich wieder zu Bewußtsein kam.»
    Eafa nickte. «Es war reiner Zufall. Die Äbtissin wollte Wighards Grab mit Blumen schmücken. Ich begleitete sie, erkannte den irischen Mönch und folgte ihm.»
    «Woran konntet Ihr ihn erkennen?» erkundigte sich Licinius. «Ihr hattet ihn doch bestimmt noch nie gesehen?»
    Eadulf beantwortete seine Frage. «Sie erkannte ihn als den Mann wieder, der sie am Morgen vor dem Mord in der Nähe des domus hospitale angesprochen und sie über Wighard ausgehorcht hatte. Daß es sich dabei um Ronan Ragallach handelte, wußte sie,

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