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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte darauf bestanden, sie von ihrer Herberge durch die Stadt bis zur Anlegestelle zu begleiten. In den letzten Tagen seit der Aufklärung des Mords an Wighard hatte zwischen ihnen eine seltsame Beklommenheit geherrscht.
    «Müßt Ihr denn wirklich schon abreisen?» platzte Eadulf schließlich heraus.
    «Ja», erwiderte Fidelma schlicht. «Jetzt, da der Heilige Vater die Ordensregeln meines Klosters gebilligt und gesegnet hat, muß ich nach Kildare zurückkehren. Meine Mission ist erfüllt. Außerdem hat man mir mehrere Briefe für Ultan von Armagh mitgegeben.» Sie sah Eadulf nachdenklich an. «Und was meint Ihr, wie lange Ihr noch in Rom bleiben werdet?»
    Eadulf zuckte die Achseln. «Möglicherweise wird es mehrere Jahre dauern, bis wir nach Canterbury zurückkehren können. Zuerst müssen wir den neuen Erzbischof unterweisen.»
    Fidelma sah ihn erstaunt an. Von der Berufung eines neuen Erzbischofs hatte sie noch nichts gehört.
    «Vitalian hat also bereits einen neuen Kandidaten ernannt? Ich hatte mich schon gefragt, warum Ihr Euch gestern nachmittag stundenlang in Klausur begeben habt. Ich befürchtete schon, ich müßte abreisen, ohne Euch noch einmal gesehen zu haben. Ist es Abt Hadrian von Hiridanum?»
    Eadulf trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. «Eigentlich sollte noch niemand davon erfahren, aber …» Er senkte die Stimme und raunte ihr vertraulich zu: «Nein, es ist nicht Hadrian. Er hat Vitalians Berufung abgelehnt und einen anderen Abt namens Andrius empfohlen, aber Andrius war offenbar zu krank, um das Amt anzunehmen.»
    «Für wen hat der Heilige Vater sich dann entschieden? Doch nicht etwa für Bruder Sebbi …?»
    Eadulf lachte.
    «Nein, nicht für Sebbi. Der neue Kandidat ist ein älterer griechischer Mönch aus Tarsus und heißt Theodoras. Er hat die letzten vier Jahre als Flüchtling in Rom gelebt. Tarsus ist an die Anhänger Mohammeds gefallen, er mußte fliehen und hat sich in Rom in Sicherheit gebracht.»
    Fidelma war überrascht. «Ein Grieche? Ein Träger der östlichen Tonsur?»
    Eadulf lächelte. «Ich wußte, daß Ihr das sagen würdet. Aber Theodorus hat versprochen, sich nach entsprechender Unterweisung zu den Lehren Roms zu bekennen.»
    «Das wird Euren sächsischen Königen und Prälaten aber gar nicht gefallen», bemerkte Fidelma. «Und schon gar nicht unserem Freund Wilfrid von Ripon.»
    Eadulf nickte. «Deshalb werden wir auch noch eine Weile in Rom bleiben. Hadrian hat von Vitalian den Auftrag bekommen, Theodorus in den Lehren Roms zu unterweisen. Außerdem soll er den neuen Erzbischof nach Canterbury begleiten und ein Auge darauf haben, daß er in den sächsischen Königreichen keine griechischen Sitten einführt. Schließlich unterscheiden sich diese bekanntermaßen nur unwesentlich von den Geboten der Kirche Columbans.»
    Fidelma grinste spitzbübisch. «Nun, das wäre doch eine interessante Wendung, Eadulf. Die Entscheidung von Witebia zugunsten Roms wird von einem von Rom berufenen Bischof wieder rückgängig gemacht.»
    Eadulfs Miene blieb ernst, obwohl er sich dieser Logik nicht verschließen konnte. «Wie Ihr schon sagtet, werden viele mit dieser Berufung nicht einverstanden sein.»
    «Was ist mit den Brüdern Sebbi und Ine?»
    «Ine hat zugestimmt, Theodorus’ persönlicher Diener zu werden, und Sebbi wird als Abt von Stanggrund nach Kent zurückkehren, so wie er es sich immer gewünscht hat. Zumindest seine ehrgeizigen Pläne haben sich erfüllt.»
    Fidelma sah ihn aufmerksam an. «Und Ihr?»
    «Ich? Ich habe Vitalian versprochen, Theodorus als scriptor und Berater in allen Fragen des sächsischen Rechts zur Seite zu stehen. Aber es wird eine Weile dauern, bis wir soweit sind, daß wir die Rückreise nach Canterbury antreten können. Theodorus hat nicht nur vieles zu lernen, er ist bisher auch nur ein einfacher Mönch. Er muß erst zur Kirche Roms konvertieren und danach zum Priester, Diakon und Bischof geweiht werden.»
    Fidelma betrachtete die Holzplanken des Stegs so angestrengt, als besäßen sie eine geheimnisvolle Anziehungskraft. Eine Weile lang schwiegen sie beide.
    «Ihr werdet also hierbleiben, bis Theodorus bereit ist, sein Amt in Canterbury anzutreten?»
    «Ja. Und Ihr werdet für immer nach Kildare zurückkehren?»
    Fidelma verzog das Gesicht. «Ihr werdet mir fehlen, Eadulf …», sagte sie anstelle einer Antwort.
    Vom Ende des Stegs waren laute Rufe zu hören. Als Fidelma und Eadulf sich umdrehten, sahen sie Äbtissin Wulfrun auf sich zukommen.

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