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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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die äußerst zurückhaltende Beachtung des Kellners, als wir das
Restaurant verließen.
    „Kommen Sie doch mit zur Tour Pointue“, forderte
mich der Kommissar auf.
    Auf den düsteren Korridoren der Kripo
informierte mich mein Freund über das Neueste von Riton-dem-Spinner. In
Batignolles hatten Ritons Nacheiferer — wenn nicht der Meister persönlich — aus
reiner Menschenfreundlichkeit versucht, einen Kassierer von allen Sorgen und
zwei Millionen Francs zu befreien. Der Kassierer lag im Koma und die kassierten
Millionen wahrscheinlich in einem sicheren Versteck. Ich erfuhr weiter, daß ein
Juwelier in der Rue Paix sich gezwungen sah, die Scheiben seines Schaufensters
zu ersetzen. Was er nicht ersetzen konnte, war das, was dahinter gelegen hatte
und jetzt nicht mehr dort lag. Alle diese Ereignisse wirbelten viel Staub auf.
    In seinem Büro angelangt, schickte Faroux einen
seiner Untergebenen ins Labor, um den fraglichen Revolver zu holen. Dann
schnappte er sich das Telefon und teilte einem unsichtbaren, aber
offensichtlich Respekt gebietenden Gesprächspartner seine Absicht mit, noch am
selben Abend eine Aktion gegen das Antinéa zu starten. Was der Mann am
anderen Ende der Leitung sagte, ließ meinen Freund nach Luft schnappen.
    „Also, das ist doch...!“ schimpfte er, nachdem
er aufgelegt hatte.
    Sogleich wählte er eine andere Nummer.
    „Bringen Sie mir den Obduktionsbericht von der
Leiche des Arabers... Ja, der in Sceaux gefunden wurde... Genau!“
    Er schob seinen Hut in den Nacken und kratzte
sich am Kopf.
    „Was ist denn los?“ erkundigte ich mich.
    „Ein komisches Ding, Burma! Der Araber ist von
der Lastwagenladung nur begraben worden. Tot war er schon vorher.“
    „Hat man ihn auch erschossen? Hören Sie,
Florimond, vielleicht haben die beiden sich gegenseitig umgebracht, der Arzt
und der Araber. Wäre doch gut möglich bei Ihrer Manie, alles miteinander zu
vermischen...“
    „Reden Sie keinen Quatsch! Man hat den Araber
nicht erschossen. Und er hat den Doktor nicht erschossen, sondern hätte eher
einen gebraucht... In letzter Zeit kommen soviele Illegale über die Grenze! Sie
fürchten, abgeschoben zu werden, wenn...“
    Die Tür wurde geöffnet. Faroux nahm einen Stoß
Blätter in Empfang. Als er den letzten Absatz las, stieß er wilde Flüche aus.
Er wies mit dem Finger auf eine unterstrichene Passage. Ich las.
    „Das ist doch...“ rief ich nun meinerseits.
„Wenn Sie den Kerl angefaßt haben, können Sie sich schon mal im Hospital
anmelden!“
    Ali Ben Cheffour, der arabische Clochard, war an
Typhus gestorben!
     
    * * *
     
    „Das ist doch wirklich...“ wiederholte ich, nahm
mir aber gleichzeitig vor, nicht länger auf diesem originellen Satz
herumzureiten.
    Die Tür ging wieder auf, und herein kam ein
schmächtiges Kerlchen in einem Kittel. Er hielt einen Karton in der Hand, den
er dem Kommissar so feierlich überreichte, als wären es die Heiligen
Sakramente.
    „Die Fingerabdrücke stimmen mit denen des Opfers
überein“, sagte das Männchen. „Aber ihre Position auf dem Kolben schließen
jeden normalen Gebrauch der Waffe aus. Die Finger des Opfers wurden auf den
Kolben gedrückt, um vorzutäuschen, daß der Tote die Waffe als letzter benutzt
hat. Übrigens stimmt das mit dem überein, was mir der Inspektor gesagt hat. Die
Waffe selbst stimmt mit dem Modell überein, das Sie mir zum Vergleich gegeben haben.“
    Nach seinem Kurzreferat ging das Männchen wieder
hinaus, was mit dem übereinstimmte, was ich erwartet hatte. Faroux öffnete den
Karton und forderte mich auf:
    „Prüfen Sie nach, ob dies der Revolver ist, den
Sie in Péricats Schublade gesehen haben.“
    Ich prüfte.
    „Was soll das denn sein?“ lachte ich. „Eine
Kanone? Ein neues Damenmodell, frisch aus der Fabrik in Saint-Étienne?“
    „Ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt, Burma!“
erinnerte mich der Kommissar. „Flaben Sie das Ding beim Doktor gesehen, ja oder
nein?“
    „Nein.“
    Diesmal war es keine Lüge. Allerdings auch nicht
die Wahrheit. Es war nicht der Revolver von Dr. Péricat. Hatte er überhaupt
einen besessen?
    Es war der Revolver von Gérard Flauvigny.

17

Arabisches
Durcheinander
     
     
    Gegen 14 Uhr lag ich zwischen meinen Laken. Die
Wohnungstür war fest verschlossen und die Vorhänge ebenso fest zugezogen.
Draußen lärmte der Straßenverkehr. Ich wünschte mir sehnlichst, alles bis
morgen vergessen zu können. Aber wahrscheinlich war ich viel zu erschöpft und
nervös, um Schlaf zu

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