Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
den neuen Schwung nicht nutzen und den widerlichen Schloo nochmals durch die Mangel drehen sollte?
    Nee, im Augenblick hatte er keine Lust dazu.
    Mit der Jenny Treibet war er auch am Ende; der sechste Fontane konnte abgehakt werden. Außerdem haßte er den Roman geradezu, nachdem Dr. Weber ihm und den Kollegen empfohlen hatte, sich den letzten Satz zur Maxime ihres weiteren Berufslebens als Kriminalisten zu machen: Wir wollen nach Hause gehen. Das war ganz süffisant gekommen: Das, meine Herren, ist doch der erste und einzige Gedanke, den Sie morgens haben, wenn Sie in die Keithstraße kommen.
    Warum das ganze Theater?
    Die Erde war rettungslos übervölkert. 3,6 Milliarden Menschen, allein in der Bundesrepublik 60 Millionen – was kam’s da schon darauf an, ob solche Pfeife wie dieser Kuhring noch lebte oder nicht? Außerdem war er selber schuld: Was mußte er diesen armen Teufel von Ossianowski zum Narren halten? Wenn’s so was wie einen gerechten Mord gab, dann war dies einer…
    Mannhardt erschrak. Das eben Gedachte laut verkündet, hätte ihn den Job kosten können. Aber was half’s, er konnte weder, wie gefordert, Abscheu vor der heimtückischen Tat eines pathologischen Menschen, empfinden noch Mitleid mit dem Opfer. Zumindest längst nicht soviel Abscheu wie vor Leuten, die dafür verantwortlich waren, daß Menschen in manchen Gegenden mit importiertem Kriegsgerät aufeinander losgingen. Nach allem, was er von Kuhring wußte, war dessen Tod kein allzu großer Verlust für die menschliche Gesellschaft… Im gleichen Augenblick fand er sich ziemlich widerlich, weil er das dachte.
    Scheißspiel.
    Vielleicht kam er mal mit sich ins reine, wenn die Kripo zur Heilung von Verbrechern einen ‹sozialtherapeutischen Dienstzweig› einführte, wie er diesem leitenden Kriminaldirektor in Wuppertal vorschwebte. Das wäre was für ihn gewesen: nicht nur Tatermittlung und Jagd nach dem Täter, sondern Erforschung der Täterpersönlichkeit, Beratung bei seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft… Aber das war vorläufig noch Utopie.
    Koch kam herein und brachte zwei Pappteller mit Bockwürstchen, Senf und Weißbrot mit.
    Mannhardt staunte.
    «Zum Mittagessen kommen wir doch nicht», sagte Koch. «Weber schickt uns gleich einen lieben Gast rüber – diesen Schloo. Wir sollen ihn ausquetschen, und wenn’s bis Mitternacht dauert. Er hat Angst, daß sie ihn zum BKA nach Wiesbaden abschieben, wenn’s Zumpe und Brockmüller auch noch erwischt.»
    «Von wem haste ‘n das?»
    «Von Ranow.»
    «Hm…» Mannhardt unterdrückte eine bissige Bemerkung. Rannow war gestern zum Hauptkommissar befördert worden, obwohl er, Mannhardt, nach Ansicht aller Kollegen viel eher dran gewesen wäre.
    Koch verzehrte sein Würstchen mit einer Verzückung, als wär’s Gänseleberpastete. «Schade um den Kuhring – war schon ‘n toller Hecht. Was der alles für Bienen vernascht hat… Bin ich der reinste Waisenknabe gegen.»
    «Vielleicht kannste seine Erbschaft antreten; sieh doch mal in seinem Notizbuch nach.»
    Koch grinste. «Du bist ‘n Genie!» Er nahm das zweite Würstchen und wollte gerade zu einem äußerst bildhaften Vergleich ausholen, da klopfte es kurz.
    Dr. Weber stand in der Tür.
    Sie erstarrten. Wie Sextaner, die beim Rauchen auf dem Scheißhaus erwischt werden.
    Dr. Weber lächelte mokant. «Guten Appetit, meine Herren, bei Ihren Würstchen. Aber offenbar kennen Sie Ludwig Feuerbach nicht…?»
    «Nein», sagte Mannhardt gepreßt.
    «Jedenfalls nicht persönlich!» lachte Koch. «Aber das ist doch der amerikanische Kugelstoßer – Weltrekord…»
    Dr. Weber schluckte. «Ich meine nicht Al Feuerbach, sondern Ludwig Feuerbach. Der hat nämlich gesagt: Der Mensch ist, was er ißt!»
    Peng – das saß wieder mal.
    Mannhardt wagte nicht, etwas Geistreiches zu entgegnen. Außerdem fiel ihm nichts ein. Wenn Weber auftauchte, war’s aus mit seiner Schlagfertigkeit. Völliger black-out.
    Koch hingegen, das freche Aas, erinnerte sich: «Haben Sie nicht neulich von Froschschenkeln geschwärmt, die Sie irgendwo gegessen hatten?»
    Weber schluckte abermals.
    «Hier…» Er warf ihnen den Entwurf einer Anzeige auf den Tisch. «Das soll im Oktober in den Zeitungen erscheinen, damit wir neue Leute kriegen. Wenn Ihnen was dazu einfallen sollte – Kommentar morgen früh bei der Dienstbesprechung.» Ganz demokratisch. «Und sehen Sie zu, daß der Schloo endlich auspackt.» Draußen war er. Ohne lateinisches Zitat.
    «Mensch, der hat

Weitere Kostenlose Bücher