Ein Toter hat kein Konto
daß er gut inszeniert war, der Unfall. Oder war’s ein Unfall?“
sinnierte er weiter. „Im allgemeinen ist so was in der Welt, in der Flauvigny
sich bewegt, verpönt.“
Ich säbelte ebenfalls an meinem Steak herum.
Auch wenn mein Gaumen sich noch an die drei Aspirin erinnerte, die ich zum
Aperitif geschluckt hatte, schien mir das Fleisch nicht sensationell zu sein.
„Je weniger Lärm man um diesen Tod macht“, sagte
ich, „desto besser. Übrigens verdient er es auch nicht. Sie wollen alles
miteinander verbinden: den Tod des Sohnes, den Mord an dem Arzt und was weiß
ich noch. Es liegt im Interesse meines Klienten, aus der Sache herausgehalten
zu werden. Das heißt nicht, daß die Ermittlungen im Sande verlaufen sollen.
Aber man täte gut daran, Leute nicht mit hineinzuziehen, die nichts damit zu
tun haben. Davon abgesehen, wäre ich nicht böse darüber, wenn Sie diejenigen
ein wenig piesacken würden, die Roland mit Rauschgift versorgt haben. Auch dem
Papa würde es gefallen
„Werd versuchen, heute abend ‘ne Razzia zu
veranstalten. Wollen Sie sich das Schauspiel ansehen?“
„Ganz bestimmt nicht. Ich werde mich ins Bett
legen und hoffentlich erst in zwei Tagen wieder aufwachen... Der Tip mit dem Antinéa war prima, was? Araber interessieren Sie, könnte man meinen. Ist es wegen des
Toten auf der Mülldeponie?“
„Riton-der-Spinner hatte einen Araber in seiner
Bande. Der wurde bei dem Überfall auf die Bankzentrale erschossen.“
„Riton-der-Spinner?“ Ich lachte laut auf. „Geben
Sie mir bitte noch was zu trinken. Der Name geht sonst so schlecht runter.
Riton-der-Spinner! Hab schon lange nichts mehr von ihm gehört. Etwa seit einer
Stunde. Den gibt’s also wirklich? Und ich dachte schon, das wär ‘ne Erfindung
der Tour Pointue. Alle ungelösten Fälle können so schön seinem Konto
gutgeschrieben werden...“
„Doch, den gibt es“, versicherte Faroux, schien
aber selbst wenig überzeugt davon.
„Und natürlich ist er der Mörder von Dr.
Péricat?“
„Sie wissen doch, daß Sie den Arzt erschossen
haben!“
„Ach ja, stimmt! Aber Sie kennen noch nicht mein
Tatmotiv: mangelndes Vertrauen zu mir. Mein Gesicht hat weder ihm noch seiner
Haushälterin gefallen, und er hat zur Sicherheit einen Revolver mitgenommen, um
mich zu begleiten. Das hat mich geärgert.“
„Lassen Sie die Scherze“, sagte Faroux, ein
Salatblatt zwischen den Zähnen. „Wie meinen Sie das mit dem Revolver?“
„Sie sind doch der Experte! Bei dem Interesse,
das Sie für die Waffe an den Tag gelegt haben...“
Wie ein Kaninchen mümmelte er an seinem
Salatblatt, bevor er es endlich hinunterschluckte.
„Wenn wir neben einem Erschossenen einen
Revolver finden, interessieren wir uns nicht für eine Armbrust“, belehrte er
mich. „Wir werden nicht dafür bezahlt, unserer Phantasie freien Lauf zu lassen.
Und ob die Waffe dem Opfer gehört hat oder nicht, spielt keine Rolle. Wir
ziehen die entsprechenden Schlüsse daraus.“
„Und? Gehörte sie ihm?“
„Das weiß ich nicht. Seine Haushälterin konnte
uns nicht weiterhelfen.“
Ich trank langsam ein paar Schlückchen, dachte
schnell nach, stellte das Glas auf den Tisch zurück und beschloß, es mit einer
Notlüge zu versuchen.
„Péricat besaß eine Waffe“, sagte ich.
„Woher wissen Sie das?“
„Er hat mich ein paar Minuten in seinem
Arbeitszimmer alleingelassen. Und da habe ich..
„...seine Schubladen durchwühlt!“ ergänzte
Faroux. „Nein, nur eine.“
„Und sofort die richtige, was? Was war das denn
für eine Waffe?“
„Eine Feuerwaffe!“ lachte ich. „Bestehend aus
verschiedenen Metallteilen: Kolben, Lauf und Magazin. Nichts ähnelt so sehr
einem Revolver wie ein Revolver.“
„Ein Schalldämpfer verändert das Aussehen.“
„Oh, Péricats Waffe besaß keinen Schalldämpfer.“
„Wissen Sie nicht, daß man einen Schalldämpfer
auf- und wieder absetzen kann?“
„Doch, das weiß ich. Aber ein normaler Bürger,
der im Besitz eines Revolvers ist, benutzt so ein Ding nicht. Überlassen wir
das lieber Riton-dem-Spinner!“
„Péricat war vielleicht kein normaler Bürger.
Hat er seine Waffe auf Ihrem gemeinsamen Ausflug mitgenommen?“
„Wenn er’s getan hat, dann ohne daß ich’s
bemerkt hätte. Ich erinnere mich jedoch, daß er noch mal in sein Arbeitszimmer
zurückgegangen ist...“
Die Märchenstunde neigte sich ihrem Ende zu.
Faroux verschlang den Nachtisch, zahlte... und vergaß prompt das Trinkgeld. Das
sicherte uns
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