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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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zu schneiden.“
    Joëlle kam wieder zu uns zurück. Sie hatte sich
die Lippen nachgezogen und die Wimpern frisch getuscht. Ihre Fingernägel ließen
weiterhin zu wünschen übrig. Vielleicht hatte sie ein Gelübde abgelegt.
    Dumonteil entschuldigte sich für seine Neugier
und erkundigte sich danach, wie ich vorzugehen gedachte. Würde sich nach all
dem, was er mir erzählt hatte, ein Besuch im Antinéa erübrigen?
    „Ich möchte Ihre Auskünfte nicht in Zweifel
ziehen“, sagte ich, „aber ich bin es meinem Auftraggeber schuldig, die Fakten
zu überprüfen.“
    „Natürlich, natürlich“, murmelte er.
    „Wann und wo kann man Ihrer Meinung nach Roland
am besten antreffen?“
    Joëlle sah Dumonteil unschlüssig an.
    „Keine Ahnung“, sagte dieser. „Wollen Sie noch
heute nachmittag mit ihm sprechen?“
    „Ich weiß nicht, ob ich Zeit dazu haben werde.
Sind die Aussichten gut, ihn heute abend im Antinéa zu treffen?“
    „Bestens.“
    „Auf jeden Fall würde ich gerne ein wenig
Atmosphäre in diesem Club schnuppern, bevor ich mit Roland spreche. Würden Sie
mich einschleusen?“
    „Mit dem größten Vergnügen! Auch wenn Sie
wahrscheinlich nicht mehr erfahren werden als das, was ich Ihnen erzählt habe,
so können Sie sich doch davon überzeugen, daß es ein abenteuerlicher Ort ist.
Ich schäme mich beinahe, jetzt, nach meinen... Anschuldigungen.“
    „Aber, aber“, beschwichtigte ich ihn lächelnd,
„wir wollen doch den Erwachsenen nicht vorenthalten, was den noch nicht
Volljährigen verboten ist?“
    „Ich wohne in der Rue de Seine 60. Kommen
Sie heute abend bei mir vorbei, so um elf, halb zwölf? Dritte Etage.“
    „Einverstanden.“
    Er aß seinen Nachtisch, trank noch einen letzten
Schluck und bat darum, uns für einen Augenblick allein lassen zu dürfen.
    Als er hinausgegangen war, trank ich ebenfalls
mein Glas leer und ging ans Fenster. Der Regen hatte aufgehört, aber der Himmel
blieb grau.
    „Dumonteil nimmt sich Ihren Kummer sehr zu
Herzen“, stellte ich fest. „Scheint ‘n netter Kerl zu sein.“
    Als Antwort darauf hörte ich, wie ein Stuhl nach
hinten geschoben wurde. Ich spürte das junge Mädchen hinter meinem Rücken und
drehte mich um.
    „Monsieur Burma...“
    Ihre Haselnußaugen mit den vom Tränenausbruch
geröteten Lidern spiegelten eine Menge Gefühle wider. Man hätte ein ganzes Buch
über das schreiben können, was alles in ihrem Blick lag: Angst, Enttäuschung,
Abscheu und dazu noch viele gefährliche, die Phantasie herausfordernde Gefühle.
    Wortlos kam sie näher, bis sie mich beinahe
berühren konnte, berührte mich auch tatsächlich und bot mir ihre Lippen dar.
Wir hatten ganz schön gebechert, sie und ich. Vielleicht wirkte sich auch die
Nähe des Musée de Cluny mit einem der berühmten Stücke seiner Sammlung auf
unser Verhalten aus. Ich weiß es nicht, dachte auch nicht weiter darüber nach,
sondern nahm sie in meine Arme, küßte sie auf den Mund... und stieß sie sofort
wieder von mir.
    Dumonteil war auf leisen Sohlen zurückgekommen,
stand nun wie angewurzelt in der Tür und starrte uns aus seinen glanzlosen
Augen an.
     
    * * *
     
    Es ereignete sich kein Drama. Alles ging so vor
sich, wie es eben unter Leuten der guten Gesellschaft vor sich geht. Dumonteil
beglich die Rechnung, und wir erinnerten uns noch einmal gegenseitig an unsere
nächtliche Verabredung. Dann gingen wir die steile Treppe nach unten, verließen
das Lokal, und ich verabschiedete mich von meinen beiden Mitstreitern.
    Später beobachtete ich mich lange im Spiegelglas
eines Fahrkartenautomaten der Metro. Ich konnte aber weder die Züge eines
Trottels noch die eines Donjuán entdecken.
    Und dennoch hatte man mich innerhalb weniger
Stunden sowohl für den einen als auch für den anderen gehalten.
    Wirklich zu komisch!

Nach dem Sarazenen der Paladin
     
     
    An der Ecke Rue Sainte-Anne kaufte ich bei einer
Alten mit Bart eine Abendzeitung und ging in das Bistro gegenüber. Ich begrüßte
den Patron und seinen Kellner mit Handschlag. Der Chef hieß Valéry, aber der
Dichter hier war Jean. Der Kellner behauptete, daß man in der Rue des
Petits-Champs die schönsten Frauen von Paris treffen könne. Die Anwesenheit der
wenig dekorativen Zeitungsverkäuferin versetzte seiner These eine schallende Ohrfeige,
die ihn sehr schmerzte. Jetzt hatte er sich einmal einen guten Slogan fürs
Bistro ausgedacht... So ein Pech aber auch!
    „Was soll’s denn sein, Monsieur Burma?“
    „Ein

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