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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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kein orthodoxer Ort. Außer vielleicht, was ihre Gefühle
gegenüber den Christen betrifft.“
    „Feindselige?“
    „Ziemlich feindselige.“
    Dumonteil schwieg eine Weile, dann sagte er:
    „Sie werden es seltsam finden, daß ich trotz
allem dort immer noch Mitglied und häufiger Gast bin. Nun, ein Ort für einen
jungen Mann ist das nicht... Vor allem nicht, wenn dieser junge Mann labil ist.
Im Antinéa laufen komische Zeitgenossen rum.“
    „Sie meinen doch damit nicht etwa sich selbst?“
lachte ich. „Mich?“ Er zuckte mit den Schultern, so als wollte er sagen: ,Die
Pflicht geht vor.’ „Um mich geht es hier nicht. Wir können doch offen
miteinander reden, oder?“
    „Vollkommen.“
    Trotz meiner Versicherung zögerte er noch ein
wenig damit, sich zu öffnen. Er biß sich nervös auf die Lippen und runzelte die
Stirn. Sein Gesicht wurde noch einen Ton bleicher. Er goß wieder unsere Gläser
voll und trank seins in einem Zug leer. Vielleicht würde ich jetzt endlich
etwas mehr erfahren?
    „Um auf das Antinéa zurückzukommen Er
wich meinem Blick aus. Seine Verlegenheit wurde immer größer. Er schenkte sich
wieder nach.
    „Es wird dort mit Drogen gehandelt... Erwarten
Sie keine Einzelheiten von mir“, fügte er lebhaft hinzu. „Für Sie ist das völlig
uninteressant. Schließlich sind Sie nicht von der Polizei. Ich sage nur, was
ich weiß.“
    „Dann geht es also um Drogen?“ fragte ich.
    „Ja, darum geht es.“
    Er schien erleichtert und konnte mir auch wieder
in die Augen blicken.
    „Was für Drogen?“ hakte ich nach.
    „Haschisch, Opium. Roland raucht das Zeug
und...“
    Joëlle stieß ihren Teller zurück und brach in
Tränen aus. Dumonteil versuchte, seine Ungeduld zu überspielen. Es dauerte nur
einen kurzen Moment. Dann war er wieder ganz der fürsorgliche Freund des Hauses.
Er legte seinen Arm um die Schultern des jungen Mädchens und versuchte, sie zu
trösten. Ich meinerseits beteiligte mich an der Aktion mit ein paar
beruhigenden Worten, die noch niemandem geschadet haben. Joëlle gewann auch
bald ihre Beherrschung zurück.
    „Entschuldigen Sie“, flüsterte sie und sah uns
durch einen Vorhang aus Tränen hindurch an.
    „Sie brauchen sich nicht aufzuregen“,
versicherte ich ihr. „Ich habe Ihrem Vater versprochen, daß es keinen Ärger
geben wird. Also wird’s auch keinen geben.“
    Sie antwortete nicht, trocknete ihre Tränen und
verschwand in der Toilette, um die restlichen Spuren zu tilgen. Die Kellnerin
mußte eine schöne Meinung von uns beiden, Dumonteil und mir, bekommen!
    „Was Roland braucht, ist ein Arzt und kein
Privatdetektiv“, sagte ich zu Dumonteil. „Verdammt nochmal! Das fällt nicht in
mein Ressort. Konnten Sie denn den Jungen nicht zur Vernunft bringen? Mußte es
soweit kommen?“
    „Wir haben alles versucht, glauben Sie mir“,
verteidigte sich der Freund der Familie Flauvigny. „Nichts zu machen! Verstehen
Sie mich recht, Monsieur Burma. Eben im Bistro habe ich gesagt, es sei nichts
Dramatisches. Aber der Junge ruiniert seine Gesundheit. Und der alte Flauvigny
ist durch den Krieg und die Folgen schon arg mitgenommen. Wenn Roland nun in
einen Skandal verwickelt wird...“
    „Das hab ich schon mal gehört“, unterbrach ich
ihn, um es kurz zu machen.
    „Als wir begriffen, in welch schlimme Lage sich
Roland hineinmanövriert, haben wir alles versucht, um ihn davon abzubringen.
Vergeblich, wie gesagt. Nach langem Hin und Her hat Joëlle sich entschlossen,
ihrem Vater alles zu erzählen. In Anspielungen und ohne das Wort ,Drogen’ zu
erwähnen. Der Alte hat ihr nur halb geglaubt „Weil sie eine Lügnerin ist?“
    „Das sind sie alle“, antwortete Dumonteil diplomatisch.
„In diesem Fall jedoch sagte Joëlle die Wahrheit. Aber Monsieur Flauvigny hat
ihr keinen Glauben geschenkt und sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt, um sich
Gewißheit zu verschaffen.“
    „Ich dachte, der Vorschlag kam von Mademoiselle
Flauvi-
    s n y ?
    „Mehr oder weniger, ja. Ein Privatdetektiv ist
so etwas wie eine... wie soll ich sagen? ... eine neutrale Instanz, und da der
Alte ihr nicht glauben wollte... Jedenfalls bin ich froh, daß Sie die Sache in
die Hand nehmen. Jemand wie Sie wird Roland zur Vernunft bringen können.“
    „Genauso hab ich mir das vorgestellt“, knurrte
ich. „Ich soll das Kindermädchen spielen.“
    „Eher den Kinderschreck“, verbesserte er mich
lächelnd. „Sie sollen ihm nämlich Angst machen.“
    „Dann werd ich noch lernen müssen, Grimassen

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