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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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jemand, der hauptsächlich tagsüber schläft. Und das auch nur am Ende des
Monats...
    „Ganz meinerseits“, erwiderte ich. „Sie als
Freund der Familie können mir vielleicht ein paar Tips geben.“
    „Hat die Kleine Ihnen erzählt...“
    „Weder die Kleine noch ihr Vater haben mir viel
erzählt. Wenn ich das Geld nicht bräuchte, hätte ich den Fall gar nicht erst
angenommen.“
    „Auf Ihr Wohl“, prostete er mir zu und tauchte
seine trockenen Lippen in das nasse Getränk.
    „Auf Ihres“, prostete ich zurück. „Der Auftrag
ist was für Anfänger. Jedenfalls hab ich diesen Eindruck gewonnen. Einen
leichtsinnigen jungen Mann auf den rechten Weg zurückzubringen...“
    „Genau darum geht es“, stimmte er mir eifrig zu,
wobei er mir seine Hände mit der Fläche nach oben entgegenstreckte, so als
erwarte er, daß ich etwas hineinlegen würde, und als sei er glücklich, sich mit
einem so brillanten Kopf wie mir einig zu wissen. „Genau darum! Nichts
Dramatisches.“
    „Ich möchte Ihnen etwas gestehen: Ich betrachte
mich als nicht zuständig. Und darüber hinaus ärgert es mich ein wenig, daß man
mich als Kindermädchen betrachtet. Na ja, von irgend etwas muß man schließlich
leben...“
    Er nickte zustimmend.
    „Joëlle hat mir gesagt“, fuhr ich fort, „daß Sie
mir Zutritt zum Club Antinéa verschaffen können.“
    „Ich bin dort Mitglied. Und als solches kann ich
einen Gast mitbringen.“
    „Würden Sie mich als Ihren Schützling
akzeptieren?“
    „Natürlich. Wann soll ich Sie einführen?“
    Ich stopfte umständlich meine Pfeife, während ich
bedauernd an die andere dachte, an die mit dem Indianerkopf. „Vielleicht gehe
ich gar nicht hin“, sagte ich.
    „Warum das denn nicht?“
    Unschlüssig hob ich die Schultern.
    „Der Alte wirft sein Geld zum Fenster hinaus.
Was er sich von mir erhofft, ist offensichtlich Kleinkram. Ich soll einfach nur
mit dem jungen Mann sprechen, ihn zur Vernunft bringen und ihn zu seinem Papa
zurückbringen. So ein Programm kann man in drei Stunden abwickeln.“
    Mein Gegenüber riß ein Streichholz an und hielt
es mir hin.
    „Wahrscheinlich“, murmelte er halbherzig.
    In diesem Augenblick kam Joëlle zurück. Die
Fingernägel hatte sie sich allerdings nicht frisch lackiert. Der Lack war nach
wie vor abgeblättert.
    „Essen Sie mit uns?“ fragte sie mich.
    „Ausgezeichnete Idee!“ rief Dumonteil. „Bei
Tisch plaudert es sich angenehmer.“
    „Einverstanden“, sagte ich.
    „Trinken wir noch was“, schlug Dumonteil vor.
„Charles, noch mal das gleiche!“
    Der Barkeeper machte sich ans Werk. Ich trank
meinen Martini aus und sah auf die Uhr.
    „Ich muß zu Flause Bescheid sagen, daß ich
auswärts esse“, verkündete ich.
    Der Barkeeper gab mir eine Telefonmarke, und ich
verschwand in der Telefonkabine. Ich wählte die Nummer meiner Agentur. Hélène
aß gerade ein Sandwich, was ich an der Art, wie sie sich meldete, bemerkte.
    „Gehen Sie in ein anständiges Restaurant“, sagte
ich zu ihr. „Ich hab grad etwas Geld und kann Ihnen ein Mittagessen spendieren.
Aber dafür müssen Sie hinterher etwas für mich erledigen.“
    „Ich höre.“
    „Roland Flauvigny, Jurastudent,
wohnhaft Rue Tournefort 22a! Häufiger
in den Bistros des Quartier Latin als an der Uni zu treffen. Ich muß ihn
sprechen, weiß aber nicht, ob ich’s vor heute abend schaffe. Je mehr ich vorher
über ihn erfahre, desto besser. Machen Sie sich hübsch, sehen Sie sich in der
Gegend um, und tragen Sie soviele Informationen wie möglich über ihn zusammen.
Ich werde ebenfalls recherchieren. Später können wir dann unsere Ergebnisse
vergleichen. Falls nötig, verwandeln Sie sich in irgendeine barmherzige
Spendensammlerin, um ihn nicht zu erschrecken, und suchen Sie ihn bei sich zu
Hause auf.“
    „In Ordnung.“
    „Irgendwie ist das so, als würde ich Sie bitten,
Mäuse zu melken. Aber so genau weiß man das ja nie.“
    „Und außerdem“, lachte sie, „haben Sie dann
nicht das ungute Gefühl, mir etwas zu schenken, wenn Sie eine Anzahlung auf
meine Lohnrückstände machen werden!“
    „Genau das hatte ich vor: Ihnen etwas zu
schenken.“
    „Oh, Monsieur hat Geld lockergemacht?“
    „Nun ja... Zehntausend.“
    „Genau die Summe, die ich brauche.“
    „Tja, aber ich mußte tausend Francs an einen
Mittelsmann zahlen.“
    „Ich bin auch mit neuntausend zufrieden.“
    „Das erleichtert mich.“
    „Erleichtern ist das richtige Wort.“
    „Spaß beiseite. Versuchen Sie, Reboul

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